Porträt Nach dem Job fängt der Wahlkampf an: So will Patrick Zwiernik es in den Bundestag schaffen
Bundestagswahl: Junger Grüner will nach Berlin

Patrick Zwiernik (29) wurde in Polen geboren, lebt in Koblenz – und will nach Berlin.

Sascha Ditscher

Koblenz. Am Anfang war Patrick Zwiernik auch nicht ganz sicher, wie er Haustürwahlkampf so findet. Von Tür zu Tür gehen und Werbung in eigener Sache machen, das ist halt nicht für jeden etwas. Mittlerweile aber ist dies längst Routine geworden für den 29-Jährigen, der für die Grünen in den Bundestag einziehen will. Es ist die letzte Woche im Wahlkampf, am Sonntag in einer Woche gilt's.

Heute ist also die Altstadt dran, Zwiernik will an diesem Abend möglichst viele Haushalte erreichen und seine Wahlinformationen verteilen. Dutzende Flyer stecken in einem Jutebeutel, auf dem ein lachendes Gesicht „Plastiktüten, nein danke!“ verkündet. In Turnschuhen und Kapuzenpulli steigt der junge Politiker die Treppen in einem großen Wohnhaus am Münzplatz nach oben und bleibt vor der ersten Tür stehen.

Eine junge Frau öffnet, Zwiernik sagt „Ich habe eine Wahlinformation für Sie“, die Anwohnerin bedankt sich, nimmt die Flyer entgegen und schließt die Tür. Eine Diskussion sieht anders aus, und dass just der Mann vor ihrer Haustür stand, der sie in Berlin vertreten möchte, wird der Frau auch nicht klar gewesen sein. Sich persönlich vorzustellen, kostet nur Zeit, hat Zwiernik vom Wahlkampfmanager der Grünen gelernt.

Es ist ein effizienter Wahlkampf, den er führt: Der Koblenzer ist voll berufstätig, an der Hochschule betreut er Flüchtlinge mit Studienwunsch – und für den Wahlkampf bleiben vor allem die Abende und die Wochenenden, wie bei vielen Politikern zurzeit. Wahlstände, Diskussionen, Veranstaltungen in den Koblenzer Stadtteilen und den Gemeinden im Kreis MYK und dem Rhein-Lahn-Kreis, die ebenfalls in seinem Wahlkreis liegen. Und eben Haustürwahlkampf.

An weit mehr als 1000 Türen hat er bereits geklingelt, heute bleiben viele verschlossen. „An dieser habe ich den Türspion-Test wohl nicht bestanden“, sagt Zwiernik mit einem leisen Lachen, nachdem sich hinter einer Tür offensichtlich jemand bewegte, aber wohl lieber nicht öffnete.

An einer anderen sagt ein Herr mit weißem Bart „Oh Gott, die Grünen, die habe ich noch nie gewählt!“ und lacht. Das solle Zwiernik mal nicht persönlich nehmen. An einer anderen steht ein blonder junger Mann und sagt: „Ah, die Grünen, hervorragend!“ Das tut dann auch mal gut auf so einer Wahlkampftour.

An einem anderen Tag steht Patrick Zwiernik am Rande des Kapuzinerplatzes in Ehrenbreitstein. Mit einer Art grünem Lieferfahrrad ist er hergeradelt, nun drapiert er Flyer und kämpft mit den grünen Sonnenschirmen, die der Wind wegzutragen droht. Seine Mitbewerber von CDU, SPD und FDP lächeln von Plakaten an jedem Laternenmasten und jedem Baum um ihn herum.

Noch ist auf dem Wochenmarkt, der heute in Ehrenbreitstein stattfindet, nicht viel los. Später wird Zwiernik auch hier den Menschen Flyer in die Hand drücken, diese nicken dann in der Regel freundlich, längere Gespräche entstehen kaum.

Besonders große Chancen hat der 29-Jährige nicht, in den Bundestag zu kommen, auf der Landesliste hat er einen der hinteren Plätze, und das Direktmandat in Koblenz wird wohl auch kaum an die Grünen gehen. Aber: „Selbstverständlich versuche ich alles, um es zu schaffen“, sagt er, und der Koblenzer ist so jung, dass er in den nächsten Jahren weiter antreten könnte.

Auch in den Koblenzer Stadtrat ist Zwiernik nicht im ersten Anlauf eingezogen, doch 2014 hat er es geschafft und ist seither Mitglied der Fraktion. Hier ist er unter anderem queerpolitischer Sprecher.

Die „Queerpolitik“, die Gleichstellung von Schwulen, Lesben, Transgendern und anderen ist ein Herzensthema von Zwiernik, der vor einigen Jahren auch mehrmals den CSD in Koblenz organisiert hat. Schon als 16-Jähriger war dies ein wichtiges Thema für ihn – und ein Anreiz, direkt bei den Grünen einzutreten, sobald er alt genug dafür war.

Damals machte er eine Lehre zum Bankkaufmann, heute studiert er neben seinem Beruf Wirtschaftswissenschaften – nicht gerade ein typischer Werdegang für einen Grünen. Aber Zwiernik ist überzeugt: „Das ist kein Widerspruch, da kann es ja auch um Hilfe gehen, um Beratung.“

Themenfelder wie Baupolitik und Infrastruktur sind wichtig für ihn, auch für Ziele wie ein bedingungsloses Grundeinkommen oder einen neuen ÖPNV will er sich im Bundestag einsetzen. Er findet: „Immer nur meckern reicht nicht. Man muss mitgestalten, damit es anders läuft.“

Von unserer Redakteurin Stephanie Mersmann

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