Werkzeug, Kühlschränke, Fässer: Besichtigung mit Freibier lockt Geschäftsleute und Neugierige
Auktion bei der insolventen Koblenzer Brauerei: Geschäftsleute auf der Jagd nach Fässern, Bierwagen und mehr
Die großen Kupferhauben im Sudhaus der Brauerei.
Kevin Rühle

Die Onlineversteigerung des Inventars der insolventen Koblenzer Brauerei ist in vollem Gange. Bei einer Auktionsbesichtigung nutzten Geschäftsleute, Schnäppchenjäger und Neugierige nun die Gelegenheit, die zum Verkauf stehenden Werkzeuge, Bierwagen, Tanks und Co. in der stillgelegten Brauerei genauer anzuschauen - 360 Posten stehen insgesamt zur Versteigerung bereit. Das Ziel der Auktion ist klar: Bis zum letzten Bierfass muss alles raus.

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Bierwagen stehen ausschankbereit in Reihe. Auf dem Dach eines gelben leuchten Partylichter erst grün, dann pink, dann rot, dann wieder grün. Es gibt sogar Freibier, Koblenzer. Lady Gaga's und Bradley Coopers Song „Shallow“ hallt durch die alte Lagerhalle. Männer stehen an den Biertresen. Manche begutachten die frisch geputzte Zapfanlage, drehen an Hähnen und schauen, ob alles funktioniert. Sie wollen kein Bier, sie wollen den ganzen Wagen. Denn alles muss raus aus der insolventen Koblenzer Brauerei. Der Besichtigungstermin zur Online-Auktion lockt viele Interessenten auf das Brauereigelände im Süden der Stadt.

Die Auktion des Brauerei-Inventars ist der bittere Ausdruck einer neuen Realität, die seit Februar herrscht: Am Königsbach wird nach Jahrhunderten kein Bier mehr gebraut. Im Februar stellte die insolvente Koblenzer Brauerei ihren Betrieb ein. Durch die Auktion soll noch so viel Insolvenzmasse wie möglich zu Geld gemacht werden. Es wird dringend gebraucht, um etwa die Auslaufgehälter der freigestellten Mitarbeiter zahlen zu können.

Die Ausschankwagen von Koblenzer stehen zum Verkauf.
Kevin Rühle

Versteigerung läuft bis zum 2. April

Mehr als 360 Posten werden bei der Auktion versteigert. Bereits seit Ende Februar und noch bis zum 2. April können online Gebote abgegeben werden.

Männer mit Aktenordnern in der Hand beugen sich unter einen Kühlanhänger, der vor der Lagerhalle steht, öffnen die Hintertür, schreiben Notizen. Von allen Perspektiven werden Fotos gemacht. In der Lagerhalle der Brauerei lehnen Dutzende Leitern an der Wand. Bohrmaschinen und Winkelschleifer liegen auf Tischen aus, Hochdruckreiniger, Elektroameisen und Industriestaubsauger reihen sich aneinander. Sie alle stehen zum Verkauf.

Beliebte Stücke der Auktion: die Hubwagen und Sackkarren in der großen Lagerhalle.
Kevin Rühle

Interessenten aus der Getränkeindustrie sind von überallher angereist, aus NRW, aus dem Saarland und Hessen. Sie hoffen auf Schnäppchen für ihre Betriebe. Der Niedergang der einen ist die Chance für die anderen.

Aber nicht alles, was in der halbdunklen Lagerhalle an jenem Tag herumsteht, steht auch zum Verkauf. Hinter den vielen Hubwagen, auf die im Internet schon vor dem Besichtigungstermin fleißig geboten wurde, stehen in Stretchfolie eingewickelte Paletten mit Koblenzer Bräu. Das Etikett und das Flaschendesign sehen ungewöhnlich aus. Der Flaschenrücken ist vollgeschrieben mit asiatischen Schriftzeichen. Offensichtlich war diese Palette Bier für den asiatischen Markt gedacht und sollte einst mal in den fernen Osten schiffen, allerdings wohl schon vor langer Zeit, denn: Laut Mindesthaltbarkeitsdatum sind die Flaschen am im Jahr 2020 abgelaufen.

Diese Flasche Bräu war wohl ursprünglich für den asiatischen Markt produziert.
Kevin Rühle

Im Sudhaus der Brauerei riecht es nach modrigem Wasser. Die petrol-farbigen Fliesen an der Wand glänzen im Licht, das durch die schräge Fensterfront scheint. In diesem Raum steht das wohl bekannteste Brauerei-Inventar: die drei großen Kupferhauben für die Maische- und Würzebottiche. Zwei Männer – offenbar interessierte Käufer – umrunden die Kessel mit Adleraugen. An manchen Stellen ist das Kupfer angelaufen. Im mittleren Metallkessel tropft ein Wasserschlauch vor sich hin. Es plätschert wie in einer Tropfsteinhöhle. Bei 8000 Euro liegt der Startpreis für die Kupferhauben. Bisher hielt sich das Interesse an ihnen in Grenzen: Nur einmal wurde für sie bis zum Besichtigungstermin geboten.

Die große Lagerhalle füllt sich mit Menschen. Vor allem die Ausschankwagen und Kühlanhänger ziehen die Blicke auf sich. Sie sind begehrt. Online herrscht ein eifriges Wettbieten. Von ihren Startpreisen haben sich die meisten weit entfernt. Der große gelbe Anhänger mit den Partylichtern ist dem Höchstbietenden mittlerweile 10.000 Euro wert.

Auch für die Elektroameisen wird fleißig geboten.
Kevin Rühle

Direkt neben ihm steht ein Ausschankwagen, bei dem eine Kühltruhe im Preis inbegriffen ist, der Symbolcharakter hat. Getränkemarken zieren seine Seiten. Auf der langen steht „Koblenzer“, die kurze schmückt der Schriftzug von „Rhenser“. Im Februar kaufte der regionale Getränkehersteller die Markenrechte von Koblenzer. Kürzlich stellte Rhenser die neuen Etiketten der Biersorten vor und verkündete: Koblenzer wird künftig in Krefeld gebraut.

Gunther Gorgs läuft mit etwas Wehmut durch die Halle. „Königsbacher war immer eine Institution“, sagt der Mann aus Kobern-Gondorf. Er ist nicht als Geschäftsmann hier. Für den privaten Gebrauch interessiert er sich für einen Hubwagen und einen Plasmaschneider. Außerdem wolle er „einfach mal schauen“, sagt er und ergänzt: „Man sieht den Leuten direkt an, ob sie hier sind, weil sie etwas kaufen wollen oder ob sie einfach nur neugierig sind.“

Kühltruhe mit Symbolcharakter: Rhenser hat die Markenrechte von Koblenzer gekauft.
Kevin Rühle

Einer anderen Frau und ihrem Mann steht die Neugier ins Gesicht geschrieben. Auch sie sind als Privatleute hergekommen. Wie das mit der Brauerei zu Ende ging, finden die beiden „schon traurig“. Von der Auktion erhoffen sie sich, vielleicht ein schönes Erinnerungsstück zu ergattern. Eins haben sie schon im Blick: ein knallrotes 5000-Liter-Fass mit „Koblenzer“-Schriftzug. Der Startpreis liegt bei 800 Euro. Was die beiden damit vorhaben? Wissen sie selbst noch nicht genau, „aber vielleicht was für den Garten“. Es wäre ein besonders großes Bekenntnis zu ihrem geliebten Bier. Aus den Boxen dröhnt derweil noch immer Musik. Sie könnte kaum besser passen. Meat Loaf singt seinen Klassiker: „Oh, I would do anything for love …“.

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