Kultureller Förderkreis begeistert mit spitzfindigen Anekdoten und Liedern
Zuschauer sind begeistert: Großer Abend für Ettringer Mundartfans
Michael Lohr (links) und Achim Wilhelmy begeisterten das Publikum auch mit gemeinsamen Songs, so etwa mit dem neu arrangierten und auf Ettringen Platt vorgetragenen Gretchenlied.
Elvira Bell

Ettringen. Ein Hoch auf die Ettringer Mundart: Sie ist in der größten Vordereifelgemeinde en vogue und bereichert das Leben. Mit spitzfindigen Anekdoten stellten Olaf Kaltz, Achim Wilhelmy, Wolfgang Weidenbach und Michael Lohr auf Einladung des Kulturellen Förderkreis am Dienstagabend eindrucksvoll unter Beweis, dass die Ettringer Sprooch und die regionale Identität als erhaltenswertes Kulturgut zusammengehören.

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Es verbindet Menschen unabhängig von ihrer Stellung in der Gemeinschaft. Die Stöllsche (Geschichten) und musikalischen Liebeserklärungen an den Ort, vorgetragen im heimischen Dialekt – manchmal herb und dann wieder auch ein wenig hintersinnig – spiegeln das Lebensgefühl und die verschiedenen Charaktere der Menschen im Dorf wider. Nach der herzlichen Begrüßung durch Anja Müller, der Vorsitzenden des Kulturellen Förderkreises, präsentierten die vier Akteure einen flotten Begrüßungsrap mit der Botschaft: „Kaa Wort Huhdeutsch würt heut häi jeschwad. Mir verzellen on singen of Ettringe’ Platt. Mir fennen dat es de schönste Sprooch von de Welt.“

Ettringer Platt ist in seinen Möglichkeiten genauso komplex wie Latein und Altgriechisch und von seiner Grammatik her ebenfalls.

Michael Lohr

Im Anschluss weihte Michael Lohr – als Lehrer hat er Sprachwissenschaften studiert – die Besucher im voll besetzten Saal des Gemeindehauses in das Geheimnis der Sprache ein: „Ettringer Platt ist in seinen Möglichkeiten genauso komplex wie Latein und Altgriechisch und von seiner Grammatik her ebenfalls.“ Eine Sprache sterbe aus, „wenn sie nicht im Alltag benutzt wird“. Es gebe nur eine Möglichkeit, wie es mit einer Sprache bergab gehen könnte, räumte Lohr ein: „All ihre Sprecher sterben aus.“ Sie ließe sich nicht lenken und auch nicht gesetzlich regeln.

„Wer Dialekt pflegen will, muss ihn sprechen, im Alltag, bei jeder möglichen Gelegenheit und bei allem, was auszudrücken ist.“ Ein Abend reiche da bei Weitem nicht aus, um sich alte Geschichten zu erzählen und in verklärenden Erinnerungen zu schwelgen.

Mundartfans sind fasziniert

Auch was Michael Lohr gesanglich, von ihm am Keyboard begleitet, zum Besten gab, faszinierte die Mundartfans. Unter anderem präsentierte der Multiinstrumentalist und Sänger die „engeleje“ (englische) Lieder „Moondance“, „Rain Drops“ und Autumn Leaves“ übersetzt in feinstes Ettringer Platt.

Auch was Achim Wilhelmy mit einer Vielzahl an umgeschriebenen literarischen Texten, Liedern und Begebenheiten aus der Kiste seines umfangreichen Repertoires vortrug, begeisterte das Publikum hellauf. Einen seiner Songs widmete der poetische Familienvater und Opa auf pikante Art und Weise seiner Leibspeise, dem Döppekoche, mit dem Fazit: „Jeder glaubt, dass er das einzig richtige Rezept hat und andere keine Ahnung von der Zubereitung haben.“

Wie sehr die Heimatsprache ans Herz geht, vermittelte Wilhelmy voller Emotionen auch mit dem Lied „vom Hochsimmerturm“, der weder nach Kottem noch nach Mayen passt. Zur Einstimmung auf den Song hatte der Mundartakrobat die Zuhörer gedanklich nach Köln auf die Domplatte versetzt.

Wie der Friedhof zum Kommunikationszentrum wurde

Auf die Entwicklung des Friedhofs mit all seinen Bestattungsformen und wie dieser auf einmal zum Kommunikationszentrum der Ettringer geworden ist, ging Wolfgang Weidenbach in seinem bemerkenswerten Kirchhoffsleed „De Kirchhoff es de Mittelpunkt met vill Jespräch, Buhai“ und in den seinen erläuternden Worten ein.

Für das neue Kommunikationszentrum gebe es zwei Gründe. In seiner Jugendzeit habe es „en Ettring vier Bäckereie, vier Metzjereje on ungefähr zehn Kolonialwarenjeschäfte – su heeßen fröher de Lebensmittelgeschäfte – gegeben: „Met Vorliebe seien de Fraue on de Mötte jede Mettach kaafe jang.“ Oft jedoch, „net üm zu kaffe“, also nicht um zu kaufen, sondern „um annere Fraue zu träefe, um zu quassele“. Heute gebe es nur noch eine Bäckerei und eine Metzgerei.

Keine Häuser mehr, keine Geschäfte, keine Gespräche

Seit der Sanierung des Dorfmittelpunkts gibt es dort keine Häuser und keine Geschäfte mehr, folglich auch keine Gespräche. „On be et esn ess, hat sesch do owe ein Kirchhoffsrat – en Oberkirchhofsrentnerrat – jebildet.“ Auf die Spitznamen einzelner Ettringer Bürger, die oft über Generationen weitergegeben wurden, war Olaf Kaltz ausführlich eingegangen. Mit viel Liebe zum Detail hatte er eine Vielzahl von Spitznamen und ein paar Geschichten zusammengetragen: „Das Problem ist, wenn man nach dem Ursprung der Namen fragt, bekommt man von zwei Leuten mindestens drei verschiedene Meinungen.“

So war der Mundartkenner auf die alteingesessene Familie, der Dynastie Zäh eingegangen. Im Erfinden von Namen seien die Ettringer ziemlich raffiniert, so auch beim „Stehle-Kättese-Hennes“, beim „Höppe“ und auch beim „Sößje“. Nach mehr als zweieinhalb Stunden belohnte das Publikum die Mundartkünstler mit frenetischem Applaus, während Anja Müller und Anne Krämer-Wendel als Dank Präsente überreichten. Darüber hinaus bekam Olaf Kaltz – der Vorsitzende hat im Vorjahr das Staffelholz an Anja Müller weitergegeben – ein Weinpräsent.

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