„Die Wahl durch den Stadtrat soll am 15. Dezember 2023 erfolgen. Bündnis 90/Die Grünen haben ein Vorschlagsrecht, das durch eine breite Ratsmehrheit abgesichert ist“, schreibt die Partei in dem Text, der auf ihrer Internetseite zu lesen ist und über die sozialen Netzwerke geteilt wird. Während die Grünen ihre Vorgehensweise verteidigen, bewertet diese auch der Koblenzer Oberbürgermeister David Langner (SPD) kritisch.
Gesucht wird von den Grünen – grob zusammengefasst – jemand, der eine hohe Fachkompetenz in den Bereichen Klima und Umwelt, Bauen und Mobilität hat sowie ein entsprechendes Hochschulstudium. Jemand, der Führungserfahrung am besten in der Verwaltung aufweist und vieles weitere mehr: unter anderem „Identifikation mit Ideen und Zielen grüner Ziele, insbesondere bei der Umsetzung klimapolitischer Belange“.
„Gleichmäßige Stellenverteilung zwischen Geschlechtern“
Und: „Als Bündnis 90/Die Grünen streben wir eine gleichmäßige Stellenverteilung zwischen den Geschlechtern an. Bewerbungen von Finta sind deshalb besonders erwünscht.“ Finta ist eine Sammelbezeichnung für Frauen, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans- und agende Personen, also auch für Menschen, die sich nicht als zugehörig zu einer Geschlechtsidentität erleben oder zu einer anderen, als sie es von Geburt her sind. „Zudem möchten wir insbesondere Menschen mit Migrationsgeschichte und Menschen mit Behinderung einladen, sich zu bewerben“, schreiben die Grünen weiter.
Bekanntlich wird die Stelle von Baudezernent Bert Flöck (CDU) im Sommer 2024 turnusgemäß frei, er selbst kann aus Altersgründen nicht erneut kandidieren. In einer gemeinsamen Pressekonferenz hatten Grüne, CDU und SPD Ende April mitgeteilt, dass sie sich bei der Besetzung der anstehenden Neubesetzungen der Dezernate gegenseitig unterstützen werden.
Konkret heißt das: Alle drei Fraktionen, die gemeinsam mit 39 von 56 Ratsmitgliedern eine deutliche Mehrheit haben, sagen zu, dass sie auch die Neuwahl von Bürgermeisterin Ulrike Mohrs (CDU) im Jahr 2026 mittragen. Die SPD bekommt das Vorschlagsrecht für die im Juli anstehende Wahl des Kulturdezernenten und hat dafür Ingo Schneider ins Rennen geschickt, bei der Rhein-Zeitung langjähriger Leiter des Redaktionsverbunds Rhein-Mosel. Und die Grünen, die mit 14 Sitzen die stärkste Fraktion im Koblenzer Stadtrat stellen, haben das Vorschlagsrecht für die Leitung im Baudezernat.
Wie die Partei nun aber nach vorn geht, mit einer Art „Ausschreibung“, die sehr einer offiziellen ähnelt, diese Vorgehensweise hält der Koblenzer OB Langner für „unglücklich“, berichtet Stadt-Pressesprecher Thomas Knaak. In der Antwort auf eine Anfrage der RZ heißt es weiter: „Vonseiten einzelner Ratsmitglieder sind wir aufgefordert worden, eine rechtliche Prüfung der Angelegenheit vorzunehmen. Die läuft nun.“ Wann ein Ergebnis zu erwarten sei, könne man nicht voraussagen. Adressat von Bewerbungsschreiben sei jedenfalls das Amt für Personal und Organisation in der Stadtverwaltung.
Geht es um die Besetzung der Stadtspitze, dann haben beim Oberbürgermeister die Koblenzerinnen und Koblenzer selbst das letzte Wort. Die drei weiteren Mitglieder des Stadtvorstands aber - Bürgermeister, Kultur- und Baudezernent - werden vom Stadtrat gewählt.Bewegung im Koblenzer Rathaus: Breites Bündnis für die nächsten Dezernentenwahlen
Stadt schreibt Stelle des Baudezernenten auch offiziell aus
Wann die offizielle Ausschreibung für die Stelle geplant ist, ist derzeit noch offen: „Für die Ausschreibung bedarf es zuvor eines Ratsbeschlusses“, teilt Knaak weiter mit. „Auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung steht die Ausschreibung jedenfalls nicht.“ Das nächste Mal kommt der Stadtrat nächsten Donnerstag zusammen. Damit könnte die Ausschreibung frühestens am 22. Juni besprochen werden.
Üblicherweise wird die Ausschreibung auch nicht von einer Fraktion oder Partei formuliert, heißt es aus dem Rathaus: „Der Ausschreibungstext wird von der Verwaltung als Vorschlag formuliert und durchläuft dann den städtischen Gremienweg bis der Stadtrat final darüber entscheidet.“ Deutliche Kritik bekommen die Grünen für ihre Vorgehensweise auch im Internet ab. Ein Nutzer schreibt: „Ich war bisher immer der Meinung, die Stadt Koblenz schreibt die Stelle aus und nicht die Grünen. Aber es geht wohl ohnehin nicht um die richtige Qualifikation, sondern nur um das richtige Parteibuch. Schade für Koblenz.“
Ein anderer meint: „Absprachen und Klüngel als ,Vorschlagsrecht mit breiter Ratsmehrheit‘ zu umschreiben, ist schon dreist.“ Ein weiterer Nutzer schreibt: „Das hat nichts mehr mit einem fairen Stellenbesetzungsverfahren zu tun.“
Wieder ein anderer teilt mit: „Ich hoffe, dass durch diese ,öffentliche Klüngel-Bekanntmachung‘ der Grünen die CDU Koblenz noch mal die Kurve bekommt und dieses Schmierentheater nicht mitträgt. Eine Frechheit gegenüber allen Koblenzer Wählern ist das!“
Die Grünen – die Koblenzer Co-Parteivorsitzende Kim Theisen und Vize-Fraktionschef im Stadtrat, Ulrich Kleemann – teilen zu ihrer Kandidatensuche in einer Antwort auf eine RZ-Anfrage mit: „Das Baudezernat ist eine der wichtigsten Führungspositionen in der Stadtverwaltung. Wie vorher bekannt gegeben, haben wir eine Vereinbarung zur Verteilung der Dezernate getroffen, um der Verantwortung der Wahlergebnisse der Kommunalwahl gerecht zu werden und unsere Stadt bestmöglich zu gestalten. Die möglichen Kandidat*innen werden dadurch durch eine breite Mehrheit unterstützt.“
Und weiter: „Wir Grüne möchten ein*e Kandidat*in für die Personalie des Baudezernats vorschlagen. Dafür möchten wir frühzeitig und transparent nach der geeignetsten Person suchen.“ Es handle sich also um einen Suchaufruf für eine Person, die „wir für diese Personalie vorschlagen möchten. Dieser Suchaufruf ersetzt keinesfalls das spätere offizielle Auswahlverfahren.“
Koblenz. Die Amtszeit von Margit Theis-Scholz neigt sich dem Ende zu. Aus Altersgründen tritt die Bildungs- und Kulturdezernentin von Koblenz nicht zur Wiederwahl im Juli an, Ende des Jahres ist Schluss.Nachfolge im Koblenzer Kulturdezernat: Wer folgt auf Margit Theis-Scholz?
Grüne: Diese Form der Suche ist ein übliches Verfahren
Diese Form der Suche nach „Kandidat*innen ist über Koblenz hinaus ein übliches Verfahren und wird bei den Grünen transparent ausgeschrieben. Die Kriterien, die wir für diese Personalie als elementar erachten, haben wir auf unserer Internetseite veröffentlicht.“ Darüber hinaus seien keine Kriterien wie die Parteizugehörigkeit der Grünen notwendig. Da es sich um ein auch grünintern offenes Verfahren handle, könne zu den Erfolgsaussichten einzelner Personen keine Aussage gemacht werden.