Vogelschutzpark Koblenz
Bürgerinitiative und Stadt uneins über Zukunft
Alfred Hilpisch ist Vorsitzender der Bürgerinitiative Am Vogelschutzpark.
Matthias Kolk

Alfred Hilpisch sorgt sich um die Artenvielfalt in dem Kleinod auf der Karthause. Von der Stadt wünschen er und die Bürgerinitiative Am Vogelschutzpark sich entschlossenes Handeln. Uneins ist man sich (noch) darin, wie das konkret aussehen könnte.

Der Vogelschutzpark auf der Karthause wird seinem Namen nicht (mehr) gerecht. Viele Vogelarten lassen sich gar nicht mehr blicken, und von einem gepflegten Park ist die verwucherte Fläche weit entfernt, kritisiert zumindest die Bürgerinitiative Am Vogelschutzpark um ihren Vorsitzenden Alfred Hilpisch. Sie wünscht sich, dass die 18.000 Quadratmeter große Fläche aufgewertet und wieder zu einem Ort wird, der die Artenvielfalt schützt. Das Konzept der Stadt hat ähnliche Ziele – sieht aber anders aus.

Links vom Weg ist der Vogelschutzpark mittlerweile stark zugewachsen, rechts halten Wiesenflächen noch den Park-Charakter aufrecht.
Matthias Kolk

„Früher war es hier viel lichter“, sagt Alfred Hilpisch bei einem Treffen im Vogelschutzpark. Seit 1973 wohnt er direkt nebenan. „Damals sind wir noch mit Schlitten hier durch gefahren.“ Heute kann man sich das gar nicht mehr vorstellen. Der Park ist zumindest im Kernbereich stark verwuchert. Brombeersträucher, Büsche und junge Bäume wachsen dicht an dicht. Hilpisch findet: „Der Vogelschutzpark ist in keinem guten Zustand.“ Spaziergänger sehe man nur noch selten, und mittlerweile blieben auch die Vögel fern. „So einen massiven Rückgang der Arten wie in den letzten Jahren, habe ich noch nicht erlebt.“

Ist die Verbuschung ein Problem?

Stephan Wefelscheid, Ratsmitglied der Freien Wähler, sieht darin ein Problem. Auch er wohnt auf der Karthause, auch ihn beschäftigt der Vogelschutzpark. „Von einem Park kann hier keine Rede sein, das ist mittlerweile eher ein Wald“, sagt er. Aus seiner Sicht könnte es einen Zusammenhang zwischen dem Zuwuchern und dem Rückgang der Vögel geben. Zumindest habe er kürzlich in einem Fachvortrag gehört, dass Verbuschung die Artenvielfalt, gerade von Kleinlebewesen, gefährden kann. Vogelliebhaber Alfred Hilpisch fordert: „Wir wollen wieder mehr Freiflächen im Vogelschutzpark.“

Stephan Wefelscheid, Ratsmitglied der Freien Wähler in Koblenz und Landtagsabgeordneter, sagt: „Von einem Park kann hier keine Rede sein."
Matthias Kolk

Der Biologe, der den Fachvortrag hielt, ist Jörg Hilgers von der Stiftung für Natur und Umwelt im Landkreis Mayen-Koblenz. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagt er: Tatsächlich könne Verbuschung zum Problem werden, wenn dadurch monotone Biotope entstehen. Viele heimische Vogelarten bräuchten auch Freiflächen, wo sie Nahrung finden. „Je vielfältiger ein Biotopmosaik gestaltet ist, desto mehr Artenvielfalt gibt es“, sagt Hilgers. Allerdings sei bei vielen heimischen Vogelarten der Bestand generell rückläufig.

Die ökologische Aufwertung des Vogelschutzparks hat sich die Stadt Koblenz nach eigener Aussage auf die Agenda geschrieben, nur sieht der Ansatz anders aus. Das Zuwuchern sei nämlich kein Zeichen von Vernachlässigung, sondern im Gegenteil: Dies sei Teil der „gezielten ökologischen Entwicklung hin zu einem naturnahen Lebensraum für Tiere und Pflanzen“, erklärt Stadtsprecher Thomas Knaak auf Anfrage unserer Zeitung.

Alfred Hilpisch zeigt ein Luftbild des Vogelschutzparks aus dem Jahr 1989. Damals sei die Fläche noch nicht so verbuscht gewesen, sagt Hilpisch.
Matthias Kolk

Dazu gehöre auch, dass man nach den jüngsten größeren Eingriffen viele Baumstämme hat liegen lassen. Alfred Hilpisch stören die vielen vermodernden Stämme am Wegrand. Es seien zu viele auf zu kleiner Fläche, findet er. Die Stadt entgegnet: Das Totholz bildet irgendwann Humus und speichert Wasser. Zudem bietet es Insekten Lebensraum, die wiederum eine Nahrungsquelle für Vögel sind. „Diese Praxis der ökologischen Aufwertung wird auch von Naturschutzorganisationen empfohlen.“

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es für die Bäume keine geeignete Entsorgungsmöglichkeit gab, weil es sich überwiegend um pilzbefallene Bergahorne handelt. Hilpisch versteht dadurch noch weniger, warum sie liegen bleiben. Er vermutet Gefährdungen für Spaziergänger. Laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald können die Pilzsporen allergische Reaktionen auslösen.

Im Vogelschutzpark liegen an vielen Stellen abgeschnittene Äste und Stämme auf kleineren und größeren Haufen.
Matthias Kolk

Doch zurück zum Vogelschutzpark als Ganzes. Kritik, die Fläche vernachlässigt zu haben, weist die Stadt von sich. Ja, der Baumbestand habe sich über die Jahrzehnte entwickelt und das Erscheinungsbild verändert. Aber „kontinuierlich“ sei der Park gepflegt worden. „Bei Bedarf greifen wir regulierend ein – etwa durch Auslichtungen, um zukunftsfähige Arten zu fördern, oder durch das Entfernen kranker oder abgestorbener Bäume“, heißt es. So geschehen ist das zuletzt Ende 2023.

Hilpisch geht das nicht weit genug. Schon vor Jahren habe man zusammen mit der Bürgerinitiative über Umgestaltungen diskutiert, passiert sei wenig. Die Stadt versichert derweil, dass es einen Maßnahmenplan gibt, um den Vogelschutzpark auch als Erholungsraum aufzuwerten. Die Pflegearbeiten sollen demnach schrittweise auch auf den Kernbereich ausgedehnt werden. „Im Fokus steht ein gesunder, vielfältiger und zukunftsfähiger Baumbestand.“

Für Maßnahmen fehlt das Geld

Die Stadt will perspektivisch auch Wege sanieren und Bänke aufstellen. „Ziel ist es, eine grüne Oase zu schaffen, die zur Erholung einlädt, das Stadtklima verbessert und zur Biodiversität beiträgt.“ Es gibt nur einen Haken: „Da es sich um freiwillige Maßnahmen handelt, steht aktuell kein Budget zur Umsetzung zur Verfügung.“

Von Freiflächen, die freigeschnitten werden, spricht die Stadt zudem nicht. Für Alfred Hilpisch sind aber gerade die für die Zukunft entscheidend, damit die Vögel zurückkehren in den Schutzpark, der sie im Namen trägt. Wie das gelingen könnte, ist eine der Fragen, mit denen sich Biologe Jörg Hilgers womöglich bald auseinandersetzt. Er sei mit der Stadt wegen des Vogelschutzparks im Austausch, sagt er. Auf einem Vor-Ort-Termin will er seine Expertise einbringen, kündigt er an.

Davor soll die Umgestaltung aber schon am Dienstag, 6. Mai, Thema sein. Die CDU auf der Karthause hat Bürgerinnen und Bürger zu einem Treffen mit Andreas Drechsler, Leiter des Eigenbetriebs Grünflächen- und Bestattungswesen, eingeladen. Los geht es um 15 Uhr an der Bushaltestelle „Am Vogelschutzpark“. Alfred Hilpisch wird da sein. „Wir wollen ja nicht gegen, sondern mit der Stadt zusammenarbeiten.“

Woher hat der Vogelschutzpark seinen Namen?

„Die genaue Herkunft des Namens ist uns leider nicht bekannt“, schreibt Stadtsprecher Thomas Knaak, ergänzt allerdings: „Wir gehen davon aus, dass der Name aus der Absicht herrührt, hier neben dem Hauptfriedhof einen Lebensraum mit vielen Bäumen für Vögel zu erhalten.“ Interessant ist auch, dass der Vogelschutzpark trotz seines Namens nie als Parkanlage ausgewiesen war. Im Flächennutzungsplan ist er als Waldfläche markiert, beim Eigenbetrieb Grünflächen- und Bestattungswesen wird er als Grünanlage geführt. Ein offiziell ausgewiesenes Schutzgebiet ist er laut Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung nicht.

Top-News aus der Region