In den Mitgliedskommunen der Verbandsgemeinde Weißenthurm arbeiten die politischen Gremien derzeit nacheinander den jeweils gleichen Tagesordnungspunkt ab. Ein wenig sperrig klingt die Causa, der etwa die Fraktionen in Mülheim-Kärlich vor einigen Tagen zustimmten. Und doch: Sie hat es in sich, die „Beratung und Beschlussfassung über die Bevollmächtigung des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde zur Vergabe von Strom- und Gaslieferungsverträgen.“ Es geht um eine Menge Steuergeld. Und nicht zuletzt um menschliche Grundbedürfnisse.
Die Orte und Städte der VG Weißenthurm ermächtigen damit nämlich die Verbandsgemeindeverwaltung und allen voran als Verantwortlichen den Bürgermeister Thomas Przybylla (CDU), für sie Strom und Gas einzukaufen – und zwar, wenn nötig, selbstbestimmt und überaus kurzfristig.
Strategie der Rathäuser
Der Reihumbeschluss ist Teil einer Strategie der Rathäuser, um fürs kommende Jahr an Energie zu kommen. Sie versetzen die VG-Verwaltung damit in die Lage, binnen weniger Minuten auf dem derzeit besonders komplexen und volatilen Energiemarkt zuzuschlagen. „Es kann sein, dass wir dafür manchmal nur eine Stunde Zeit haben“, beschrieben Vertreter der Verbandsgemeinde unlängst in der Werkausschusssitzung in Mülheim-Kärlich die Gefechtslage gegenüber Kommunalpolitikern.
Man muss dazu wissen: Zuletzt beschaffte die Verbandsgemeinde Weißenthurm Strom und Gas in Ruhe über sogenannte Bündelausschreibungen sowohl für sich selbst und ihre Bedürfnisse als auch für die fünf Orte und die beiden Städte Mülheim-Kärlich und Weißenthurm. Diese Ausschreibung organisiert dabei stellvertretend auch für weitere Kommunen die Dienstleistungsgesellschaft GT Service GmbH.
Das ist so rechtmäßig wie wirtschaftlich sinnvoll: Man schließt sich zusammen, erhöht so die eigene Marktbedeutung und erhofft sich bessere Konditionen. Die Ausschreibung endet nach einer Frist. Innerhalb dieser trudeln Angebote ein, das beste wird am Ende ausgewählt, Energie auf diesem Wege en bloque eingekauft. Für die nächste Zeit ist gewährleistet, dass in den Hallen weiterhin das Licht angeht und die Schwimmbecken warm bleiben.
Die Verbandsgemeinde wird im Rahmen einer Dringlichkeitsvergabe direkt Kontakt mit mindestens drei Lieferanten aufnehmen
VG Sprecherin Katharina Demleitner
Nur: In diesem Jahr trudelten nach Ablauf jener Frist gar keine Angebote für Erdgas ein, auch die Strombedürfnisse konnten nicht an jeder Stelle gedeckt werden. Nachverhandlungen der GT Service brachten keinen Erfolg. Als Grund haben die Verantwortlichen im VG-Rathaus an der Kärlicher Straße die aktuelle Energiekrise aufgrund des Ukraine-Krieges ausgemacht, die Preise treibt und für knappere Energiekontingente sorgt. Bürgermeister Przybylla warnte schon in den vergangenen Monaten immer wieder, dass hier große Probleme auf die Städte und Gemeinden zukommen könnten, inklusive einer deftigen Vervielfachung der Kosten, wenn im härtesten Fall Kommunen plötzlich in die Grundversorgung fallen.
Sich in den Markt zu stürzen und dort Strom- und Gaskontingente auch kurzfristig zu kaufen, das ist für die Weißenthurmer nun die Strategie, um doch noch das zu erwerben, was in diesen Zeiten als einigermaßen bezahlbare Energie gilt.
Schnell sein!
Das aber lässt sich aktuell nur bewerkstelligen, wenn man schnell unterwegs ist – „Dringlichkeitsvergabe“ heißt das übersetzt ins Verwaltungsdeutsch. „Die Verbandsgemeinde wird nun im Rahmen einer Dringlichkeitsvergabe direkt Kontakt mit mindestens drei Lieferanten aufnehmen und ein Angebot über eine Laufzeit von einem Jahr anfordern“, sagte VG-Sprecherin Katharina Demleitner. Anschließend werde der Auftrag an den wirtschaftlichsten Anbieter vergeben. Weiterhin betont sie noch einmal, wie wichtig es sei, hierfür stets handlungsfähig zu sein: Es sei damit zu rechnen, dass aufgrund der vorherrschenden Energiekrise die Bindefrist für die Angebote sehr kurzfristig sein werde.
Es solle möglichst zeitnah über die Vergabe entschieden werden. Dank der Vollmacht für die Verbandsgemeinde müsse keine separate Entscheidung mehr in den jeweiligen Räten herbeigeführt werden.