Die erste Zeit mit Baby und Kleinkind ist sehr spannend und bringt viel Neues mit sich. Häufig kommen Eltern aber auch in Situationen, in denen sie sich Unterstützung wünschen oder einfach mal in Ruhe kräftig durchatmen möchten. Wenn Freunde oder Familie allerdings nicht an Ort und Stelle sind, sind helfende Hände durch Ehrenamtliche eine gute Alternative. Das Projekt „Zeitschenker∗innen“ der Katholischen Familienbildungsstätte Andernach, dem städtischen Haus der Familie und der Frühen Hilfen der Stadt bietet Familien Hilfe zum Durchatmen, wie ein Beispiel zeigt.Monika Heinisch besucht wöchentlich eine fünfköpfige Familie im AndernacherStadtgebiet. „Ich kümmere mich um den vierjährigen Sohn“, erzählt die74-Jährige. Oft gehe sie mit dem Jungen raus, um zu spazieren und auf den Spielplatz zu gehen. „Das wünscht er sich immer“, sagt die Ehrenamtliche mit einem Lachen. Seit guteinem Jahr kommt sie regelmäßig in die Familie und entlastet die Mutter, die sich in der Zeit dann in Ruhe um die fast zweijährigen Zwillinge kümmern kann, während der Vater im Schichtbetrieb arbeitet.
Weitere Neuzugänge willkommen
Vor zwei Jahren hat das Projekt „Zeitschenker∗innen“ begonnen. „Wir haben in den letztenJahren sehr oft bei unserer Arbeit mit und für Familien gesehen, dass Eltern nach der Geburt eines Kindes eines besonders brauchen: Zeit! Zeit für sich selbst, für das Geschwisterkind, für die Partnerschaft oder für eine kleine Auszeit vom Alltag“, erläutern die Koordinatorinnen vom Start der Idee. „Wir haben sechs Ehrenamtliche im Einsatz“, berichtet Stefanie Lange, geschäftsführende Leiterin der Katholischen Familienbildungsstätte. „Der Pool könnte natürlich noch größer sein“, sagt sie. Die Frauen und Männer, die Eltern eine kleine Auszeit zum Durchatmen schenken wollen, können ihre Einsätze nach ihren eigenen zeitlichen Ressourcen planen. Um eine gewisse Kontinuität zuschaffen, seien aber Besuche ein- oder zweimal die Woche empfehlenswert. „Dochwie viele Stunden die jeweiligen Besuche dauern, ist den Ehrenamtlichen selbstüberlassen“, betont Lange. Heinisch plant etwa immer vier Stunden ein. Bis es zum ersten Besuch in der Familie kommt, gibt es ein Auswahlgespräch.„Wir haben auch Fragebögen für die Familien und die Menschen, die sichengagieren möchten“, erklärt Anja Zeitz von der Frühen Hilfe Andernach. Da gehees um die verschiedenen Vorstellungen und ein paar Basisdaten.„Wenn eine Ehrenamtliche zum Beispiel Angst vor Hunden hat, können wir diesenatürlich nicht in einen Haushalt mit Hunden vermitteln“, nennt Zeitz einBeispiel. „Im Anschluss gibt es ein Kennenlerntreffen in der Familienbildungsstätte, bei dem alle Beteiligten und auch wir dabei sind“, so Lisa Scharrenbach vom Haus der Familie. Hier könne man schauen, ob die Chemie stimmt. Wobei beide Parteien stets die Freiheit hätten, das Projekt zu beenden, betonen die Projektkoordinatorinnen.
Vertrauen zwischen beiden Seiten bilden

Für Monika Heinisch kommt das nicht infrage, sie fühlt sich sehr wohl in ihrem Ehrenamt und in „ihrer“ Familie. „Das ist genau das Richtige für mich.“ Die Rentnerin hat 45 Jahre in einer Kinderkrippe gearbeitet. Die Arbeit habe mir so viel Spaß gemacht, dass sienun froh sei, sich ehrenamtlich in dem Bereich einbringen zu können. „Doch esgeht keinesfalls darum, dass ich da reinkomme und gleich mal sage, was allesgeändert werden muss“, betont Heinisch. Dem stimmt Scharrenbach zu: „Es gehtauch darum, zu akzeptieren, dass Menschen anders leben als ich.“ Genau auf diese Weise könne Vertrauen entstehen, wie dies auch zwischen Heinisch und der Familie der Fall ist.Wenn sie nach Rat oder Empfehlungen gefragt werde, gebe sie gern ihreEinschätzung. „Ich kann eine Perspektive von außen auf die Dinge geben, und dasmit einer professionellen Distanz“, so die Rentnerin, die ihr Ehrenamt als sehrbereichernd und sinnstiftend empfindet. „Hinter der Idee zu diesem Angebotsteckt auch, dass es für beide Seiten ein Gewinn sein soll“, so Scharrenbach. Erfahrungen aus ähnlichen Projekten zeigen, dass diese Besuche eine Bereicherung für beide Seiten sind: Die ältere Generation bringt einen tollen Erfahrungsschatz mit, steht den Familien mit Rat und Tat zur Seite und wird in der Regel schnell zur vertrauensvollen Bezugsperson für die Kinder. Den Senior∗innen macht der Kontakt mit den Familien und Kindern viel Freude und gibt ihnen das Gefühl, gebraucht zu werden,“ fasst Lange zusammen.
Zuhören ist ganz wichtig
Wer mit dem Gedanken spiele, ebenfalls ein Zeitschenker zu werden, kann sich gern bei den drei zuständigen Stellen melden. Neben Offenheit, Zuverlässigkeit und Empathie seien Geduld und Spaß am Umgang mit Kindern und Menschen generell wichtig, denn neben einem Kontakt zu den Kindern sollte man auch eine Verbindung zu den Eltern aufbauen, findet Heinisch. Und mit welchen Aufgaben werden die Ehrenamtlichen konfrontiert? DieEhrenamtlichen seien kein Ersatz für eine Reinigungskraft oder Haushälterin. Es gehe ums Spazierengehen, Spielen oder Zuhören, so Scharrenbach. Doch auch, wer sich etwas Entlastung wünscht, kann sich bei Lange, Scharrenbach oder Zeitz melden. „Es handelt sich um ein niedrigschwelliges Angebot, und wir sind für alle ansprechbar: von der Alleinerziehenden bis zur Familie mit Vater, Mutter, zwei Kindern, eigenem Haus und Garten. Familie ist für alle anstrengend, und Überforderungssituationen kennen die meisten“, ermuntert Lange, sie und ihre Kolleginnen zu kontaktieren. redAlle Informationen zum Projekt gibt es bei den Kooperationspartnerinnen Stefanie Lange, Telefon 02632/250351, Lisa Scharrenbach, Telefon 02632/922350,oder Anja Zeitz (zwischen 9 und 11 Uhr), Telefon 0176/63853952.