Das Clean River Project setzt sich seit Jahren für saubere Flüsse ein - Aus Plastikmüll entstand nun ein Gemeinschaftskunstwerk
Clean River Project kreiert Müllfische: „Durch Kunst wollen wir die Menschen wach rütteln“
An der Untermosel war im vergangenen Jahr eine große Gruppe in Kanus auf dem Fluss unterwegs, um ihn von Müll aller Art zu befreien. Fotos: Stephan Hoch
Stephan Horch

Dass er für eine gute Sache kämpft, war Stephan Horch von Anfang an klar. Doch zunächst blieb der Winninger so etwas wie ein Einzelkämpfer, nachdem ihm bei einer Kajaktour im Jahr 2012 bewusst wurde, welch große Gefahr von Plastikmüll für die Biodiversität in Gewässern und damit letztlich auch für den Menschen ausgeht.

Er habe zwar vielen von seinen Erfahrungen erzählt, und viele hätten auch seine Sorgen geteilt, aber zu einem nachhaltigen Umdenken, geschweige denn zu einem aktiven Handeln habe er anfangs kaum jemanden überzeugen können. „Dies änderte sich erst“, sagt Horch heute, „als ich erkannt hatte, welch große Wirkung die Kunst und die Visualisierung bei solch einem ernsten Thema haben können.“ Der RZ stand der Winninger kürzlich Rede und Antwort, um auf die Clean-up-Tour 2023 zurückzublicken.

Herr Horch, Sie sind Mitbegründer und Erster Vorsitzender des Vereins Clean River Project. Welche Mission verfolgen Sie mit dem gemeinnützigen Verein?

Wie der Name schon verrät, kämpfen wir darum, auf die Umweltverschmutzung in Flüssen aufmerksam zu machen. Dies tun wir nicht einfach mit warmen Worten, sondern indem wir anpacken. Uns geht es im buchstäblichen Sinne darum, die Gewässer sauberer zu machen und von möglichst vielen Dingen zu befreien, die da eigentlich nicht hineingehören und für Flora und Fauna Fremdkörper darstellen, von denen zum Teil eine erhebliche Gefahr ausgeht. Bei diesen Clean-up-Events ist der Zuspruch meist erfreulich hoch, doch unsere Tür steht selbstverständlich allen weiteren Interessierten offen. Wer sich für eine saubere Umwelt engagieren möchte, ist bei uns genau richtig.

Stephan Horch
Stephan Horch Photography. Kerstin AX

Sie sprechen davon, dass es Ihnen ein Anliegen ist, Aufmerksamkeit für das Problem der Umweltverschmutzung in Gewässern zu schaffen. Warum ist dies für Sie so wichtig?

Wenn wir mit einer Gruppe tatkräftiger Frauen und Männer mit Kanus aufs Wasser gehen, um Plastikmüll einzusammeln, dann ist das ein enorm wichtiger Beitrag gegen Umweltverschmutzung. Aber es ist eben auch „nur“ die Bekämpfung des Symptoms. Zusätzlich möchten wir über diese Aktionen hinaus für das Problem der Vermüllung der Natur sensibilisieren. In unserer Gesellschaft muss ein Umdenken stattfinden, beispielsweise hinsichtlich unseres Konsumverhaltens, aber auch schlicht in Bezug auf Mülltrennung, Müllentsorgung und Recyclingmöglichkeiten.

Und wie wollen Sie Aufmerksamkeit generieren?

Als hauptberuflicher Fotodesigner bin ich der Auffassung, dass großes Potenzial in der Kunst steckt. Soll heißen: Wir wollen die Menschen durch Kunst wach rütteln.

Bei der Clean-up-Tour im vergangenen Jahr waren alle Beteiligten dazu aufgerufen, aus dem von ihnen gesammelten Plastikmüll Wasserlebewesen zu kreieren. Und 44 dieser „Müllfische“ haben sich dann in einer Collage zu einem Gesamtkunstwerk zusammengeschlossen, das einen Hai darstellt.

Der Hai als Symbol mit wichtiger Aussage: Nicht er, sondern der Müll in unseren Flüssen ist die große Gefahr für Natur und Tierwelt.
Stephan Horch

Warum gerade ein Hai? Den wird man ja nicht gerade am Moselufer in Winningen erwarten.

Der Hai ist natürlich ein Symbol – allerdings ein Symbol mit einer wichtigen Aussage: Nicht der Hai, sondern der Müll in unseren Flüssen – von Elektroschrott über Nikotinbelastung durch Zigaretten bis hin zu Plastikmüll – ist die große Gefahr für Natur und Tierwelt.

Zurück zur Clean-up-Tour. Wie muss sich ein Außenstehender eine solche Aktion vorstellen?

Zunächst einmal machen wir für solche Events sehr viel Werbung in den sozialen Medien. Dies ist unser wesentlicher Kommunikationskanal. Auf unsere Aufrufe melden sich dann in der Regel sehr viele Freiwillige, die sich der guten Sache wegen engagieren möchten. Bei der Clean-up-Tour 2023 waren insgesamt mehr als 300 Aktive im Einsatz. Bei einer einzelnen Aktion sind es meist 30 bis 40 Personen, die sich mit Kanus aufs Wasser begeben und auf rund sechs Flusskilometern allen Müll, den sie finden können, aufsammeln.

Das heißt, dass der Müll ausschließlich vom Wasser aus gesammelt wird?

In der Regel schon. Von hier aus kann man schlicht und einfach viel mehr Müll erreichen, als es etwa vom Ufer aus möglich wäre.

Beschränken sich die Sammelaktionen auf Mosel und Rhein?

Definitiv nein. Wir sind in ganz Deutschland aktiv und verfügen über ein bundesweites Netzwerk. Unser Verein ist in Winningen beheimatet. Wir haben aber auch ein festes Büro in Mendig und dazu einen kleinen Mitarbeiterstab in Berlin. Von hier aus können organisatorische und logistische Abläufe viel besser koordiniert werden.

Eine Frage zum Abschluss: Wie wird sich das Problem der Umweltverschmutzung, gegen das Sie und Ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter emsig ankämpfen, in der Zukunft entwickeln?

Ich engagiere mich auf dem Gebiet nun seit etwas mehr als zehn Jahren und stelle fest, dass wesentlich mehr Menschen, insbesondere jüngere, den Ernst der Lage erkannt haben und nicht wegschauen, sondern aktiv anpacken. Auf der anderen Seite kann ich nicht erkennen, dass sich der Plastikmüll in den Flüssen über die vergangenen Jahre reduziert hat. Eher im Gegenteil: Er hat zugenommen. Studien prognostizieren sogar, dass sich der weltweite Verbrauch von Plastikartikeln in absehbarer Zeit verdreifachen könnte. Ich würde mir wünschen, dass es erst gar nicht so weit kommt. Wir vom Clean River Project wollen dazu unseren Teil beitragen. Nicht nur mit den Clean-up-Aktionen, sondern auch, indem wir beispielsweise in Schulen Aufklärung betreiben. Nur so kann das Problem wirklich an der Wurzel gepackt werden.

Die Fragen stellte Johannes Kirsch

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