Warum Herzinfarkte auch topfitte Fußballer gefährden - Koblenzer Kardiologe klärt auf
Am Beispiel Christian Eriksen: Koblenzer Kardiologe erklärt, warum Herzinfarkte auch Fußballer gefährden
Euro 2024: Slowenien - Dänemark
Christian Eriksen
dpa/picture-alliance/Tom Weller. picture alliance/dpa

Wenn die Nationalmannschaft am Samstagabend auf Dänemark trifft, wird wohl auch Christian Eriksen mit auf dem Platz stehen. Der Däne ist nicht nur als Mittelfeldstar bekannt, sondern auch, weil er während der EM 2021 mit einem Herzstillstand fast gestorben wäre. Gegen Herzkrankheiten bei Fußballern setzt sich der Koblenzer Kardiologe Christoph Bickel ein. Im Gespräch mit der Rhein-Zeitung spricht er über Eriksen, Herzprobleme beim Kick und darüber, was der Fußballverband dagegen unternimmt.

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Gegen Herzkrankheiten bei Fußballern setzt sich der Koblenzer Kardiologe Christoph Bickel (65) ein. Im Gespräch mit der Rhein-Zeitung spricht er über Eriksen, Herzprobleme beim Kick und darüber, was der Fußballverband dagegen unternimmt.

Herr Bickel, wie kamen Sie dazu, sich mit dem Thema Herzinfarkten bei Fußballspielern auseinanderzusetzen?

Als Kardiologie ist mir der Kampf gegen den plötzlichen Herztod ohnehin sehr wichtig. 2021 hatte ich dann mit einem Notfall zu tun, der mich sehr beschäftigt hat. Ein 48 Jahre alter Fußballer ist in Urbar während eines Spiels auf dem Platz mit Herzkammerflimmern zusammengebrochen. Nur dank der Reanimation zweier Ersthelfer hat er überlebt, heute geht es ihm zum Glück wieder gut.

Der Fall erinnert an den des dänischen Fußballspielers Christian Eriksen, der am Abend vermutlich gegen Deutschland im Achtelfinale der Europameisterschaft auf dem Platz stehen wird. Eriksen hatte während der EM 2021 einen Herzstillstand erlitten ...

… ja, das hat sich nur wenige Wochen vor dem Vorfall in Urbar ereignet.

Im ersten Moment verwundern solche Fälle: Es geht doch um Sportler, die körperlich topfit sind. Da denkt man nicht an einen Herzinfarkt, oder?

Bei jungen Spitzensportlern wie Eriksen kann eine angeborene Abnormität, etwa eine Herzmuskelerkrankung, eine Rolle spielen – die vielleicht unentdeckt bleibt, aber das Risiko für Herzrhythmusstörungen, die zum Stillstand führen, steigert. Hinzu kommt, dass die körperlichen Belastungen im Spitzensport natürlich enorm sein können. Und: Wenn man intensiv Sport treibt und – was ich natürlich im Einzelfall nicht bewerten kann – auch damit weiter macht, wenn ein Infekt nicht richtig auskuriert wird, besteht die Möglichkeit, dass sich eine Herzmuskelentzündung entwickelt. So steigt im Nachgang das Risiko für gefährliche Rhythmusstörungen.

Eriksen steht heute wieder auf dem Platz und betreibt Sport auf Spitzenniveau. Ist das empfehlenswert?

Christian Eriksen trägt heute einen kleinen miniaturisierten Defibrillator in sich, der Stromstöße abgibt, wenn Kammerflimmern auftritt. Das sichert seine Herzgesundheit ab. Zudem wird sein Gesundheitszustand natürlich intensiv beobachtet. Also ja: Da spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, wieder international zu kicken.

Euro 2024: Slowenien - Dänemark
Christian Eriksen
dpa/picture-alliance/Tom Weller. picture alliance/dpa

Generell handelt es sich, egal ob es um Spitzen- oder Breitensportler geht, immer um eine Individualentscheidung des behandelnden Arztes, der den körperlichen Zustand und Vorerkrankungen bewerten muss, um daraus abzuleiten, wie viel und welcher Sport angemessen ist. Grundsätzlich darf man außerdem eines nicht vergessen: Sport und Bewegung tun dem Herzen in der Regel gut.

Sie sind mittlerweile pensioniert, unterstützen aber nun den Fußballverband Rheinland dabei, Fußballer unter anderem besser vor dem plötzlichen Herztod zu bewahren....

Der Fußballverband Rheinland hat gemeinsam mit seiner Stiftung, der Deutschen Herzstiftung und der Björn-Steiger-Stiftung, 100 Defibrillatoren für insgesamt rund 400.000 Euro erworben und an Fußballplätzen in seinem Gebiet zur Hälfte bereits angebracht, bei einem kleinen Eigenanteil der Vereine. Ich selbst helfe neben vielem anderen auch bei der Wissensvermittlung und bei der Ausbildung mit, denn die Geräte müssen ja auch bedient werden können. Die Aktion des Fußballverbandes Rheinland stellt einen großen Beitrag zum Schutz von Menschen gegen den plötzlichen Herztod dar. An Fußballplätzen ist dies aus einem weiteren Grund als den genannten besonders sinnvoll – diese sind oft etwas außerhalb gelegen, sodass Rettungskräfte mitunter länger brauchen.

In der Kommission Fußball und Gesundheit des Fußballverbandes Rheinland wurde unter Federführung des Sportmediziners Dieter Leyk ein einfacher Test entwickelt, der zeigt, ob eine sportmedizinische Untersuchung empfohlen wird. Der Link: https://kurzlinks.de/rz-sgc

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