Wer essbare Pflanzen sammeln will, sollte sich auskennen und einiges beachten
Wildkräuter: Diese Pflanzen machen sich gut in der Küche
Für die äußerliche Bekämpfung von Warzen empfiehlt Ingrid Steinbrech aus Rhens eine stark wirksame Heilpflanze, das Schöllkraut – eine Verwandte des Schlafmohns. Foto: Elvira Bell
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Kreis MYK. Löwenzahn, Brennnessel, Bärlauch, Kamille, Gänseblümchen und Co.: Mutter Erde hält eine erstaunlich große Bandbreite an Kräutern bereit. Doch welche Pflanzen, die in heimischen Gärten, Wiesen und im Wald wachsen, können in der Küche verwendet werden? Was hilft gegen tägliche Wehwehchen? Und wovon sollten Sammler unbedingt ihre Finger lassen? Während früher das Wissen über die Heilkraft der Kräuter von Generation zu Generation weitergegeben wurde, sollten ungeübte Kräutersammler nicht auf eigene Faust losziehen.

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„Wenn man nicht bewandert ist, sollte eine fachkundige Person dabei sein, oder man sollte schon einmal an einer Kräuterwanderung teilgenommen haben“, rät Regine Eckenroth, die sich schon lange mit Kräutern beschäftigt. Kräutersammler müssten ganz genau hinschauen. Vorsicht sei geboten. „Man muss die Kräuter kennenlernen und sich das Ganze beibringen lassen“, so Eckenroth. Eindringlich warnt das Nabu-Mitglied Liebhaber des Bärlauchs, dieses Heilkraut nicht mit seinen giftigen Doppelgängern Maiglöckchen, Herbstzeitlose und dem gefleckten Aronstab (Arum Maculatum) zu verwechseln. Der giftige und daher für die Ernährung nicht geeignete gefleckte Aronstab wächst an der gleichen Stelle, wie auch Bärlauch, hat einen ähnlichen Blattaufbau, und das grüne Laub ist ebenso glatt und glänzend. „Der Aronstab wird in der Homöopathie verwendet“, erläutert die Gartenarchitektin aus Münstermaifeld-Keldung.

Das Johanniskraut

Anke Altmeyer aus Kalt schärft den Blick der Menschen gerne für eine gesunde Ernährung und greift mit Vorliebe auf Johanniskraut (Hypericum perforatum) zurück. „Das Johanniskraut kann man gut erkennen“, erklärt die Heilpraktikerin. „Da beim Zerreiben der frischen goldgelben Blüten roter Farbstoff austritt, der das Blut von Johannes dem Täufer symbolisieren soll, wird die Heilpflanze auch Jesuwundenkraut, Johannisblut, Wundkraut und Jageteufel genannt.

Schon im Mittelalter galt das Johanniskraut als magische Pflanze zur Abwehr von Krankheiten und Unheil. Die zur Zeit der Sommersonnenwende blühende Pflanze hat daher auch ihren Namen. „Ihre leuchtenden gelben Blütensterne stehen um Johanni am 24. Juni, also wenn die Sonne ihre größte Kraft hat und der Tag am längsten ist, in Blüte. Sie enthält alle Energien des Sommers und der Unbeschwertheit eines wunderschönen Sommertags“, erzählt die Heilpraktikerin. „Hält man die Blätter und die Blüte gegen das Licht, erscheinen die Blüten und die Blätter wie durchbohrt (perforatum = durchbohrt). Es sind aber keine Durchbohrungen, sondern es handelt sich um kleine Drüsen, die mit Hypericin (roter Farbstoff) gefüllt sind.“

Beim Sammeln von Johanniskraut ist es ein sicheres Identifikationsmerkmal, dass sich die Finger dunkelrot färben, wenn man die Blüte oder Knospe zwischen den Fingern zerreibt. Johanniskraut wird gern als Tee zur Beruhigung und bei hormonell bedingten Stimmungsschwankungen eingesetzt. In der klassischen Homöopathie kommt es als Akutmittel bei Steißbeinverletzungen, Schnitt- und Stichverletzungen mit Nervenverletzungen, bei gequetschten Fingern sowie in der Dorn-Breuss-Massage als Körperöl zum Tragen.

Die Heilkraft des Löwenzahn

Auch auf die Heilkraft von jungem Löwenzahn schwört Anke Altmeyer. Im Saarland wird der Löwenzahn wegen seiner Nierenfunktion anregenden Eigenschaft „Bettsecher“ genannt. Löwenzahnsalat mit Pellkartoffel sei eine wahre Delikatesse. Und auch die kugelig wachsenden, giftigen Misteln, die mit klebrig weißen Beerenfrüchten übersät sind und als Schmarotzer an den Bäumen hängen, können eine positive Wirkung haben. „Studien weisen nach, dass bestimmte Substanzen der Mistel (Viskotoxine) eine sogenannte unspezifische Immunreaktion hervorrufen, das heißt, sie aktivieren die körpereigene Immunabwehr“, so Altmeyer.

Eine ausgesprochene Natur- und Kräuterkennerin ist Ingrid Steinbrech aus Rhens. Die 83-jährige ehemalige Kursleiterin der Volkshochschule Koblenz kennt jede Menge Kochrezepte, bei denen sie frische Wildfrüchte, Wildgemüse und Wildkräuter jeglicher Art, aber auch Wildrosenblätter und Pilze verwendet. Gemeinsam mit ihrem Vater, der sich sehr für Heilpflanzen interessierte, sei sie schon als kleines Kind mit hinaus in die Natur gegangen, um ungespritzte Kräuter und bunte Blüten für einen frischen Salat zu sammeln. Dieser Leidenschaft geht die gebürtig aus Erfurt stammende agile Seniorin auch heute noch mit großer Leidenschaft nach.

Schöllkraut gegen die Warzenbekämpfung

Ganz besonders schmackhaft seien die Rapsblüten. „Wenn sie noch geschlossen sind, schmecken sie wie Brokkoli“, schwärmt die Fachfrau. Ingrid Steinbrech hat einige Tipps und Rezepte, die sie gerne verrät. Für die äußerliche Bekämpfung von Warzen empfiehlt sie eine stark wirksame Heilpflanze: das Schöllkraut, eine Verwandte des Schlafmohns. Der ätzend gelbe Saft des blühenden Krauts sei schon von alters her für seine Wirkung berühmt: Die Flüssigkeit kommt beim Abbrechen der Stängel oder eines der weichen behaarten Blätter zum Vorschein. „Vom Schöllkraut – es wächst bevorzugt an Mauern – gehen die Warzen nicht weg“, erklärt Steinbrech. Aber die Heilpflanze verhindere, dass die kleinen Erreger der Warze weiterwachsen. Bei abnehmendem Mond habe die Pflanze die meiste Kraft.

Auch das vermeintliche Unkraut kommt auf den Tisch

Eine fantastische Stoffwechsel fördernde Heilpflanze mit einem hohen Vitamin-C-Gehalt ist nach Aussage von Ingrid Steinbrech das Geißblatt, auch Giersch genannt. „Für die meisten Gartenbesitzer gilt Giersch als extrem lästiges und hartnäckiges Unkraut.“ Die ausdauernde Staude, die früher in der Volksheilkunde sehr geschätzt wurde, wird zwischen 30 und 90 Zentimeter hoch. Giersch wächst vorzugsweise an Hecken und in Gärten. In der Küche von Ingrid Steinbrech kommt das Heilkraut als Salat auf den Tisch. Hierfür schneidet sie eine Schüssel voller Giersch klein, gibt Brunnenkresse, zwei gehackte Zwiebeln, zwei hart gekochte Eier, einen Esslöffel scharfen Senf, zwei Esslöffel Olivenöl, einige Esslöffel Kefir oder Joghurt, je einen Spritzer Tabasco und Worcestersoße sowie grünen, frisch gemahlenen Pfeffer, Salz und eine Prise Zucker hinzu.

Auch die berüchtigte Brensnessel ist ein wertvolles Heilkraut

Obwohl Brennnesseln normalerweise als lästiges Unkraut betrachtet werden, handelt es sich um eine wertvolle Heilpflanze. Sie fördert die Ausscheidung, den Stoffwechsel und somit die Gesundheit. Mit Vorliebe bereitet Steinbrech aus Brennnesseln neben Tee auch leckeres Gemüse zu. Hierzu pflückt sie etwa 20 Zentimeter lange zarte, junge Brennnesselspitzen. Wichtig ist, dass die Brennnesseln sofort verarbeitet werden. Für ihr Gemüse benötigt Steinbrech eine Zwiebel, Butter, Fleisch- oder Instantbrühe, eine Handvoll Sauerampfer sowie Schnittlauch. In ausgelassener Butter dünstet sie den Sauerampfer kurz an, gibt die klein geschnittenen Brennnesseln dazu und füllt das Ganze mit Brühe auf. Danach reibt sie eine halbe Zwiebel. Dann lässt Steinbrech alles zusammen etwa fünf Minuten kochen, schmeckt das Ganze mit Salz ab und streut Schnittlauch darüber.

Von unserer Mitarbeiterin Elvira Bell

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