Koblenz
Blinde Koblenzerin darf Sterbende nicht begleiten

Koblenz. Sylvia Lenz wollte ehrenamtliche Sterbebegleiterin werden. Die Koblenzerin meldete sich beim Hospizverein, um dort einen entsprechenden Kurs zu absolvieren, erhielt von der Einrichtung jedoch eine Absage.

Von unserer Mitarbeiterin Katharina Demleitner

„Visuelle Gründe“ sprächen gegen die Beteiligung einer Blinden an der Begleitung sterbender Menschen.

Die Empörung ist Sylvia Lenz am Telefon deutlich anzumerken. Im ersten Gespräch mit einer Hospizmitarbeiterin habe nichts darauf hin gedeutet, dass es Probleme mit der Ausbildung zur Sterbebegleiterin geben könnte. „Zwar hieß es, dass ich die erste Blinde bin, die Interesse zeigt, aber das bin ich gewohnt“, sagt die 43-Jährige, die zunächst nichts mehr vom Hospizverein hörte.

Erst als Sylvia Lenz nachfragte, teilte man ihr mit, dass ein „visueller Kontakt“ zu den sterbenden Menschen sein müsse – sehr zum Ärger der allein lebenden Frau: „Anstatt mich einfach abzulehnen, hätte man es wenigstens versuchen können“, meint die studierte Theologin enttäuscht, die bereits in einem Seniorenheim gearbeitet hat. Statt auf soziale und individuelle Fähigkeiten Gewicht zu legen, ginge der Verein den Weg des geringsten Widerstands.

Ein grundsätzliches Problem sieht dagegen Gisela Textor in der Begleitung Sterbender durch blinde Menschen: „Es gibt einfach Grenzen, aber mit Diskriminierung hat das nichts zu tun“, betont die Geschäftsführerin des Koblenzer Hospizvereines und verweist auf die zahlreichen behinderten Angestellten der Einrichtung. Die verspätete Rückmeldung an Lenz sei der Urlaubszeit geschuldet.

Dass eine Wahrnehmung mit allen Sinnen für die Sterbebegleitung unabdingbar sei, sehen auch die ehrenamtlich Tätigen so: „Sich in einer fremden Wohnung zurechtzufinden, wissen, wo der Becher steht, ist für einen Blinden sehr schwer“, meint Ingrid Goldhorn. Gerade im Sterbeprozess verändere sich der Mensch, „und das muss man sehen können“, bekräftigt Marga Bender.

Oft gäbe es zu den Sterbenden, die sich nicht artikulieren können, nur Blickkontakt. „Jemanden in dieser Situation das Gefühl zu vermitteln, dass man als Begleiter Unterstützung braucht, halte ich für falsch“, sagt die Ehrenamtlerin und fügt hinzu: „Ich würde mich hilflos fühlen“. Sylvia Lenz jedoch bleibt bei ihrer Haltung: „Es gibt immer eine Lösung, aber man probiert es ja gar nicht erst.“

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