Nachwuchs ist eben stark gefragt, und Talente wolle man fördern und wenn nötig auch mal „bis zum Mond pushen“, sagt Niepagen. Seit acht Jahren tanzt Ben im Möhnenclub, über seine Mutter Susanne kam er zum Verein, schon als Dreijähriger sah er die Funkenmariechen, mit ihren Kostümen, der Musik und dem Tanz auf der Bühne stehen – und wollte es sofort auch ausprobieren.
Was er daran cool findet? Die Akrobatik, Radschlagen, auch nur mit einer Hand, direkt in den Spagat, und die Musik. Es mache ihm Spaß, sagt Mutter Susanne, aber zudem habe er Talent, das sei enorm wichtig. Oft fehle es an Feinmotorik, da bräuchten andere länger für die Posen und Abläufe. Einmal in der Woche hat Ben festes Training, doch das reicht nicht, jeden Tag macht er Dehnungsübungen, rutscht in den Spagat, schlägt schon mal 100 Räder im Garten, erzählt Susanne. Den können wir nicht mehr gehen lassen, ist Niepagen überzeugt.
Sieger bei den Landesmeisterschaften
Dabei ist Ben nicht der einzige Junge im Verein – seine beiden besten Freunde hat er zum Showtanz gebracht –, aber Ben sei als erster Turniermajor beim Gardetanz eine Premiere. Showtanz habe oft ein Motto, wie Dschungel, erklärt Mutter Susanne, mit darauf abgestimmten Kostümen und Musik. Gardetanz rühre aus dem Militär, sagt Niepagen, sei disziplinierter und in seinen Abfolgen und Schritten strenger. Als Tanzmajor brauche Ben eine stetige Körperspannung, dürfe auf der Bühne nie stillstehen – vor allem da er alleine auftritt. So auch bei den Rheinland-pfälzischen Meisterschaften, die am vergangenen Samstag in Mülheim-Kärlich stattgefunden haben.
Veranstalter waren die Rheinischen Karnevals Korporationen (RKK), ausgerichtet wurden die 32. Landesmeisterschaften von der Mülheimer Karnevals-Gesellschaft 1951. Ben trat mit einem Tanz, den er mit Trainerin Alina Koch einstudiert hatte, in der Kategorie „Solist Tanzmajor“ an und gewann. Zwar konkurrenzlos, sagt Mutter Susanne, doch die Punktzahl von 40.1 (Höchstzahl ist 50.0) spricht für sich. Sie sei von Vertretern der RKK angesprochen worden, dass sie Bens Talent unbedingt weiter fördern sollten.
Der Gewinn der Landesmeisterschaft ermöglicht Ben die Teilnahme an der nationalen Meisterschaft im Dezember. Da hoffen sie nun auf Konkurrenz. Allerdings wird die sowieso kommen sobald er mit zwölf Jahren in eine andere Altersklasse rutscht. „Da muss er dann auch lernen, mal mit Niederlagen umzugehen. Aber daran kann man auch wachsen“, sagt Niepagen.
Man wolle das junge Talent im Verein halten, versichert Niepagen, doch dafür müsse in den kommenden Jahren die Satzung geändert werden. Noch sei Ben über seine Mutter im Verein und so auch versichert, kein unwesentlicher Punkt, denn der Tanz beinhalte auch immer Verletzungspotenzial. Mehr als ein paar offene Knie habe Ben bisher aber nicht nach Hause gebracht, sagt Susanne.
Der Verein will sich nicht verschließen
Mit 16 Jahren können Jugendliche selbst in den Verein eintreten, bis dahin hätten die meisten jungen Männer, die es bisher versucht haben, das Interesse verloren. Für Ben wolle man bis dahin eine Zwischenlösung schaffen. „Es macht keinen Sinn, sich zu verschließen“, ist Niepagen sicher. Natürlich sei es Tradition, dass im Möhnenverein nur Frauen sind, aber die Zeiten würden sich eben ändern. „Damit legt Ben auch einen Grundstein für ein ganz neues Möhnendasein.“
Für Ben ist es relativ egal, ob er nur mit Mädchen im Verein ist. „Hauptsache, man kann Spaß zusammen haben.“ Blöde Kommentare für sein Hobby hat er auch noch nie gehört, Mitschüler nehmen es hin, wundern sich höchstens beim Bodenturnen im Sportunterricht, was der Elfjährige alles kann.
Ben wünscht sich mehr Jungs im Verein
Ben: „Es darf ja jeder machen, was er will und was ihm gefällt.“ Seine beiden besten Freunde haben ihn am Wochenende angefeuert. Dennoch würde Ben sich mehr andere Jungs im Verein wünschen, nicht wegen der Konkurrenz oder um nicht mehr der Hahn im Korb zu sein, sondern „einfach, um generell zu zeigen, wie es ist, zusammen zu tanzen und zu trainieren“.