Zwischen Resignation und Hoffnung: Fraktionen und Eigentümer wollen Gebäude beleben
Zwischen Resignation und Hoffnung: Andernacher Stadtrat diskutiert über „Siff-Bahnhof“
Eine Belebung des Bahnhofsgebäudes wünschen sich alle Beteiligten in der Hoffnung, dass diese ungebetene Gäste abschreckt, die dort ihre Zerstörungswut abreagieren.
Martina Koch

Andernach. Der Andernacher Stadtrat beschäftigte sich in seiner jüngsten Sitzung mit dem schlechten Zustand des Bahnhofs – mal wieder. Denn das Gebäude gilt aufgrund der immer wieder auftretenden starken Verunreinigungen und des dadurch entstehenden Gestanks bereits seit vielen Jahren als Schandfleck.

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„Wir haben uns jahrelang an dem Thema abgearbeitet und haben nichts erreicht“, fasste SPD-Fraktionsvorsitzender Jens Groh die Situation ernüchtert zusammen. „Ich glaube nicht, dass wir auf Dauer eine Lösung hinkriegen“, zeigte sich auch Hartmut Dressel (FWG) desillusioniert.

Nichtsdestotrotz präsentierten die Ratsmitglieder einmal mehr ihre Vorschläge für eine Verbesserung der Situation. Und: Erstmals äußerte sich auch der Eigentümer des Bahnhofgebäudes, Philipp Krause, in einer Sitzungsunterbrechung öffentlich zur aktuellen Lage und seinen Plänen für die Entwicklung des Gebäudes.

Das beantragt die FWG: Die FWG hatte einen Antrag mit mehreren Punkten formuliert, in dem sie unter anderem fordert, die Stadt solle zu einem Runden Tisch mit den Ansprechpartnern der Bahn sowie dem Eigentümer des Bahnhofsgebäudes einladen, um sich darüber auszutauschen, was in Sachen Reinigung und Sanierung des Gebäudes geplant ist. Außerdem solle man prüfen, ob städtische Einrichtungen hinzugezogen werden könnten, um die Sauberkeit des Bahnhofs zu verbessern, und ob städtisches Ordnungsamt und Polizei gemeinsame Kontrollen durchführen könnten, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Das fordert die SPD: Seitens der SPD glaubt man nicht daran, dass der von der FWG beantragte Runde Tisch etwas an der Situation ändert. Zwar sei man gern bereit, Bahn und Eigentümer dabei zu unterstützen, wenn diese Maßnahmen ergreifen, die zu einer Belebung des Gebäudes führten.

„Wir haben uns jahrelang an dem Thema abgearbeitet und haben nichts erreicht.“

SPD-Fraktionsvorsitzender Jens Groh

Da sich in dieser Hinsicht in den vergangenen Jahren nichts bewegt habe, könne man es sich inzwischen aber auch vorstellen, eine alternative Zuwegung zu den Gleisen zu schaffen, die es ermöglicht, das Bahnhofsgebäude zu umgehen. Einen Zugang vom Parkplatz am Gesundheitsamt zu Gleis 1 gibt es bereits, nun solle man prüfen, inwieweit auch am Kurfürstendamm eine Rampe oder Treppe errichtet werden kann, über die die Reisenden zum Bahnsteig gelangen.

Diese Vorschläge haben die Grünen: Grünen-Fraktionsvorsitzender Christoph Henrichsen rechnet nicht damit, dass ein solcher Zugang – zumal dieser barrierefrei sein müsste – umsetzbar ist. Auch der Antrag der FWG stieß bei Henrichsen auf wenig Gegenliebe: „Ich vermisse neue Ideen.“ Er selbst skizzierte ein Konzept aus sechs Bausteinen: Man solle bei der Bahn darauf drängen, dass Empfangshalle und Zuwegungen fünfmal pro Woche gereinigt werden, zudem sollten diese Bereiche kameraüberwacht werden. Die Bahnhofsgaststätte, in der der Verein Haxko einen sogenannten Hackerspace eingerichtet hat (Bericht folgt), könnte durch eine Kooperation der städtischen VHS mit dem Verein weiter belebt werden.

In dem leer stehenden Raum links des Eingangs ins Empfangsgebäude könnte eine Radstation entstehen, des Weiteren wäre eine Erweiterung der Radparkanlage auf dem Bahnhofsvorplatz wünschenswert. Die von den Bahnreisenden immer wieder geforderte öffentliche Toilette solle man mit städtischen Mitteln einrichten, regte Henrichsen an.

Das sagt die CDU: Johannes Ahsenmacher (CDU) schlug vor, den Bahnhof nicht isoliert zu betrachten, sondern das weitere Umfeld in den Blick zu nehmen – inklusive der Breiten Straße, deren Generalssanierung in wenigen Jahren ansteht. „Wir wollen das ganze Gebiet entwickeln, und dafür brauchen wir ein Konzept.“ Man solle überlegen, einen Verkehrsplaner mit einer entsprechenden Ausarbeitung zu beauftragen.

So sieht der Eigentümer des Gebäudes die Situation: Auch er als Eigentümer habe manchmal Probleme, die Ansprechpartner bei der Bahn zu erreichen, räumte Philipp Krause ein. Bei den Kaufverhandlungen sei ihm damals klar kommuniziert worden, dass die Sauberkeit des Empfangsgebäudes und der Gleiszuwegungen Sache der Bahn bleibt: „Da kann und soll ich nichts machen.“

Die Probleme, die der desolate Zustand dieser Bereiche mit sich zieht, bekomme er als Eigentümer selbst zu spüren: „Es gab leider sehr viel Vandalismus dieses Jahr.“ Neben den Türen und der Zuganzeige gingen dabei auch die Scheiben der Vitrine zu Bruch, die er selbst für Aushänge nutzt. Außerdem habe es in der jüngsten Vergangenheit gleich mehrere Einbrüche in den Bahnhofskiosk gegeben, zuletzt in der Nacht auf den 3. Oktober.

„Es gab leider sehr viel Vandalismus dieses Jahr.“

Philipp Krause, Bahnhofseigentümer

Nichtsdestotrotz gebe es aber auch positive Entwicklungen: Nach einigen Verzögerungen hält der Verein Haxko mehrmals im Monat Treffen im Bahnhof ab, die für eine Belebung sorgen. Seitens des Kioskbetreibers gab es den Vorschlag, in momentan ungenutzten Nebenräumen gemeinsam mit einem Partner wie beispielsweise Sanifair eine öffentliche Toilette einzurichten. Seitens der Bahn habe er erfahren, dass der Umbau des Bahnsteigs 1 im Frühjahr beginnen soll. Außerdem ist eine neue Beleuchtung für die Empfangshalle geplant.

Das Dach des Bahnhofsgebäudes wurde bei dem Hagelunwetter im Mai schwer beschädigt und ist seitdem mit einer Plane notdürftig abgedichtet. Er habe erste Gespräche mit einem Architekten geführt zu der Frage, ob man das Flach- durch ein Steildach ersetzen könne, um so eine zusätzliche Etage zu schaffen, berichtete Krause. Darüber wolle er auch mit der Stadt ins Gespräch kommen.

Wie es jetzt weitergeht: Momentan werden die Bereiche des Bahnhofs, die von den Reisenden genutzt werden, täglich gereinigt. Diese Regelung soll laut Bahn allerdings zum Januar auslaufen. Für Anfang Dezember habe man ein Gespräch mit Vertretern der Bahn terminiert, in dem man sich über alle drängenden Fragen austauschen wolle, kündigte Oberbürgermeister Achim Hütten an. Der Rat fasste zunächst den Beschluss, dass die Verwaltung die Vorschläge der Fraktionen auf ihre Machbarkeit prüfen solle.

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