Die Union hat am 24. Februar eine „Kleine Anfrage“ an die Bundesregierung gestellt. In diesem Dokument wird mit 551 Fragen die politische Neutralität von geförderten Organisationen geprüft. Dabei erkundigen sich die Fragesteller über Finanzierung, Unabhängigkeit und mögliche parteipolitische Aktivitäten zahlreicher gemeinnütziger Organisationen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Viele NGOs sehen diese Anfrage der Regierung als Einschüchterung. Sie befürchten eine Gefährdung von Demokratie und Pressefreiheit.
Was war Ihr erster Gedanke, als Sie die „Kleine Anfrage“ der Union gelesen haben?
Meine Empörung war sehr groß. In unserer Freizeit leisten wir in Koblenz viel für die Gemeinschaft, und zwar in aller Regel unentgeltlich. Somit war solch eine parteipolitische Aktion eine große Missachtung – ein Schlag ins Gesicht.
Wie viele Koblenzer Organisationen sind betroffen? Eigentlich die gesamte ehrenamtliche Zivilgesellschaft. In Koblenz sind alle großen Gruppen wie Greenpeace, NABU und natürlich auch wir aktiv. Neben diesen Verbänden gibt es Kooperationen mit rund 30 kleineren, eigenständigen Vereinen und Initiativen – diese sind somit auch betroffen.
Welche Folgen sehen Sie für die Organisationen vor Ort?
Wir, also der BUND Koblenz, unterhalten zahlreiche kleinere Projekte, daneben insgesamt acht Förderprojekte. Diese werden aus öffentlichen Geldern finanziell unterstützt. Würde die Anfrage der Union dazu führen, dass uns die Gemeinnützigkeit aberkannt wird, würde sich das direkt auf die Projekte auswirken. Diese müssten eingeschränkt oder eingestellt werden. Hinzu kommt die Sache mit dem Vertrauensverhältnis: Die Anschuldigungen belasten unser Verhältnis etwas zu Kooperationspartnern.
Könnten Sie konkrete Projekte nennen, die betroffen wären, wenn Finanzierungen wegbrechen?
Ein Beispiel sind die Radwege in Koblenz, diese baut die Stadt zusammen mit unserer Unterstützung aus. Wir haben als Ziel vereinbart, dass die wichtigsten Verbindungen in Koblenz bis 2027 durchgängig vernetzt sind. Würde diese vertrauensvolle Zusammenarbeit zerstört werden, könnte sich der Ausbau um Jahre verzögern. Ähnlich fatal wäre das auch bei unserem Bildungsprojekt „Mosellum“ im Ausstellungshaus an der Moselstaustufe.
Haben Sie bereits mit dem Koblenzer CDU-Bundestagsabgeordneten Josef Oster gesprochen? Nein. Er hat unseren offenen Brief erhalten, und ich erwarte eine Antwort. Diese hat er mittlerweile auch zugesagt. Er ist ja Abgeordneter für unsere Stadt Koblenz und hat unsere Interessen zu vertreten – unabhängig davon, welcher Partei er angehört. Man muss nicht immer einer Meinung sein, aber man muss miteinander reden können. Wir sind jederzeit für ein Gespräch bereit.
Welchen Ausgang erhoffen Sie sich? Wir erhoffen uns eine Antwort und eine Entschuldigung. Denn ich bin mir sicher, dass eine Prüfung nichts Unrechtmäßiges zutage fördern wird. Darüber hinaus möchten wir die Kommunikation verbessern und ins Gespräch kommen, damit solche Situationen in Zukunft besser gehandhabt werden. Denn wir alle müssen zusammenhalten – sonst fliegt uns die Gesellschaft um die Ohren.
Wie soll es weitergehen? Wir haben unseren Protest nun zum Ausdruck gebracht. Auch intern gibt es einiges zu klären: Manche Mitglieder fühlen sich eingeschüchtert und könnten sich zurückziehen – sie gilt es nun, aktiv zu stärken. Wir sind Teil einer engagierten Zivilgesellschaft. Wir alle fordern, das Gemeinnützigkeitsrecht zu ändern. Wir hoffen, dass die Parteipolitiker solche schädlichen Aktionen in Zukunft unterlassen.