Urteil in Koblenz
Amtsgericht stellt Verfahren gegen Klimakleber ein
Auf dem Friedrich-Ebert-Ring festgeklebt: Vier Klimaaktivisten der Letzten Generation blockierten am 14. Juli 2023 den Verkehr in Koblenz. Dafür mussten sie sich jetzt vor dem Amtsgericht verantworten.
Doris Schneider (Archiv)

Vor gut zwei Jahren hatten sich Klimaaktivisten auf dem Friedrich-Ebert-Ring festgeklebt, um den Verkehr zu blockieren. Nun mussten sie sich wegen Nötigung vor dem Amtsgericht Koblenz verantworten. 

Lesezeit 3 Minuten

Schwer wogen die Vorwürfe wegen Nötigung gegen vier Klimaaktivisten der ehemaligen Letzten Generation, groß waren die Schutzvorkehrungen im Amtsgericht Koblenz mit gleich zwei Sicherheitsschleusen und einem Sitzungssaal mit Panzerglas vor den Fenstern, doch am Ende standen die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit und die deutliche Erleichterung bei den Angeklagten.

Worum ging es? Am 14. Juli 2023 hatten sich am frühen Morgen drei Mitglieder der Letzten Generation auf dem Friedrich-Ebert-Ring in Koblenz festgeklebt, zwei weitere hatten sich zudem auf die Straße gesetzt und so den Verkehr blockiert. Rasch bildete sich damals auf einer der Koblenzer Hauptverkehrsachsen ein langer Stau. Die Polizei löste die Blockade schließlich auf, erst nach zweieinhalb Stunden konnte die Straße wieder freigegeben werden. Vier dieser Blockierer mussten sich dafür vor dem Amtsgericht verantworten.

Vier Klimaaktivisten (von links) mussten sich wegen einer Protestaktion vom Sommer 2023 in Koblenz, bei der sie eine Straße blockierten, vor dem Amtsgericht verantworten. Doch am Ende wurde das Verfahren eingestellt.
Junker Dieter

Dabei räumten die Klimaaktivisten im Alter von 31 bis 60 Jahren ein, dass sie die Straße blockiert hätten, bestritten aber entschieden, dass sie damit rechtswidrig gehandelt hätten. Vielmehr hätten sie am zweiten Jahrestag der Ahrflut-Katastrophe und an einem der heißesten Tage der Erdgeschichte angesichts einer drohenden Klimakatastrophe und der Ignoranz der Bundesregierung vor dem Klimawandel ein deutliches Zeichen setzen wollen, betonten alle vier Angeklagten. Demonstrationen, Petitionen oder Wahlen hätten nichts geändert, daher sei ziviler Ungehorsam für die Letzte Generation das einzige Mittel gewesen, um Aufmerksamkeit zu erzielen und das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen.

„Wir mussten dem ewigen ,Weiter so‘ etwas entgegensetzen, wir sahen keine andere Möglichkeit als einen solchen Protest“, unterstrich Dirk Steinbrenner, einer der vier Angeklagten. Und Emil Unrath, ein weiterer Aktivist, betonte: „Mein Protest ist nicht verwerflich, ich habe ihn für notwendig gehalten. Denn nichts, was bisher getan wurde, ist genug, um den Klimawandel zu stoppen.“ Sicher seien diese Aktionen für viele irritierend gewesen, so eine weitere Angeklagte. Doch weltfremd sei für sie mehr das Niedermachen dieses Protestes und das lächerlich machen der Aktivisten gewesen, gab sie zu bedenken. Ihr sei es um eine Unterbrechung der normalen und gleichzeitig völlig verrückten Zerstörung der Welt gegangen.

Die Polizei löste die Blockade auf. Erst nach zweieinhalb Stunden konnte der Friedrich-Ebert-Ring wieder für den Verkehr freigegeben werden.
Doris Schneider

Für die Staatsanwaltschaft stellte sich das Ganze dagegen als Nötigung dar. Die Aktivisten hätten bewusst im morgendlichen Berufsverkehr die Hauptverkehrsachse der Stadt blockiert. Zudem hätte ein Rettungsfahrzeug zeitliche Verzögerungen für einen Einsatz hinnehmen müssen, auch wenn die Blockierer eine Rettungsgasse vorgesehen hatten. Und die Straße sei für zweieinhalb Stunden gesperrt gewesen, hieß es in der Anklageschrift. 

Diesem Vorwurf widersprachen die Verteidiger vehement. „Die effektive Blockade hat lediglich 16 Minuten gedauert, danach war der Stau aufgelöst, auch wenn die Straße dann noch nicht frei war“, machte Rechtsanwalt Christian Mertens (Köln) deutlich und verwies auf entsprechende Videoaufnahmen, die dem Gericht bisher nicht bekannt waren, und die die Geringfügigkeit der Blockade verdeutlichen würden. Und Verteidigerin Anna Busl (Bonn) betonte: „Diese Aktion hatte keine großen Folgen für den Verkehr, wohl aber für die Angeklagten. Denn sie wurden rund acht Stunden in Gewahrsam genommen, ohne dass sie etwas zu trinken bekamen oder dass auf Notrufsignale reagiert wurde. Das muss auch berücksichtigt werden.“

Die Verteidiger beantragten daher die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit der Schuld der Angeklagten. Diesem Antrag folgten schließlich auch Richterin Lena Welker und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft angesichts der Videos und Bilder. Und sicher auch erfreulich für die vier Angeklagten: Sowohl die Verfahrenskosten als auch die notwendigen Auslagen werden von der Staatskasse übernommen.

Top-News aus der Region