Neubau der Pfaffendorfer Brücke, Sanierung des Theaters, Bau von Schulen und Kitas: Es gibt viel zu tun
Brücke, Theater, Bildung: Koblenz plant für 2023 große Investitionen
Der Neubau der Pfaffendorfer Berücke, der im Januar beginnt, ist einer der teuersten Batzen im Haushalt der Stadt – und zwar auf viele Jahre hin, auch wenn es Landeszuschüsse gibt. Mehr als 180 Millionen Euro Baukosten sind – Stand jetzt – geplant.
Reinhard Kallenbach

Auf 1294 Seiten ist das Zahlenwerk zusammengefasst, in dem zu lesen ist, was die Stadt Koblenz  2023 an Ausgaben und Einnahmen plant. Und weil der gewaltige Haushalt ausgeglichen ist, ist es auch wenig überraschend, dass er von allen Fraktionen im Stadtrat einstimmig angenommen wird.

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Bei der letzten regulären Sitzung des Stadtrats in diesem Jahr – am Montag folgt erneut eine Sondersitzung zum Thema Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein – brennen auf den Tischen der Fraktionsvorsitzenden Kerzen: Eine kleine Gruppe Pfadfinder hat das Friedenslicht in die Rhein-Mosel-Halle gebracht, in diesem Jahr aktueller und dringender denn je. Und weitgehend friedlich und harmonisch verläuft denn auch der Teil der Ratssitzung, bei dem traditionell nach den Haushaltsberatungen die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen Stellung zu den Plänen fürs kommende Jahr beziehen und ihre Schwerpunkte noch einmal darlegen.

Den Anfang macht Fraktionsvorsitzende Ulrike Bourry von den Grünen, mit 14 Ratsmitgliedern die größte Fraktion: „Klimaschutz muss für unser Handeln auch hier in Koblenz die oberste Priorität haben und in allen Bereichen mitgedacht werden“, sagt sie, in ihrem Skript ist „in allen Bereichen“ fett gedruckt. Der Ausbau von Fotovoltaikanlagen, die Umrüstung auf LED-Beleuchtung in städtischen Gebäuden seien wichtige Schritte, für die auch Geld in den Haushalt eingeplant wurde. Bourry begrüßt auch ausdrücklich Investitionen in Schulsanierungen und -neubauten und in Kitas. Mit den steigenden Energiekosten dürfe man die Menschen nicht allein lassen, keiner dürfe seine Wohnung verlieren. Sehr positiv hebt sie den Ausbau der Radwege hervor.

“Bestraft für solide Politik„

Stephan Otto, Vorsitzender der 13-köpfigen CDU-Fraktion, zeigt die Probleme auf, mit denen sich die Planer beschäftigt haben: „War es im letzten Jahr die Handschrift der Pandemie, so ist es in diesem Jahr die weltweite Lage ob des hässlichen Krieges, den Russland gegen die Ukraine führt oder der mit daraus resultierenden Energiekrise, die diesen Haushalt mitentscheidend geprägt hat.“ Er bringt einen Aspekt der Landespolitik in die Betrachtung des Haushaltes ein. Beim Kommunalen Finanzausgleich werde Koblenz „bestraft für seine solide Politik“. Auch an anderer Stelle kritisiert er das Land: Wer nicht alle Einnahmemöglichkeiten ausschöpfe und beispielsweise Grundsteuern nicht erhöht habe, müsse künftig um Zuschüsse bangen. „Nicht wenige sprechen bei diesen Praktiken von Erpressung.“ Otto nennt im konkreten Haushalt viele positive Vorhaben, von Sportstätten über Kultureinrichtungen bis hin zu Radwegen.

Für Marion Lipinski-Naumann, Vorsitzende der zwölf-köpfigen SPD-Fraktion, ist das Thema bezahlbares Wohnen besonders wichtig, und so bedauert sie sehr, dass Koblenz beim Sozialen Wohnungsbau keinen Deut weiter gekommen sei – bewusst wiederholt sie diesen Passus aus ihrer Haushaltsrede vom vergangenen Jahr, weil sich nichts geändert habe. Sozial geförderter Wohnungsbau könne auch Normalverdienern zugutekommen, aber es passiere zu wenig. Dies gelte auch für fehlende Kita-Plätze: „Die Ungewissheit, ob die Betreuung des eigenen Kindes gesichert ist, bringt Scharen von Eltern an den Rand der Verzweiflung“, sagt Lipinski-Naumann. Wichtig seien aber auch weitere Investitionen, beispielsweise in Kultur und Sport.

“Planerisch fahrlässig"

Julia Kübler nutzt für die fünfköpfige Fraktion der Freien Wähler die Haushaltsrede, um erneut auf die sehr frühen Bedenken der Freien Wähler hinzuweisen, was die Entwicklung im Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein angeht: „Die Verhandlungen nur auf einen einzigen Kaufinteressenten zu konzentrieren, war beihilferechtlich dünnes Eis und planerisch fahrlässig“, sagt sie. Der richtige Weg sei nun, seine Arbeit auf den Aufbau eines starken kommunalen Krankenhauses konzentrieren. Kritik äußert sie auch an der fehlenden Unterstützung des Landes für die Kommunen, „Kommunen wie unser schönes Koblenz, die sich Jahre lang angestrengt und gespart haben, werden bestraft“, sagt sie.

Auch Joachim Paul, Vorsitzender der vierköpfigen AfD-Fraktion, kritisiert, „dass Sparen vom Land bestraft wird“. Zudem sei die Stadt aber auch dadurch belastet, dass Koblenz versuche, die Welt zu retten. Die Verkehrspolitik der Stadt erinnere an einen „Kulturkampf gegen Autofahrer“. Dabei sei Kobenz nun einmal eine Pendlerstadt. Wichtig ist Paul auch zu betonen, dass Kriegsflüchtlinge in Koblenz natürlich Unterstützung finden. Ebenso wichtig sei aber auch, dass Menschen ohne eine Bleibeperspektive zurückgeführt würden. Ein weiteres Thema seiner Fraktion sei bezahlbarer Wohnraum – „auch dabei spielt der Faktor Einwanderer eine Rolle“.

Für höhere Zuschüsse einsetzen

Torsten Schupp von der dreiköpfigen Wählergruppe Schupp sieht ein „Versagen der Landesregierung“, das sich wie ein roter Faden durch alles ziehe – egal, ob man sich die hohen Kosten für die soziale Sicherung anschaue, die nur zum Teil vom Land refinanziert würden oder die unzureichende Förderung des Neubaus der Pfaffendorfer Brücke. Von den Koblenzer Landtagsabgeordneten, die der Ampelregierung angehörten, erwarte er, dass sie sich für höhere Zuschüsse einsetzen. „Sonst werde ich sie auffordern, ihr Mandat im Stadtrat niederzulegen.“ Zudem kritisiert er scharf die Sicherheitsauflagen, die Vereinsaktivitäten unmöglich machten.

Christoph Schöll, Vorsitzender der zweiköpfigen FDP-Fraktion, verweist auf den nach wie vor ungebrochen beliebten Wirtschafts- und Wohnstandort Koblenz, durch dessen Steuereinnahmen die Ziele im Haushalt überhaupt erst möglich seien. Es sei wichtig, dass Koblenz als Pendlerstadt auch weiterhin gut mit dem Auto zu erreichen sei. Themen wie sozialer Wohnungsbau, Fachkräftegewinnung, Investitionen in Sportstätten und vieles mehr stünden im kommenden Jahr an. Der Rekommunalisierung des Gemeinschaftsklinikums erteilte er indes eine Absage.

Schutzraum für queere Menschen

Den Abschluss macht Kevin Wilhelm für die zweiköpfige Fraktion Die Linke/Die Partei und verweist auf die Aktivitäten der Fraktion im ablaufenden Jahr, von der Initiierung des Inklusionsbeirats bis zum Pilotprojekt, bei dem Menstruationsartikel an zwei Schulen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Mit einem Antrag, der der Gentrifizierung unter anderem in Lützel entgegenwirken sollte, war die Fraktion dagegen gescheitert. Als Themen für das kommende Jahr nennt er unter anderem einen Schutzraum für queere Personen und die Unterstützung der Kunst- und Kulturszene, passend dazu endet sein Vortrag mit einem Gedicht.

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