Vor 100 Jahren führten die Sparkassen den Weltspartag ein - Gespräch mit KSK-Vorstand Karl-Josef Esch über Taschengeld und eiserne Reserven
Wie viel mag im Sparschwein sein? RZ-Gespräch zu 100 Jahre Weltspartag
Vor dem Weltspartag
5 Euro fürs Sparschwein: Dieses Mädchen lernt zu sparen.
Patrick Pleul. picture alliance/dpa

100 Jahre Weltspartag feiern die Sparkassen in diesem Jahr – wie viel Spargedanke ist heute noch wichtig? Unsere Zeitung sprach darüber mit dem Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse (KSK) Mayen, Karl-Josef Esch (64).

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Haben Sie als Kind auch Ihr Sparschwein regelmäßig gefüttert?

Natürlich hatte ich auch als Kind mein Sparschwein gehabt. Es war nicht ganz so schön wie das rote KSK-Schwein heute, aber für mich war es wichtig. Darin landete ein Teil meines Taschengeldes, was natürlich hätte mehr sein können. Ab und zu habe ich auch von meiner Tante oder meinem Onkel mal eine Mark zugesteckt bekommen. Später kam das Geld hinzu, das ich fürs Austragen von Zeitung und Mitteilungsblatt bekommen habe. Das Sparen hatte schon seine Bedeutung und wurde in meiner Jugend immer großgeschrieben. Wenn es dann in Richtung Weltspartag ging, wurde es immer spannend: Wie viel mag im Sparschwein sein?

Wie war das am Weltspartag damals?

Das war schon spannend. Weniger wegen der Zinsen, sondern vielmehr wegen des Weltspartaggeschenks, das es gab. Es hat mich damals darin bestärkt, dass sich Sparen lohnt.

Haben Sie das Schwein geschlachtet, oder wurde es geöffnet?

Ich hatte damals zuerst ein Sparschwein aus Plastik, das musste man leider aufschneiden – das war schon schmerzhaft. Und als Ersatz hatte ich später ein schönes Porzellanschwein mit einem Schlüssel.

weltspartag
Vorstandsvorsitzender Karl-Josef Esch hält das Sparen nach wie vor für unverzichtbar.
KSK/Ralph Künzel

Sparen als Gedanke – ist das noch populär? Kann heute noch die Oma für ihren Enkel am Weltspartag ein Sparbuch einrichten? Oder raten Sie gleich zu Sparbrief oder ETF als Anlage für den Kleinen?

Da bin ich eher traditionell. Ich denke, zu jedem Bürger und zu jeder Kundenverbindung gehört ein Sparbuch. Auch um frühzeitig zu lernen, dass man regelmäßig etwas Geld zurücklegen sollte. Das war schon immer wichtig, und das wird auch in Zukunft wichtig sein.

Das Kontoguthaben – man kann ja auch auf ein Geldmarktkonto sparen – gehört immer dazu, um eine eiserne Reserve zu haben. Wenn unerwartete Investitionen notwendig sind, kann man darauf zugreifen. Und hierbei ist es für mich so: Zuerst gehört das Sparguthaben als Reserve dazu und danach erst der Dispokredit. Jenseits der eisernen Reserve geht es beim Sparen dann erst los mit Fragen der Wertpapieranlage oder auch: Wie kann man sparen, um staatliche Förderungen für sich zu realisieren oder auch das Bausparen mit Blick auf die zukünftige eigene Immobilie. Ich jedenfalls glaube, dass das Sparen seine Bedeutung für uns alle hat. Gestern, heute und auch morgen.

Raten Sie Jugendlichen, die in Ausbildung gehen, gezielt zu sparen?

Ich beobachte, dass wir viele junge Leute haben, die mit Beginn der Ausbildung, auch wenn sie noch keine 18 Jahre sind, mit dem Sparen beginnen. Oft auch mit Blick auf den Führerschein, der dann ja bald ansteht – das ist ein nicht unwichtiger Punkt. Außerdem gilt es ja auch, die vermögenswirksamen Leistungen vom Arbeitgeber zu sichern, und das geht ja nur mit einem entsprechenden Sparvertrag.

Werden Ihre Kunden mit 15 oder 16 Jahren von Ihnen schon beraten?

Ja, natürlich. Es geht ja spätestens mit der Eröffnung des eigenen Girokontos los, dass ja zum Beispiel im Rahmen einer Ausbildung benötigt wird. Und wenn die Beratung damit enden würde, dann hätten wir etwas falsch gemacht. Es gehören, wie eben schon gesagt, beim Ausbildungs- oder Berufsstart die vermögenswirksamen Leistungen dazu. Und die Frage: Was brauchen die Jugendlichen noch drum herum? Die Beratung unserer Kolleginnen und Kollegen ist da schon sehr intensiv.

Eigentlich beginnt die Beratung bei uns schon viel früher. Ich darf daran erinnern, dass alle Neugeborenen in unserem Geschäftsgebiet von uns mit einem Spargeschenkgutschein begrüßt werden, der auf dem ersten Sparbuch gutgeschrieben wird. Im besten Fall sollten Eltern oder Großeltern dann auch schon das erste Sparkassenbuch anlegen – was sie ja auch oft schon so handhaben. Und auch in den Folgejahren, zum Beispiel im Kindergarten und in der Schulzeit, begleiten wir die jungen Menschen mit weiteren Themen und Goodies, was für uns selbstverständlich dazugehört.

Girokonto
Spätestens wenn man eine Ausbildung beginnt, braucht man ein eigenes Girokonto.
Fabian Sommer. picture alliance/dpa

Gibt es aus Anlass des 100. Jubiläums etwas Besonderes, oder darf dies bis zum Weltspartag noch nicht verraten werden?

Ja, aber verraten werden darf es nicht, natürlich haben wir in diesem Jahr etwas Besonderes. Übrigens: Ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals ein Jahr gab, in dem wir keine Weltspartagsgeschenke hatten. Dieses Jahr haben wir wieder ein besonderes Plüschtier für unsere jüngsten Sparerinnen und Sparer, wenn diese mit ihrer Spardose oder ihrem Sparschwein zu uns kommen. Und für die etwas Größeren haben wir auf unseren Social-Media-Plattformen Gutscheine.

In allen Filialen der Kreissparkasse findet der Weltspartag statt, oder?

Der Weltspartag ist ein Festtag für all unsere Standorte. An unseren vier größten Standorten haben wir für Kinder ein spezielles Aktionsprogramm mit einer Zirkusschule organisiert. Wir laden hierzu am Weltspartag auch traditionell die Kitas am Ort ein, uns zu besuchen. Das ist für die Kinder dann ein schöner Ausflug, und bei uns ist dann viel Stimmung im Haus. Und das überträgt sich auch positiv auf unsere Kolleginnen und Kollegen.

Welche weitreichende Bedeutung hat ein Weltspartag?

100 Jahre Weltspartag sind schon ein beeindruckendes Ereignis – besonders, wenn man bedenkt, was sich in der Zeit alles getan hat. Der Start 1924 war kurz nach der Hyperinflation in Deutschland. Es ging darum, der Bevölkerung ein positives Signal zu geben, dass man nach der Währungsreform Vertrauen in das neue Geld haben könne und sparen sollte. Ich denke, der Weltspartag ist seitdem eine Erfolgsgeschichte. Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg: Da ist in Deutschland eine solide Sparkultur entstanden. Ich denke, die ist ganz maßgeblich auch Basis dafür, dass unsere Volkswirtschaft in den letzten Jahrzehnten eine solch gute wirtschaftliche Entwicklung genommen hat.

Hypothekenzinsen: Die Immobilienfinanzierung wird teurer
Viele Menschen wünschen sich ein Eigenheim - dazu braucht es Eigenkapital.
Christin Klose. picture alliance/dpa/dpa-tmn

Wie sollte die Balance zwischen Sparen, Investieren und Konsumieren aussehen?

Ich denke, es ist wichtig, dass wir in unserer Gesellschaft einig sind, dass das Sparen, das Rücklagen bilden und Vorsorge betreiben, wichtig und notwendig ist. Allein schon deshalb, wenn ich an das Thema Immobilienwunsch denke. Ohne Eigenkapitalbasis ist dieser Traum vom Eigenheim kaum zu verwirklichen.

Und dann geht es mehr denn je, zumal wir in der aktuellen Diskussion sind, um die Frage: Wie können wir uns als älter werdende Gesellschaft so aufstellen, dass wir auch in Zukunft gut leben können? Die private Vorsorge ist da als weiteres Standbein, möglichst ergänzt durch die staatliche Förderung, wichtig. Denn das gesetzliche Rentensystem wird dies allein nicht leisten können.

Ein dritter Aspekt: Die Kreditwirtschaft kann notwendige und für die Zukunft wichtige Finanzierungen nur begleiten, wenn die Sparer uns dafür ihre Rücklagen zur Verfügung stellen. Und da haben wir rund um die Transformation unserer Wirtschaft in den nächsten Jahren und Jahrzehnten viel vor der Brust, da wird viel Kapital benötigt werden. Also: Sparen und Wirtschaft entwickeln sind zwei Seiten einer Medaille.

Warum der Weltspartag 1924 eingeführt wurde

Als ein Schicksalsjahr galt das Jahr 1923 in Deutschland. Die Währung verlor immer mehr an Wert, aufgrund einer Hyperinflation wurde sie wertlos. Viele Deutschen waren in existenzieller Not. Erst im Jahr 1924 kam der Wendepunkt, auch auf internationaler Ebene: Als im Jahr 1924 die Delegierten aus 27 Ländern den Weltspartag ins Leben riefen, ging es ihnen vor allem um eines: das „sparsame Wirtschaften“ in der Bevölkerung zu fördern. Mit diesem Ziel feierten die Sparkassen bereits ein Jahr später, am 31. Oktober 1925, den ersten Weltspartag. Hatten die Menschen damals vor allem das Ziel, einen sogenannten Notgroschen auf die hohe Kante zu legen, geht es heute primär um Altersvorsorge und Immobilienkauf. Die Priorisierung der Sparziele hat sich verändert.

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Für den Weltspartag wurde öffentlich geworben wie hier vor dem Alten Rathaus in Mayen im Jahr 1969.
Kreissparkasse Mayen (Archiv)

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