Koblenz – Ein altes Thema kocht wieder hoch: Wie sinnvoll ist es, dass manche Koblenzer Stadtteile einen Ortsbeirat haben und andere nicht? Wie gerecht ist es, dass nur die einen Bewohner sich mit ihren Anliegen an einen Ortsvorsteher wenden können? Kritiker meinen: Das bestehende Modell ist überholt, eine Reform muss her. Wie diese aussehen könnte und ob man sie überhaupt (bezahlen) will, darüber herrscht aber alles andere als Einigkeit.
Losgetreten wurde die Debatte durch die Forderung des CDU-Ortsverbands Karthause, in ihrem Stadtteil auch einen Ortsbeirat einzurichten. Schnell wurde Widerspruch laut: Dann bekommt Metternich aber bitteschön auch einen! Oder: In jedem Stadtteil wird ein Ortsbeirat eingerichtet, alles andere wäre ungerecht. Oder: Warum wird das Gremium nicht ganz und überall abgeschafft?
Die Ungleichbehandlung hat schon fast historische Hintergründe: Den neun Stadtteilen, die 1969 und 1970 eingemeindet wurden, wurde vertraglich zugesichert, dass ihre Interessen durch einen Ortsbeirat und einen Ortsvorsteher gegenüber der Stadt vertreten werden. Die Stadtteile, die früher eingemeindet wurden oder immer zu Koblenz gehörten, blieben außen vor.Heute, mehr als 40 Jahre später, sind es vor allem die Kosten, die einer flächendeckenden Einführung von Ortsbeiräten
in allen Stadtteilen entgegenstehen. Auf Anfrage der FDP hatte die Stadtverwaltung im September mitgeteilt, wie hoch die Kosten sind, die für die bestehenden Beiräte in acht Ortsbezirken jährlich anfallen: rund 286 000 Euro für Ortsvorsteher, Mitarbeiter, Bürobedarf und so weiter – ein Betrag, der angeblich laut Verwaltung in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen wird. Gut unterrichteten Quellen zufolge würde eine Ausdehnung auf alle Stadtteile mit Einrichtung von 15 neuen Ortsbezirken jährlich zusätzliche 680 000 Euro kosten.
Die FDP vertritt deswegen eine klare Position: Sie fordert die Abschaffung der Ortsbeiräte. Der Stadtrat könnte eine solche Entscheidung treffen, sagt Bernd Enkirch, Leiter des Ratsbüros. Dafür müsste aber nachgewiesen werden, dass der Zweck der Ortsbeiräte – die Eingliederung der Stadtteile in die Stadt – erfüllt ist. Er geht davon aus, dass dies angefochten werden könnte. „Eine Abschaffung wäre mehr als schwierig.“
Was aber spricht angesichts leerer Kassen für die Ortsbeiräte? Für die meisten Fraktionen bedeuten sie eine Form der Bürgerbeteiligung, die eher ausgeweitet als eingeschränkt werden sollte, auch wenn dies finanziell problematisch sei. Die BIZ gibt zu bedenken, dass man den Kosten auch den Nutzen entgegenstellen müsste: „Die Ortsbeiräte leisten sehr viel und entlasten die Verwaltung – das muss auch eingerechnet werden“, sagt Fraktionschef Stephan Wefelscheid.
Die Stadt plant aktuell nicht, die Ortsbeiräte zu reformieren. Die Zusammenarbeit mit den bestehenden Ortsbeiräten und Ortsvorstehenden sei gut, teilte Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig auf Anfrage mit. Und: „Eine Ausweitung auf weitere Stadtteile kann ich mir unter finanziellen, eine Abschaffung unter politischen Gesichtspunkten nicht vorstellen.“
Von unserer Redakteurin Stephanie Mersmann