Aussage des Zeugen, der die sterblichen Überreste des 53-jährigen Mediziners Steffen Braun entdeckt hat, birgt einige Überraschungen
Zeuge spricht über ermordeten Arzt aus Daun: „Die Gräser waren platt getreten und es roch nach Verwesung“
Absperrband der Polizei
In einem Waldstück nördlich von Rockeskyll in der Vulkaneifel wurden die sterblichen Überreste Steffen Brauns entdeckt. Foto: picture alliance/dpa/Sebastian Kahnert
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Der Fall des ermordeten Mediziners Steffen Braun sorgt weiter für Schlagzeilen: Jetzt hat erstmals der Zeuge vor Gericht ausgesagt, der die sterblichen Überreste des 53-Jährigen im vergangenen Jahr entdeckt hat. Was er zu erzählen hat, birgt einige Überraschungen.

Besser hätte sich auch ein Regisseur die Dramaturgie kaum ausdenken können: Nur einen Tag vor Ausstrahlung des bis kurz zuvor offiziell noch als Vermisstensache eingestuften Falls Steffen Braun in der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY ungelöst wurde der Leichnam des Mediziners entdeckt. Ein Spaziergänger habe die sterblichen Überreste in einem Waldstück nördlich von Rockeskyll in der Vulkaneifel gefunden, teilte die Trierer Polizei in einer Pressemitteilung mit.

Auf diesem Weg fand der damals 22-Jährige die sterblichen Überreste

Noch vor der Live-Sendung wurde der Leichnam obduziert – und dann stand zweifelsfrei fest: Der seit dem Jahreswechsel vermisste Orthopäde fiel einem Gewaltverbrechen zum Opfer. Knapp drei Monate später wurden die Verlobte des Mediziners, deren 16-jähriger Sohn und ein gleichaltriger Halbbruder verhaftet. Ihnen wird seit Mitte April vor dem Trierer Landgericht der Prozess gemacht. Das Trio soll auch den Leichnam Brauns in dem Waldstück vergraben haben.

In der Verhandlung sagte am Montag der Zeuge aus, der die sterblichen Überreste Steffen Brauns vor fast auf den Tag genau einem Jahr entdeckt hat. Danach war der heute 22-Jährige seinerzeit mitnichten als Spaziergänger in dem Vulkaneifeler Wäldchen unterwegs, wie die Polizei seinerzeit verlautbaren ließ. Vielmehr hatte der damals noch Auszubildende in den Medien von einer Suchaktion der Polizei bei Rockeskyll gehört. „Ich bin deshalb am nächsten Tag dahin gefahren, um mir das anzuschauen“, sagte der junge Mann am Montag vor Gericht. Dabei habe er tatsächlich eine Entdeckung gemacht und den teilweise aufgedeckten Leichnam entdeckt.

Warum suchten die Ermittler ausgerechnet das Waldstück ab?

Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Günther Köhler nach seiner Motivation sagte der 22-jährige Pflegefachmann: „Es gibt Menschen, die – wie ich – handlungsorientiert sind und sich ein eigenes Bild von der Lage machen wollen.“

Im Gespräch mit der Redaktion des Trierischen Volksfreunds sagte der junge Mann nach der eigentlichen Zeugenvernehmung, er habe an dem Tag seinen Rucksack genommen, Trinken und Essen eingepackt und sei dann zu dem etwa 20 Minuten Fahrzeit entfernten Waldstück gefahren, um sich an der Suche nach dem von den Ermittlern dort vermuteten Leichnam Brauns zu beteiligen.

Es gibt Menschen, die – wie ich – handlungsorientiert sind und sich ein eigenes Bild von der Lage machen wollen.

Der 22-Jährige beteiligte sich an der Suchaktion, stapfte kreuz und quer durch den Wald.

Warum die Trierer Mordermittler den Leichnam Brauns ausgerechnet dort vermuteten, ist unklar. Möglicherweise hatten sie bei einer Auswertung von Handydaten der damals schon Verdächtigen den Ort lokalisiert.

Der junge Pflegeschüler stapfte jedenfalls nach seinen Angaben am Nachmittag des 13. Juni „ohne konkreten Plan kreuz und quer durch den Wald“. Gegen 16.30 Uhr sei er eine Böschung hinuntergegangen und habe dann kurz vor einem Feldweg den „teilweise aufgedeckten Leichnam“ entdeckt. Genau gesagt handelte es sich um den Schädel des getöteten Mediziners und einen größeren Knochen. Daneben fand der junge Mann, der nichts gegen die Bezeichnung „Hobby-Kriminalist“ einzuwenden hat, noch ein Kleidungsetikett und ein Fetzen einer blauen Hose.

Die Gräser waren platt getreten und es roch nach Verwesung.

Der Zeuge fand in der Nähe Spuren der Suchaktion.

Er machte ein Foto der Szenerie, schickte es übers Handy an eine Freundin und rief erst seine Mutter und dann die Polizei an. Die hätten womöglich erst einmal vermutet, „das ich vielleicht etwas mit der Sache zu tun haben könnte“, sagte der Pfleger, der anonym bleiben möchte, im Gespräch mit unserer Redaktion. Dass dem nicht so ist, hat sich natürlich rasch herausgestellt.

Dem 22-Jährigen ist allerdings bis heute nicht klar, wie er selbst innerhalb einer Stunde etwas entdecken konnte, nachdem Bereitschaftspolizisten zwei Tage vergeblich gesucht hätten. „Ganz in der Nähe des Fundorts waren noch Spuren der Suchaktion zu sehen“, sagt er unserer Redaktion, „die Gräser waren platt getreten und es roch nach Verwesung“. Er habe sich „schon sehr gewundert, dass die nicht erfolgreich waren“.

Zeuge sieht Parallelen zu Fall Tanja Gräff

Das Ganze erinnere ihn an den Fall Tanja Gräff, so der Zeuge. Die 21-jährige Trierer Studentin verschwand im Juni 2007 spurlos nach dem Besuch des Sommerfests der Hochschule. Ihre sterblichen Überreste wurden erst acht Jahre später bei Rodungsarbeiten entdeckt – an einem Felsen unweit der Hochschule. Unmittelbar nach dem Verschwinden der Studentin hatten Hundertschaften der Polizei das Gelände mehrfach vergeblich abgesucht. Schon damals gab es auch Kritik an der Arbeit der Ermittler.

Zurück zum Fall Steffen Braun. Für Hinweise, die zur Klärung des Verbrechens und zur Ergreifung des Täters führen, hatte die Staatsanwaltschaft seinerzeit eine Belohnung von 5000 Euro ausgesetzt. Der ganze Betrag oder zumindest ein Teil davon könnte dem Entdecker der sterblichen Überreste zustehen. Darauf hatte auch eine der Ermittlerinnen im Fall Braun den 22-Jährigen aufmerksam gemacht, wie der Zeuge jetzt vor Gericht sagte. Einen entsprechenden Antrag bei der Staatsanwaltschaft hat der Pfleger nach eigenen Angaben jedenfalls schon mal gestellt. Bis darüber entschieden werde, müsse allerdings zunächst ein rechtskräftiges Urteil vorliegen, wie der Leitende Oberstaatsanwalt Peter Fritzen vor einiger Zeit unserer Redaktion sagte.

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