Es ist selbst für Steuerexperten ein komplexer Fall, für Laien ist er im Detail fast nicht zu durchschauen. Die Folgen zeigen aber offensichtlich, dass hier etwas schiefgelaufen ist. Insgesamt mehr als 1,95 Millionen Euro Steuern muss die Stadt nachzahlen. Und zwar so schnell wie möglich. Verknüpft ist dieser ärgerliche Vorgang mit dem Namen der Koblenz-Touristik. Und das, obwohl sie eigentlich gar nichts damit zu tun hat. Sie hat nichts falsch gemacht, im Gegenteil: Aus Kreisen der Stadt hört man, dass es noch nie eine erfolgreichere Zeit in der Geschichte der Touristik gab. Was aber ist hier schiefgelaufen?
Umstrukturierung soll Steuervorteile bringen
Die Geschichte beginnt vor rund sechs Jahren. Januar 2018: Der städtische Eigenbetrieb Koblenz-Touristik in seiner ursprünglichen Form ist Geschichte. Er wurde aufgeteilt, und zwar in zwei Unternehmen: die Koblenz-Touristik GmbH und den Eigenbetrieb Rhein-Mosel-Halle. Die Aufspaltung war aufwendig und komplex, doch ihr Nutzen unverkennbar. „Entsprechend den seinerzeitigen Berechnungen und in Abhängigkeit des jeweiligen (jährlichen) wirtschaftlichen Ergebnisses des Betriebes wurden jährlich steuerliche Vorteile von rund 600.000 Euro prognostiziert“, erklärt die Stadt auf Nachfrage.
Hinzu kommt, dass durch die Neuorganisation Steuervolumen im unteren zweistelligen Millionenbereich vermieden werden sollten. „Die seinerzeitige Konstruktion wurde an sich von der Betriebsprüfung der Finanzverwaltung eindeutig akzeptiert“, betont die Stadt heute. Das Finanzamt sicherte ihr zu, dass die neue Struktur den gewünschten steuerlichen Effekt erzielt. Doch es folgte ein großes Aber.
Dezember 2019: Ein Urteil des Bundesfinanzhofes mischt die Karten neu. Mit Folgen für die Betriebsaufspaltung in Koblenz, die man heruntergebrochen so zusammenfassen kann: Weil sich durch das Urteil die Rechtsprechung in Bezug auf das Betriebsmodell geändert hat, hob das Finanzamt seine verbindliche Auskunft teilweise wieder auf. „Dies war zum Zeitpunkt der Umstrukturierung in keiner Weise absehbar“, betont die Stadt. An der Tatsache, dass ihr dadurch nun doch Zahlungen in Millionenhöhe drohten, änderte das allerdings nichts.
Um zumindest die zweistelligen Millionensummen zu umgehen, nahm die Stadt Anpassungen an der Aufgabenverteilung zwischen der Koblenz-Touristik GmbH und dem Eigenbetrieb Rhein-Mosel-Halle vor. Wieder holte sie sich eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt ein, abermals mit Erfolg. Doch der währte nur kurz, weil das Finanzamt in Koblenz und die nächsthöhere Instanz, das Landesamt für Finanzen, unterschiedlicher Auffassung waren. Während das Amt am Ort keine Probleme in der angepassten Struktur sah, entsprach diese aus Sicht der Landesfinanzverwaltung nicht den Vorgaben, um gewisse Steuervorteile zu erhalten. Letztlich entschied die Hierarchie, wessen Meinung mehr wog. Das Finanzamt hob deshalb auch die zweite verbindliche Auskunft in Teilen wieder auf.
Erhebliche Konsequenzen
Die Konsequenzen für die Stadt sind dadurch groß. Ihr stehen jetzt nicht nur Nachzahlungen in Höhe von rund 1,95 Millionen Euro bevor, sondern sie rechnet auch mit einer zusätzlichen Steuerlast von jährlich rund 400.000 Euro. Das sind immer noch 200.000 Euro Steuern weniger, als der Eigenbetrieb Koblenz-Touristik vor der Aufspaltung hätte zahlen müssen. Trotzdem ist der Fall insbesondere für die Kämmerei der Stadt mehr als ärgerlich und mit einem Riesenaufwand verbunden.
Will die Verwaltung nicht auch noch Säumniszuschläge draufzahlen, muss sie das Geld so schnell wie möglich überweisen. Der Stadtrat stimmte in seiner letzten Sitzung den Nachzahlungen widerwillig zu. Parteiübergreifend war der Unmut, dass der eingeschlagene, „sehr komplizierte“ Weg doch nicht die erhofften Vorteile bringt, groß. Die eine Seite wisse doch nicht, was die andere mache, kritisierte etwa Ratsmitglied Christian Altmaier (Freie Wähler) in Richtung Landesfinanzverwaltung. Oberbürgermeister David Langner sprach von einer „äußerst misslichen Situation“, die man „in keinster Weise begrüße“.
Die Verwaltung kündigte an, Einspruch gegen die nun erforderliche Anmeldung der Kapitalertragssteuer einzulegen. Ein Rechtsstreit könnte sich über Jahre ziehen. „Es bleibt abzuwarten, wie lange das Verfahren vor den Finanzgerichten dauert“, schreibt die Stadt.
Ob sie die Struktur der Koblenz-Touristik GmbH und des Eigenbetrieb Rhein-Mosel-Halle ein weiteres Mal anpassen wird, bleibt abzuwarten. Optionen werden zumindest geprüft, die Stadt sagt aber auch: „Es ist zum derzeitigen Kenntnisstand sehr wahrscheinlich davon auszugehen, dass die bestehende Struktur bereits die sinnvollste und auch vorteilhafteste Lösung darstellt.“ Unklar ist auch: Wird das Urteil des Bundesfinanzhofes ähnliche Auswirkungen auf die anderen Eigenbetriebe der Stadt haben? Davon geht man in der Verwaltung nicht aus. „Nach derzeitigem Kenntnisstand sind innerhalb des Konzerns Stadt nur der Eigenbetrieb Rhein-Mosel-Halle und die Koblenz-Touristik GmbH vom Urteil des Bundesfinanzhofs betroffen“, äußert sich die Verwaltung gegenüber unserer Zeitung.