Wie lebt es sich zwischen WG-Zimmer und Wohnküche, die den Hörsaal und den Bibliotheksarbeitsplatz ersetzen (müssen)? Dazu gibt eine Studie der Uni Koblenz interessante Antworten. Grob zusammengefasst ist der Tenor: Die meisten kommen eigentlich ganz gut klar. Allerdings ist die Befragung in den ersten Wochen der Pandemie durchgeführt worden, betont Dr. Rotraut Walden. Interessant wäre sicher, die Studenten erneut zu befragen und zu schauen, ob sie die gleichen Aussagen auch heute nach mehr als einem Jahr einsamem Lernen – noch immer treffen würden.
Um zu beleuchten, wie die Studierenden mit ihrem Homeoffice zurechtkommen, hat das kleine Forschungsteam um Privatdozentin Dr. Rotraut Walden, Yoke Balmert und Vanessa Grebe von der Universität in Koblenz eine Online-Umfrage zum Thema gestartet. Die Befragung lief im Sommersemester 2020. Die Kernpunkte der Studie:
1 Wer wurde befragt? Ein Online-Fragebogen mit insgesamt rund 200 Fragen wurde per Mail an die Studentinnen und Studenten in Koblenz und Landau verteilt, Rückmeldungen gab es von 108 Personen, in der überwiegenden Zahl Frauen. Eine echte Erklärung hat Rotraut Walden dafür nicht, außer dass es in den Studiengängen ohnehin viele Frauen gibt, „und die haben vielleicht auch mehr Geduld“, sagt sie lächelnd. Die Mehrzahl war in der Altersgruppe 21 bis 25 Jahre. Studenten aus allen Fachbereichen beteiligten sich.
2 Wie ist die „Nähe“ der Befragten zum Thema Corona? Acht der Teilnehmenden waren zu diesem Zeitpunkt entweder schon selbst mit dem Virus infiziert worden oder hatten Angehörige oder Freunde, die betroffen waren. Bei der Frage nach möglicher Quarantäne (eigene oder die von Freunden oder Verwandten) sah die Sache anders aus: 40 Personen hatten bereits Erfahrungen mit diesem Thema gemacht. Keiner der Befragten hatte einen durch Corona herbeigeführten Todesfall miterlebt.
3 Wo arbeiten die Studenten, wenn kein Corona ist? Etwa zwei Drittel der Studenten haben vor der Pandemie vor allem auf dem Campus gelernt, die meisten von ihnen in der Bibliothek, aber auch in der Mensa oder auf den Bänken am Mikadoplatz. Aber auch zu Hause haben schon vor Corona 41 Prozent der Befragten zumeist gearbeitet.
4 Wo sind die Arbeitsplätze zu Hause? Mehr als die Hälfte der Studierenden müssen im gleichen Zimmer arbeiten, in dem sie auch schlafen. 41 Prozent geben an, sie nutzen ein Arbeitszimmer, 31 Prozent lernen im Wohnzimmer und 22 Prozent in der Küche. Aber auch der Flur wird von 4 Prozent angegeben, der Keller von einem Prozent. Einen festen Arbeitsort haben fast 80 Prozent der Studierenden – nahezu ebenso viele bezeichnen ihn auch als wichtig für sie selbst. Ohne das Internet geht gar nichts, aber auch das Mobiltelefon spielt für mehr als die Hälfte der Studenten für die Arbeit eine große Rolle, 42 Prozent nutzten Video-Konferenzen.
5 Wie bewerten die Studenten das Homeoffice? Grundsätzlich scheint ein Großteil der Studierenden zufrieden mit dem eigenen Arbeitsplatz, so Rotraut Walden. Etwa die Hälfte der Befragten empfanden die Qualität ihres Homeoffice als gut oder sehr gut. 27 Prozent bezeichneten die Qualität als schlecht oder sehr schlecht, die übrigen bewerten es neutral. Die am häufigsten genannten Kritikpunkte lauteten die Forderung nach mehr Platz, einer besseren Trennung der Wohn- und Arbeitsräume und intensiverer Zusammenarbeit mit Kommilitonen.
6 Was ist das Gute am Homeoffice? Besonders oft genannt wurde die Flexibilität, die mit einer digitalen, oft asynchronen Lehre einhergeht. „Die Möglichkeit flexibler Arbeitszeiten empfanden 73 Prozent als gut oder sehr gut, genauso viele gaben an, dass sie flexible Arbeitszeiten als wichtig oder sehr wichtig für die Zukunft erachten“, bilanziert Walden. Auch dass das Pendeln zur Uni und dann wieder nach Hause wegfällt, ist für viele der Befragten ein großes Plus. Sehr oft genannt wurden außerdem die schöne Aussicht beziehungsweise die Vorteile eines hellen, lichtdurchfluteten Arbeitsplatzes direkt am Fenster. Bei der Bewertung zeigte sich, dass 73 Prozent ein Fenster und den damit verbundenen Ausblick als wichtig oder sogar sehr wichtig empfinden. Die Arbeitsräume der Universität können diese Anforderung nur selten erfüllen.
7 Wie kann das Homeoffice für die Studenten besser werden? Von dem Forschungsteam Dr. Rotraut Walden, Yoke Balmert und Vanessa Grebe in Form einer offenen Frage nach ihren Wünschen gefragt, gaben viele Teilnehmer an, dass sie sich eine räumliche Trennung von Schlaf- und Arbeitsplatz wünschen. Doch das geht oft nicht: Knapp ein Drittel der Teilnehmenden lebt in einer Ein- bis Zwei-Zimmerwohnung, 26 Prozent sind Teil einer Wohngemeinschaft. Ein weiterer Wunsch vieler Studierenden ist besseres Internet, um den Anforderungen eines digitalen Semesters gerecht werden zu können.
8 Was würde helfen? Mehr als 80 Prozent sind überzeugt, dass ihnen ein Balkon oder Garten helfen würde. Besonders wichtig war dieser Punkt für Teilnehmer mit Quarantäneerfahrungen, die ja oft in einem einzigen Zimmer bleiben mussten. Fast 90 Prozent bewerteten zudem Ablage- und Staumöglichkeiten als maßgebend. Genauso viele sagten aus, dass Rückzugsmöglichkeiten und die Möglichkeit des ungestörten Arbeitens unerlässlich seien. Für 85 Prozent spielt die Sauberkeit des Homeoffice eine große Rolle.
9 Wie wichtig ist ein guter Arbeitsplatz? Nahezu jeder ist der Meinung, dass die Qualität des Homeoffice maßgebend für ein effizientes Arbeiten sei. Mehr als vier Fünftel stimmten der Aussage „Ein gutes Homeoffice trägt zu einer besseren Arbeitsleistung bei“ zu, und 71 Prozent finden, dass ein gutes Homeoffice zu höherer Zufriedenheit mit der Arbeit führt.
10 Wie erholen sich die Studenten im Homeoffice? Ein Problem kann werden, dass Arbeits- und Privatbereiche nicht mehr getrennt sind. Vielleicht ist auch dadurch die hohe Zahl der Studenten zu erklären, die in ihrer freien Zeit spazieren gehen (fast 80 Prozent). Ganz vorn auf der Liste der Entspannungstätigkeiten stehen auch Chatten oder SMS schreiben (82 Prozent), essen, trinken oder kochen (77 Prozent), Social Media Plattformen nutzen (76 Prozent), Musik hören (76 Prozent), im Internet surfen (68 Prozent), gefolgt von Fernsehen gucken oder Radio hören, telefonieren, aufräumen, lesen oder spielen.
11 Wie bewerten Studenten die Corona-Maßnahmen? Bei der Betrachtung der Antworten muss man beachten, dass die Erhebung im vergangenen Jahr gemacht wurde – heute sähe vielleicht manches anders aus. Damals hielten 83 Prozent die Beschränkungen wie Mund-Nase-Bedeckungen, Abstandsregelungen und Kontaktbeschränkungen für notwendig. Die Wichtigkeit der Beschränkungen wurde von den Teilnehmenden mit Quarantäneerfahrung und denen, die bereits infiziert waren, noch höher eingeschätzt.