Zu spät komme nicht nur das Impfangebot, sondern auch die Stellungnahme des Landesverbands, sagt Andreas Faber, Wehrleiter in Mayen. „Ein Schlag in die Motivation und Moral von allen ehrenamtlichen aktiven Feuerwehrkameraden und -kameradinnen in Rheinland-Pfalz“ sei das so lange ausgebliebene Impfangebot, sagt Faber weiter. Die Feuerwehren in die Impfprioritätsgruppe drei zu setzen, sei mehr als bedenklich und gefährde ein Stück Demokratie in der Bundesrepublik, so der Mayener Wehrleiter. Und ja, es habe in der Vergangenheit mehrere Infektionen und Quarantäneanordnungen unter den aktiven Kräften in den einzelnen Einheiten gegeben – meist sogar parallel und im gleichen Zeitfenster.
In anderen Landkreisen habe es unter den Kameraden sogar Todesfälle gegeben, sagt der Kreisverbandsvorsitzende Nikolai. Es sei bei der Arbeit der Kameraden nicht möglich, zu Rettende zunächst nach einer möglichen Covid-19-Erkrankung zu fragen, sagt er. Auch die weiter geltenden AHA-Regeln (Abstand, Hygiene, Maske im Alltag) seien kaum immer einzuhalten, wenn es um Einsätze der Feuerwehr gehe. „Daher sind die Kameraden einer sehr hohen Gefahr ausgesetzt“, so der Kreisvorsitzende und kritisiert: „Es ist ein Faustschlag ins Gesicht des Ehrenamtes, was hier passiert.“
Auch jetzt, da sich Feuerwehrangehörige für die Impfungen registrieren lassen können, sei das Problem nicht gelöst, sagt Nikolai. Die Prioritätsgruppe drei sei sehr groß. Die Hoffnung sei, dass Kameraden und Aufgabenträger „einen anderen Weg finden oder sich die Verfügbarkeit der Impfstoffe drastisch ändert.“
In der Verbandsgemeinde (VG) Weißenthurm gab es offenbar einen „anderen Weg“, zumindest einer, der dafür gesorgt hat, dass viele Kameraden in der VG bereits geimpft sind. Als die Prioritätsgruppe drei an der Reihe gekommen sei, hätten sich in Weißenthurm mehrere Ärzte dazu bereit erklärt, die Angehörigen der Feuerwehreinheiten zu impfen, sagt VG-Sprecherin Katharina Demleitner. „Inzwischen haben viele der ehrenamtlichen Feuerwehrleute davon Gebrauch gemacht“, berichtet sie. Entsprechend gut sei die Stimmung bei den Weißenthurmer Kameraden. Der Weißenthurmer Wehrleiter Arnd Lenarz bestätigt das: „Für einen Großteil der Feuerwehrleute besteht jetzt Impfschutz, wir sind für die Unterstützung der Mediziner sehr, sehr dankbar“, so Lenarz.
Weißenthurm scheint eine Ausnahme zu sein. Die meisten Feuerwehrleute im Kreis würden noch auf eine Impfung warten, sagt Kreisvorstand Nikolai. Beim einfachen Abwarten aber ist es in Mayen-Koblenz nicht geblieben. „In einer Videoschalte mit dem Staatssekretär des Innenministeriums haben wir nur mitgeteilt bekommen, dass die Priorisierung Bundesangelegenheit sei und nicht in der Hoheit der Länder liegt. Warum einige andere Bundesländer schon die Feuerwehrkameraden geimpft haben, konnte nicht ausreichend beantwortet werden“, sagt Jens Nikolai. „Einige Kameraden aus Rheinland-Pfalz haben sich auch zu der Aktion ,Testen für alle' angemeldet. Hier wurde mit dem Versprechen geködert, dass man in die Gruppe zwei kommt und direkt geimpft wird. Die Realität hat gezeigt, dass das nicht überall umgesetzt wurde und erst mit Nachdruck die Kameraden geimpft wurden“, berichtet Jens Nikolai weiter. Das hinterlasse den Eindruck, dass die Feuerwehr nur gebraucht werde, wenn schöne Bilder gemacht würden. Man müsse sich aber vor Augen halten, dass die Sicherheit im Land stark gefährdet wäre, wenn es das Ehrenamt nicht gäbe. „Wir rechnen damit, dass einige Kameraden sich das Ehrenamt mit dieser Wertschätzung noch mal durch den Kopf gehen lassen und einen Antrag auf Entpflichtung stellen.“
Die Zahlen aus Mainz zeigen deutlich: Die Priogruppe drei, zu der die Feuerwehr-Aktiven zählen, ist riesig. Knapp eine halbe Million Menschen haben in Rheinland-Pfalz über den Anmeldungspool ihr Interesse an einem Impftermin bekundet, warten also auf ihre Impfung. Dazu kommen mit Stand 19. Mai noch rund 30 000 Personen aus den ersten beiden Prioritätsgruppen. Wann die Kameradinnen und Kameraden im Land also tatsächlich mit dem notwendigen Impfschutz rechnen können: ungewiss.
Die Stadt Mainz hat ihre Feuerwehrleute über Nachrückerlisten geimpft, sagte ein Sprecher der Stadtverwaltung Ende der vergangenen Woche der Rhein-Zeitung. Man ermuntere Kommunen, derartige Nachrückerlisten zu führen, hieß es daraufhin aus dem Gesundheitsministerium in Mainz. Landeseinheitliche Sonderimpftermine für Wehr-Angehörige aber gibt es in Rheinland-Pfalz nicht.
Im Februar hatte es derweil in der Stadt Koblenz Ärger gegeben, weil die Berufsfeuerwehrleute dort schon mit Restdosen geimpft wurden. Oberbürgermeister David Langner und Bürgermeisterin Ulrike Mohrs hatten das mit Verweis auf die Aufgaben und die besondere Gefährdung der Kameraden verteidigt.