Der 54-jährige Milchbauer mit Betrieb in Vallendar ist seit Februar der neue Vorsitzende des Bauern- und Winzerverbandes Mayen-Koblenz. Zusammen mit seinem Vorstand bemüht er sich in einer seiner ersten Amtshandlungen daher um mehr sichtbare Aufklärung der Bevölkerung: Gut 50 Infotafeln wurden im gesamten Kreisgebiet an prägnanten Punkten aufgestellt, um Spaziergänger an den Wiesen- und Feldrändern über die örtlichen Feldfrüchte zu informieren. „Wir haben irgendwann nicht mehr geschafft, die junge Generation mitzunehmen“ – dies soll sich nun sukzessive ändern, verspricht Wolfgang Karbaum.
In Andernach nahe der Bundesstraße B 9, wo die 32-jährige Carina Dünchem zusammen mit ihrem Vater Ackerbau betreibt, verrät eines der besagten Schilder zum Beispiel Wissenswertes über eine der ältesten Kulturgetreidesorten Europas, die Gerste. Auch Dünchem, die auf Instagram den Blog „Lebe, Liebe, Landwirtschaft“ betreibt, sieht einen klaren Nachholbedarf im Hinblick auf die Öffentlichkeitsarbeit der heimischen Landwirte. „Ich habe gemerkt, dass die Landwirtschaft so weit weg von den Menschen ist und keiner mehr weiß, wo unser Essen herkommt, und warum wir nun mal bestimmte Sachen auf unseren Feldern tun müssen.“ So erklärt Dünchem ihre Motivation, mit der sie sich Anfang des Jahres ebenfalls in den Vorstand des Verbandes hat wählen lassen. „Man kann sich nicht immer nur beschweren, man muss auch mal handeln, wenn man etwas bewegen will.“
An einem Thema kommen sowohl Karbaum als auch Dünchem beim Fototermin im Grünen nicht vorbei: dem Ausblick auf die anstehende Ernte. „Alle Sommergetreidearten haben es in diesem Jahr sehr schwer, aufgrund der Trockenheit der vergangenen Monate konnten die gar nicht richtig auflaufen. Ähnlich sieht das Bild bei den Zuckerrüben aus“, sagt der Vorsitzende. Der Regen der vergangenen Tage sei teilweise schon zu spät gekommen, bestätigt Dünchem, er werde die Trockenheit während der Hauptwachstumsphase zwischen März und Mai nicht mehr ausgleichen können. Etwas besser ist es zum Glück um die Wintergerste bestellt. Diese habe noch vom etwas nasseren Herbst 2019 profitieren können.
Karbaums Getreide-Prognose: Er rechnet mit einem Ernteertrag unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. Weil die Hauptanbaugebiete Kasachstan und Russland den regionalen Ausfall im Kreis Mayen-Koblenz jedoch kompensieren und den Getreidepreis am Weltmarkt somit stabil halten werden, erklärt Kreisgeschäftsführer Knut Schubert, werden schlechtere Hektarerträge aufseiten der heimischen Bauern verbleiben, am Ende also weniger Einnahmen stehen.
Bei den Kartoffeln sei noch kein abschließendes Urteil möglich. „Vielerorts werden Kartoffeln ja mittlerweile zusätzlich beregnet. Wo das nicht passiert ist, werden die frühen Kartoffeln leiden, für die späten kann das jetzige Wasser aber durchaus noch rechtzeitig kommen“, so Karbaum. Ein anderes Problem mit der Frühjahrstrockenheit ist der ausbleibende Futterbau. „Es werden jährlich mehrere Schnitte geerntet. Der erste Schnitt ist wegen der Frühjahrstrockenheit sehr mäßig ausgefallen. Sowohl für die Silagen als auch wie beim Heu“, berichtet Schubert. Teilweise seien lediglich Erträge von unter 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zustande gekommen. „Wir rechnen damit, dass auf das Jahr gesehen ein ganzer Schnitt weniger zustande kommt und die Betriebe für ihr Vieh nicht ausreichend Grundfutter haben und zukaufen müssen. Eventuell müssen auch Bestände reduziert werden.“