. Eigentlich wollte er gar nicht Koch werden, sagt Peter Fridén, der seit einem Jahr die Küche des Andernacher Sternerestaurants Purs leitet. Nach seinem Schulabschluss in Schweden interessierte er sich für ganz andere Themen, etwa für Psychologie oder Musik. Auf Empfehlung eines Freundes bewarb er sich in Schweden, wo er aufgewachsen ist, an einer renommierten Schule für Köche – und fand dort seine Berufung. Welche Erfahrungen ihn auf seinem Weg in die Riege der Sterneköche prägten und was er ambitionierten Nachwuchsköchen rät, erzählt er im Gespräch mit der Rhein-Zeitung.
In der Kochschule absolvierte Fridén eine akademische Ausbildung, die viel Theorie, aber auch praktische Übung umfasste: „Ich habe die Herausforderung angenommen und gesehen: Da gibt es etwas für mich.“ Als ausgebildeter Koch kombinierte Fridén zunächst eine Weile zwei seiner Leidenschaften: Reisen und Kochen. Er kochte in Restaurants in Nordschweden und Norwegen und verbrachte dort nebenbei viel Zeit mit befreundeten Snowboardern.
„Ich glaube, jeder hat die Chance ein Sternekoch zu werden.“
Peter Fridén
Es sei nicht ein angeborenes Talent gewesen, das es ihn in den Jahren darauf ermöglichte, die Karriereleiter zu erklimmen, betont Fridén: „Ich glaube, jeder hat die Chance ein Sternekoch zu werden.“ Sein beruflicher Erfolg sei vielmehr das Ergebnis harter Arbeit: „Man muss viel opfern: Zeit und Energie.“ Den für viele Menschen normalen Lebensrhythmus eines Nine-to-five-Jobs gebe es in der Sterneküche nicht. „Man muss arbeiten, wenn andere freihaben.“ Fridén verzichtete in den vergangenen Jahren oft auf gemeinsame Zeit mit Familie und Freunden.
Bevor er selbst den ersten Stern erkochte, arbeitete er mit zahlreichen weltweit bekannten Spitzenköchen zusammen: In Stockholm war er Souschef von Niklas Ekstedt, zog dann aus privaten Gründen nach Berlin und fing in dem Edelrestaurant First Floor an, das damals von Sternekoch Matthias Diether geleitet wurde: „Das war eine andere Szene, ein anderer Style. Es hat Spaß gemacht, dort zu leben“, erinnert er sich an seine Zeit in Berlin.

Andernacher Purs ergattert einen Michelinstern
In der Andernacher Spitzengastronomie war in den vergangenen Monaten einiges in Bewegung: Vor einem Jahr verließ Sternekoch Yannick Noack das Purs. Sein Nachfolger Peter Fridén konnte die Testesser des Guide Michelin jetzt ebenfalls überzeugen.
Als Küchenchef im Soho House, dessen Gourmetbereich exklusiv VIP-Mitgliedern zur Verfügung steht, kochte er für zahlreiche internationale Stars – unter anderem Madonna, Rihanna, George Clooney, Channing Tatum und Meryl Streep: „Das war eine ganz besondere Aufgabe.“ Für seine nächste berufliche Station verabschiedete sich der heute 43-Jährige vom Großstadtleben: Er wechselte zum inzwischen verstorbenen Zweisternekoch Heinz Winkler in den Chiemgau. „Das war ein Kontrast. Ich habe immer versucht, von verschiedenen Seiten zu lernen“, beschreibt Fridén.
Um sich weiter auszuprobieren, ging er nach England: In dem kleinen Dorf Bray, westlich von London, wo sich auf engem Raum mehrere berühmte Gourmetrestaurants befinden, kochte er zunächst bei Heston Blumenthal im The Fat Duck und später als Junior Souschef bei Alain Roux im The Waterside Inn – beide Restaurants sind mit drei Michelinsternen ausgezeichnet.

Das Heimweh trieb ihn nach einem Jahr zurück nach Deutschland, erzählt Fridén: „Schweden hat immer mein Herz, weil da meine Familie und viele Freunde sind, aber in Deutschland fühle ich mich heimisch.“ Für das Restaurant Tawa Yama in Karlsruhe erschuf er als Küchenchef ein eigenes Konzept und wurde dafür 2023 mit einem Michelinstern ausgezeichnet. Nach einer mehrmonatigen Auszeit, in der er durch Südostasien reiste, kam er schließlich nach Andernach, wo er zunächst im Yoso und seit Mai 2024 im Purs Menüs kreiert, die Elemente aus der skandinavischen, japanischen und französischen Gourmetküche vereinen.
Seinen charakteristischen Kochstil begreift Fridén als Teil seiner Identität: In Südkorea geboren und bei schwedischen Adoptiveltern aufgewachsen, prägten ihn unterschiedliche kulturelle Einflüsse, ebenso wie die Erfahrungen, die er in den verschiedenen Spitzenrestaurants sowie auf Reisen sammelte: „Das hat was mit meiner eigenen DNA zu tun.“
„Die Performance für den Gast ist ein Hochleistungsjob.“
Peter Fridén
Sie ist die Grundlage für seine Menüs, mit denen es ihm auch in diesem Jahr wieder gelang, die Testesser des Guide Michelin zu überzeugen. Der kreative Prozess, der in den sechsgängigen Menüs steckt, erstreckt sich über Wochen und Monate, beschreibt Fridén: „Man muss die Gedanken fließen lassen und dann versuchen, die Ideen so gut wie möglich umzusetzen.“ Wie das gelingt, hänge von vielen Faktoren ab: Lieferungen müssen koordiniert, Kosten kalkuliert, der Gast und das Gesamtkonzept im Blick behalten werden.
„Die Performance für den Gast ist ein Hochleistungsjob“, sagt Fridén. Im Laufe seines Berufswegs habe er erlebt, dass manche Sterneköche den Druck, der auf ihnen lastet, an ihre Mitarbeiter weitergeben. In einigen Spitzenküchen herrsche bis heute ein Führungsstil, der von Macho-Allüren und Machtmissbrauch geprägt sei. Es gebe Sterneköche, denen es in erster Linie um Bestätigung von außen gehe: „Mit jedem Stern wächst das Ego und dann behandelt man Menschen von oben herab. Das ist nicht in Ordnung.“

Immer wieder komme es vor, dass Talente der Gastronomie den Rücken kehren, weil sie unter solchen Arbeitsbedingungen leiden, weiß Fridén. Er selbst will das nicht akzeptieren: „Man sollte nett sein und seinen Mitarbeitern Respekt zeigen. Das ist eigentlich nicht so schwer.“ Spitzengastronomie ist Teamwork, ist Fridén überzeugt, als Küchenchef habe er eine Vorbildfunktion.
Der Weg an die Spitze sei durchaus hart gewesen, räumt der 43-Jährige ein. Doch er bereue nichts: „Kochen auf diesem Niveau ist wunderbar. Das ist meine Leidenschaft, das macht einfach Spaß.“ In den historischen Räumlichkeiten des Purs Luxury Boutique Hotel & Restaurant, welche der belgische Designer Axel Vervoordt angelehnt an das japanische Ästhetikkonzept des Wabi-Sabi gestaltet hat, fühlt er sich mit seinem Küchenstil angekommen: „Wir stehen hier erst am Anfang.“