Cindy Häßlein übernahm im April das Ruder der Einkaufsgalerie, die seit Jahren mit Leerständen zu kämpfen hat. Ende Juli verlor das Forum den Ankermieter Decathlon, der erst vor fünf Jahren eröffnet hatte. Und aktuell verkündet Yeans-Halle die Geschäftsaufgabe.
Warum die 28-Jährige dennoch und vielleicht gerade wegen der Herausforderungen ihre Arbeit liebt, warum sie unbedingt nach Koblenz wollte – und was sie im Forum anpacken will, haben wir im Gespräch mit der gebürtigen Aichacherin (Bayern) erfahren.
Vor gerade einmal fünf Jahren hat er Eröffnung gefeiert, nun schließt der Decathlon im Koblenzer Forum seine Pforten wieder. Man passe das "Filialportfolio im Raum Koblenz an", heißt es vom Unternehmen - was wohl auch mit der Filiale im Gewerbepark in Mülheim-Kärlich zu tun hat.Sportartikelexperte Decathlon: Filiale in Koblenz schließt schon nach wenigen Jahren wieder
Es ist gefühlt der Worst Case: Man fängt irgendwo neu an, und dann geht der Ankermieter flöten. Was dachten Sie?
Es war nicht so, dass Decathlon von heute auf morgen gegangen ist. So etwas hat immer eine Vorlaufzeit. Wir haben ein großes Vermietungsteam, das im Hintergrund arbeitet. Die kümmern sich bereits frühzeitig um Gespräche und Anschlussvermietungen. Ich darf Ihnen heute auch schon verraten, dass wir an dieser Stelle voraussichtlich ein neues Modekonzept bekommen, das sogar deutlich größer sein wird als es Decathlon war. Das wird in Kürze spruchreif.
Koblenz. An den Anblick geschlossener Läden haben sich die Koblenzer durch die Lockdowns schon fast gewöhnt. Doch mit Ende der Corona-Einschnitte öffneten viele Einzelhändler wieder und freuten sich über Kunden, die froh waren, shoppen oder bummeln zu gehen.Verwaiste Geschäfte: 11 von 80 Läden im Koblenzer Forum stehen leer
Wie kommt es, dass es im Forum so viele Leerstände gibt? Im Ober- und Untergeschoss hat man streckenweise das Gefühl, in einer Straßenunterführung unterwegs zu sein.
Die Leerstände sind auch eine Folge von Corona. Die meisten Mietverträge sind auf zehn Jahre ausgelegt. Das war auch der Grund, dass zu unserem zehnjährigen Bestehen (September 2022) viele Verträge gleichzeitig in der Corona-Zeit ausliefen. Da überlegten viele, wie es für sie weitergeht. Mittlerweile ist das Interesse der Händler wieder angestiegen, und wir konnten in diesem Jahr bereits sechs Eröffnungen feiern – bei zwei Schließungen (Sidestep und Decathlon). Durch den Mieterwechsel gibt es bei uns Bewegung, was den Besuchern auch Abwechslung bietet.
Sind zehnjährige Mietverträge nicht etwas überholt?
Grundsätzlich bieten langfristige Mietverträge Sicherheit für beide Parteien, was beispielsweise eine schöne Möglichkeit für lokale Händler ist. Wir können auf freien Flächen testweise Kurzzeitmieten vereinbaren, die maximal ein Jahr laufen. Das ist für Firmen interessant, die mal den stationären Handel ausprobieren oder sich erweitern wollen. Dieses Schnuppern ist super, um sich gegenseitig kennenzulernen und eventuell dann in eine langfristige Partnerschaft einzusteigen. Beispielsweise können auch lokale Händler, die schon in der Fußgängerzone präsent sind, testen, wie sie in einer Zweigstelle im Center angenommen werden.
Koblenz. Die Stimmung im Forum Mittelrhein ist angespannt – die Leerstände sprechen für sich. Ladenchefs erzählen, dass sie unzufrieden sind. Auch Kunden sind enttäuscht.Forum: Etliche Ladenchefs im Einkaufscenter sind unzufrieden
Das Forum hat aktuell 78 Shops, 10 Prozent der Fläche stehen leer. Wie bewerten Sie denn die Lage?
Bereits seit vergangenem Jahr und auch in diesem Jahr hat sich deutlich etwas verändert, und es geht wieder bergauf. Leerstand bedeutet nicht gleich Leerstand. Es passiert viel im Hintergrund, und grad in der letzten Zeit tut sich viel. In den vergangenen drei Monaten haben wir die Bundeswehr mit ihrem Karrierezentrum als neuen Mieter bekommen, Rituals hat sich mehr als fünffach vergrößert. OFT ist neu. Zusätzlich hat vor Kurzem O‘Donnell eröffnet, die Schnaps in Honiggläsern anbieten. Und wir haben zwei weitere Mietverträge unterschrieben. Fill Full geht in den ehemaligen Shop von Happy Donazz. Im Erdgeschoss eröffnet Smartrepair.
Wie blicken Sie denn in Zeiten des Onlineshoppings auf die Zukunft des lokalen Handels und der Einkaufsgalerien in Koblenz?
Ich sehe die Zukunft des lokalen Handels nicht gefährdet. Denn Handel ist Wandel, und diesen wird es immer geben. Der Wandel hat sich nach Corona nur deutlich beschleunigt. Menschen kaufen vor Ort nicht nur ein, weil sie etwas brauchen, sondern auch, weil sie etwas erleben wollen, Freunde treffen, Dinge anfassen, sich inspirieren lassen möchten.
Inwieweit wirkt sich das aufs Forum aus?
Wir wollen unseren Kunden Abwechslung bieten und schauen auf innovative Konzepte und Trends für neue Mieter. Wir haben viele Aktionen, Veranstaltungen und Angebote für Forumsbesucher, die über das Einkaufen in den Läden hinausgehen. Das macht mir total Spaß, so etwas zu planen. Das ist zwar nicht neu, aber ich werde meinen Fokus aufs Marketing legen und mit verschiedenen Events und Aktionen den Besuchern ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Ich lege zudem mit meinem tollen Team den Fokus darauf, die Vermietungen voranzutreiben.
Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die wir durch die Corona-Pandemie erdulden mussten, haben insbesondere den stationären Einzelhandel schwer getroffen. Viele haben sich von dieser Schockstarre bis heute nicht vollständig erholt.Gastbeitrag von IHK-Chefin Szczesny-Oßing: Zurück zu belebten Innenstädten
Welche Rolle spielen soziale Medien fürs Forum?
Diese sind für Shops und uns eine verlängerte Ladentheke. Wir nutzen Instagram, Facebook aber auch unsere Internetseite, um über Veranstaltungen zu informieren, teilen Rabattaktionen, die die Shops anbieten und posten, und wir erklären, was sich im Forum tut. Wir nutzen Online um zu zeigen: Das haben wir offline für euch, kommt her, probiert euch aus. Das machen auch die Shops so. Beispielsweise als OFT auf seinem Tiktok-Kanal gepostet hat, dass es im Forum einen Shop eröffnet, haben 150.000 Menschen das Video angeschaut.
Kommen wir mal zu Ihnen: Im Vorgespräch schwärmten Sie vom Beruf der Centermanagerin und auch von Koblenz. Warum hat es Ihnen neben dem Forum auch die Stadt so angetan?
Vom Hörensagen wusste ich, dass Koblenz toll ist, kannte die Stadt aber selbst nicht. Seit Anfang vergangenen Jahres bin ich bei der ECE (zu der beide Koblenzer Einkaufsgalerien gehören, Anm. d. Red.). Ich habe 2022 auch zwei Monate das Management im Löhr-Center unterstützt. Damals habe ich mich in Koblenz verliebt.
Cindy Häßlein ist die neue Centermanagerin vom Forum Mittelrhein in Koblenz. Sie beschreibt sich selbst als neugierig, aufgeschlossen und zielstrebig.Bunt, quirlig, reiselustig: So ist die Centermanagerin vom Forum privat
Was mögen Sie besonders?
Ich mag die Menschen. Sie sind sehr offen, freundlich, man kann gute und tief gehende Gespräche führen, kommt schnell in Kontakt. Ich mag auch das viele Wasser, man hat durch die zwei Flüsse das Gefühl, dass es überall Wasser gibt. Ich liebe die Weinberge, die Altstadt …
Sie sind so etwas wie eine moderne Nomadin, waren mit ihren 28 Jahren beruflich schon an 14 Standorten, haben privat als Backpackerin auf eigene Faust zig Länder bereist. Da fragt man sich unweigerlich: Ist Koblenz auch nur eine vorübergehende Station?
Ich bin zwar viel rumgekommen, aber ich freue mich darauf, dass ich hier im Forum Mittelrhein fest eingesetzt bin und langfristig in Koblenz sein darf. Ich freue mich darauf, endlich Wurzeln schlagen zu können, beruflich und privat anzukommen.
Die Fragen stellte Katrin Steinert