In gut einem Jahr soll es hier ganz anders aussehen: Dann sollen die ersten neuen Vogelkirschen blühen und alles schön sein. Eine der größten, eine der umstrittensten Baustellen in Koblenz hat nun Fahrt aufgenommen. Ein Baustellenbesuch.
1 Wie ist die Wegeführung derzeit? Autos kommen hier nicht mehr durch – keine Chance. Fußgänger und Radfahrer aber sollen immer die Möglichkeit haben, das begonnene Baustellenstück zwischen Friedrich-Ebert-Ring und Rizzastraße zu passieren. Im Moment ist vor dem Max-von-Laue-Gymnasium ein Weg abgetrennt, auf dem vor allem nach Schulschluss kurz nach 13 Uhr ziemliches Gedränge herrscht. Wo genau die Fußgänger gehen können, wird sich im Verlauf der Baustelle immer wieder ändern, berichtet Dagmar Quadflieg, Projektleiterin beim Eigenbetrieb Grünflächen- und Bestattungswesen.
Auf dem Fußweg dürfen auch Radler fahren, angepasst an die Fußgänger – auch wenn im Moment vom Friedrich-Ebert-Ring kommend nur das Fußgängerwegschild steht, weil das andere offenbar gestohlen wurde. Aber lang nicht jeder Radler hält sich an die Schrittgeschwindigkeit. Immer wieder kurven einige auch sehr nah an den Passanten vorbei. Die Regelung, hier Radfahren freizugeben, finden lange nicht alle Fußgänger gut. „Das ist doch eine Frage der Zeit, wann hier was passiert“, sagt einer, der in Richtung Stadt unterwegs ist. „Die fahren wie die Henker!“
Ein anderer Fußgänger regt sich auf: „Die klingeln dann – aber wo soll ich denn hin?“ Eine Radfahrerin ist abgestiegen und schiebt. „Ich finde, es ist zu eng zum Fahren, das muss ja nicht sein“, sagt sie gelassen. Der Radweg entlang der Rizzastraße, den ohnehin gern „Elterntaxis“ zum Parken nutzen, ist im Übrigen im Moment noch stärker frequentiert als sonst, weil das U der Südallee weggefallen ist. Kontrolliert wird hier nicht, bemängelt ein Anwohner. Ebenso wenig wie bei den Parkplätzen an der Rizzastraße, die ab 18 Uhr den Anwohnern vorbehalten sind, aber auch von anderen genutzt würden.
2Welche Arbeiten laufen im Moment? Die Asphaltdecke wird gerade in verladebare Stücke zertrümmert und auf Lkw gepackt – das ganze Material wird gesichtet, auf Schadstoffe untersucht, sortiert und wenn möglich wiederverwertet oder entsorgt, berichtet Projektleiterin Quadflieg. Bis zu einer Tiefe von etwa 65 Zentimetern wird der Straßenraum ausgebaggert, erklärt Bernd May, Bauleiter bei der Firma Schulz. Die Länge der Baustelle und die geplante Qualität der Gestaltung machen die Arbeiten im Übrigen zu etwas Besonderem, sagt Dagmar Quadflieg.
Wie breit die Straße ist, sieht man schon jetzt, wo keine Autos mehr hier parken und es eine fast ebene Fläche ist. Im Gegensatz zu anderen Teilen der Südallee findet sich hier unter der Asphaltschicht kein Kopfsteinpflaster, „wir vermuten, die Zerstörungen waren hier sehr groß“, sagt Dagmar Quadflieg, sodass nach dem Krieg nur eine Betonschicht aufgetragen wurde. Aber ganz egal, was hier zu finden ist: Alles muss raus.
3 Wie geht es weiter? Zusätzlich zur ausgebaggerten Tiefe der kompletten Fläche werden die Streifen, in denen die Versorgungsleitungen für Gas, Wasser und Strom liegen, tiefer ausgebaggert und die Leitungen erneuert, ebenso die Hausanschlüsse. Dazu muss etwa 1,20 bis 1,40 Meter tief gegraben werden. Die alten Leitungen kommen raus, neue rein. Wenn diese Baggerarbeiten erfolgen, werden sie mit Kampfmittelsondierung begleitet. Flächendeckend von oben hat das keinen Sinn, berichten Dagmar Quadflieg und Bernd May. Denn durch die Menge an Leitungen im Boden bekäme man bei der Kampfmittelprüfung viele falsche Informationen.
Für die Straßenabläufe, die Gullys, wird zum Teil sogar bis in fünf Meter Tiefe gebaggert, bald auch mit einem zweiten Bagger, der in Kürze dazustößt. Abgebaut werden auch die Umgrenzungssteine, die den Mittelteil umranden – auch sie werden wiederverwendet, berichtet Dagmar Quadflieg. „Wir sparen Ressourcen und schaffen eine Mischung aus Alt und Neu.“
4 So wird der Straßenzug aufgeteilt: Auf beiden Seiten wird es einen breiten Streifen geben, auf dem Fußgänger gehen. Dieser wird mit diagonal verlaufenden hellgrauen Pflastersteinen gestaltet, wie sie auch im Musterfeld in der Nähe des Markenbildchenwegs zu sehen sind. Dem schließt sich ein Streifen an, auf dem an einigen Stellen geparkt werden kann – lange nicht mehr an so vielen wie aktuell. Dann kommt der Fahrbahnstreifen mit einer glatten Asphaltdecke für die Fahrradstraße, in der Anliegerfahrzeuge erlaubt sind, die sich aber dem Radverkehr unterordnen müssen.
In der Mitte wird es einen breiten Streifen geben, der auf beiden Seiten von Grünstreifen mit Vogelkirschen umrandet ist. Bänder aus Basaltlava-Steinen sollen sich zum Teil auf Bodenniveau und zum Teil in Kniehöhe an den Seiten der Promenade schlängeln und immer wieder Nischen schaffen, in denen man sitzen kann. „Das wird sicher auch von den Schülern gern genutzt“, sagt Quadflieg, immerhin grenzen an die Südallee drei Gymnasien an.
Der Ausbau der mehr als einen Kilometer langen Südallee in der Südlichen Vorstadt steht kurz bevor: Die Arbeiten beginnen am Montag, 26. Februar, teilt die Stadtveraltung mit.Ausbau der Südallee steht kurz bevor – Arbeiten beginnen am 26. Februar
Zusätzlich sind im ersten Teilabschnitt vor dem Max-von-Laue-Gymnasium auf Wunsch des Seniorenbeirats auch zwei Sitzbänke vorgesehen, um Älteren den Weg in die Stadt mit Ruhepausen zu erleichtern. In der Mitte zwischen den Grünstreifen wird ein Weg aus wasserdurchlässigem Mineralbelag Flanieren und Aufenthalt ermöglichen. Der Vorwurf, durch die Neugestaltung der Südallee werde mehr Fläche versiegelt, sei ungerechtfertigt, sagen May und Quadflieg. Es sei sogar etwas weniger, weil zurzeit noch ein Teil der Mittelfläche versiegelt sei.
5Der Anschluss an den Friedrich-Ebert-Ring: Diese Fläche soll vor allem in der verkehrsärmeren Zeit in den Sommerferien hergestellt werden. Überhaupt versuchen die Planer, auf andere Belange Rücksichten zu nehmen, beispielsweise auf die mündlichen Abiturprüfungen am Max-von-Laue-Gymnasium in diesen Tagen. „Wir sind in enger Abstimmung mit den Schulen“, sagt Dagmar Quadflieg. „Auf jede Klassenarbeit kann man aber leider keine Rücksicht nehmen.“
6 Die Arbeiten wiederholen sich: Asphaltdecke entfernen, Fläche ausbaggern, Leitungen erneuern, Fläche wieder aufbauen – das wird sich in den weiteren Bauabschnitten wiederholen. Für jeden der vier Abschnitte – Friedrich-Ebert-Ring bis Roonstraße, Roonstraße bis Johannes-Müller-Straße, Johannes-Müller-Straße bis Ludwigstraße und Ludwigstraße bis Schenkendorfstraße wird grob gerechnet ein Jahr veranschlagt.
Im weiteren Verlauf der Straße werden auch Glas- und Altpapiercontainer unterirdisch eingerichtet, wie es sie bereits in Ehrenbreitstein gibt, Spielgeräte aufgebaut und vieles mehr. Im südlicheren Bereich ab der Höhe Evangelisches Stift ist der Straßenquerschnitt ein anderer, da wird die Gestaltung auch anders sein: Hier soll die Mittelfahrbahn erneuert und der ursprüngliche Charakter mit durchgehenden Alleebäumen zu beiden Seiten wiederhergestellt werden, heißt es in der Beschreibung der Planung. „Die ursprüngliche Symmetrie der teilweise privaten Vorgärten in den Wohnanlagen der 1920er-Jahre soll wiederhergestellt werden, insbesondere zwischen St-Josef-Straße und Johannes-Müller-Straße.“
7 Was machen eigentlich die Spendensammlungen bei den Anwohnern? Um die einmaligen Ausbaubeiträge zu umgehen, versucht die Bürgerinitiative Südallee, das Geld zusammenzubringen, das die Stadt bereits für Planungen und anderes ausgegeben hat. Denn dann könnte die Beteiligung der Anwohner nach wiederkehrenden Beiträgen erfolgen, und alle Bewohner des Abrechnungsgebiets Mitte/Süd würden herangezogen.
Koblenz. Der Ausbau der Koblenzer Südallee soll – Stand 2020 – rund 13,5 Millionen Euro kosten. Allerdings dürfte der Betrag durch die explosionsartigen Steigerungen im Bausektor noch deutlich anwachsen.Millionen-Ausbau der Koblenzer Südallee: Kann auch hier der Spenden-Kniff die Kosten senken?
Noch sei Zeit, sagt Woch, aber man sei sehr bemüht, das Ganze vor der Kommunalwahl abzuschließen, da sich dann ja wieder ganz andere Mehrheiten finden könnten. „Wir würden uns wünschen, dass es eine Art Geberkonferenz mit der Stadt, den Anliegern und der Bürgerinitiative geben und man alles besprechen könnte.“