Das studentische Architekturprojekt „Hive Home” (Hive bedeutet so viel wie Bienenstock) der Hochschule Koblenz überträgt diesen Anspruch in die Realität. Ein Förderbescheid in Höhe von 156.000 Euro vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität und damit quasi eine offizielle Anerkennung feierte das Projekt jetzt mit einer öffentlichen Präsentation und einem Glas Sekt.
Üblicher Wohncomfort auf engstem Raum
Chillen, arbeiten, essen, schlafen auf 14 Quadratmetern? Wie soll das gehen? Der geniale Kniff der Architekturstudierenden im Fachbereich Bauen-Kunst-Werkstoffe: Drei unterschiedliche Wohnbereiche können rotieren, sind durch wenige Handgriffe austauschbar. Küche und Bad dagegen sind fest installiert. Damit ist der übliche Wohnkomfort gegeben.
In der Morgenvariante dient der Esstisch zum Frühstücken oder Arbeiten, die Abendvariante stellt eine gemütliche Sitzgelegenheit zur Verfügung. Der Monitor, der vielleicht tagsüber zum Arbeiten gedient hat, kann nun auch für TV-Unterhaltung genutzt werden. Die Nachtvariante schließlich bringt ein Bett für zwei Personen zum Einsatz, mit größerem Stauraum, zum Beispiel für die Bettwäsche.
Zunächst hatten wir ein Viereck im Sinn, dann kamen wir aufs Sechseck und damit quasi zum Modell der Bienenwabe.
Lena Schleicher
Fürs Studierendenteam stellten Lena Schleicher, Victoria Peil und Nils Kießling die Planungen vor. „Zunächst hatten wir ein Viereck im Sinn, dann kamen wir aufs Sechseck und damit quasi zum Modell der Bienenwabe”, berichtete Lena Schleicher. Kommilitonin Victoria Peil ergänzte: „Ein sehr wichtiger Grundgedanke war die Nachhaltigkeit in allen Bereichen. Wir verwenden daher die Baumaterialien Holz, Lehmputz, Stroh, Glas und im technischen Bereich Wärmepumpe und Fotovoltaik.”
Statikprobleme nicht leicht aus der Welt zu schaffen
Unglaublich viel gelernt habe er bei der Umsetzung der Ideen, berichtete Nils Kießling. „Die Aufgabenstellung war, den Entwurf zu einem echten Modell im Maßstab 1 zu 5 zu entwickeln und dann zu einem Haus in Originaldimensionen.” Natürlich steckte der Teufel im Detail. Kießling sagt: „Die Lösung der Statikprobleme war wirklich sehr komplex.” Schließlich sollen sich die Bewohner im Hive Home nicht nur wohl, sondern auch absolut sicher fühlen, selbst beim geplanten Stapeln der einzelnen Waben.
Die gesetzte Forderung der Nachhaltigkeit machte innovative Wege bei der Konstruktion notwendig. „Das Haus soll jederzeit wieder komplett abbaubar sein, wir benutzen daher keine Klebstoffe, sondern nur Schraubverbindungen.” Das ganz wesentliche Baumaterial des Hive Home ist Holz, das mit dem neuen „Holz von Hier“-Siegel ausgezeichnet ist. So kann gewährleistet werden, dass es sich um Material aus tatsächlich nachhaltig bewirtschafteten, lokalen Wäldern handelt.
Aber es werden auch andere Ziele des klimagerechten Bauens verfolgt: Neben dem Einsatz von Fotovoltaik und Wärmepumpe soll zum Beispiel Grauwasser zur WC-Spülung genutzt werden. Ein Teil der Dämmung besteht aus einem Recyclingprodukt. Verpackungsnetze, wie sie etwa für Zwiebeln oder Kartoffeln benutzt werden, wurden auf Anregung von Studierenden gesammelt: Füllt man sie in die Hohlräume der Fassade, entstehen recht passable Dämmwerte.
Als fachliche Begleitung fungieren die Professoren Jo Ruoff und Stephan Jost. Im Sinne der Prämisse „Städte gehören den Menschen, nicht tonnenschweren Blechbüchsen” gehen die Planungen von der autofreien Stadt aus, erklärte Jo Ruoff. Aus diesem Grund entstand die räumliche Begrenzung auf übliche Parkflächengrößen. Ruoff erläutert: „Wir gingen von zwei Häusern pro drei Parkflächen aus, also war die Aufgabe zu lösen, wie man auf eineinhalb Parkplätzen wohnen kann.” Das entspricht den erwähnten 14 Quadratmetern. Dazu sollte man wissen, dass jeder Deutsche zurzeit rund 47 Quadratmeter bewohnt.
Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen
Wichtig sei auch die Zusammenarbeit mit weiteren Fachdisziplinen gewesen. Zum Beispiel habe man so die Fotovoltaik in Hinsicht auf die größtmögliche Autarkie optimieren können. Die Zukunft von Räumen, die Zukunft des Wohnens sei in diesem Projekt in vorbildlicher Weise umgesetzt, so Karl Stoffel, Präsident der Hochschule Koblenz. Besonders stolz sei er, dass es sich hier, abgesehen von der fachlichen Begleitung, um ein rein studentisches Projekt handele: „Von der ersten Idee über die Planung bis hin zur Beantragung der Fördergelder lag alles in studentischer Hand.”
Auch mit Druck umzugehen, gehört wohl zu den Lernzielen. Für Oktober 2024 hat sich Umweltministerin Katrin Eder zur Besichtigung des Projekts angekündigt, das sich mit dem Ende des Förderzeitraums im August 2025 im öffentlichen Raum bewähren muss. Geplanter Standort: ein von der Stadt zur Verfügung gestellter Bereich zwischen Baudezernat und Hauptbahnhof.