Von außen betrachtet klingt es ganz einfach: aussähen, ernten, verkaufen, fertig. Dahinter steckt aber viel mehr. Die Rübe hat viele natürliche Feinde. Egal ob Wetter, Schnecken, Blattläuse, Zikaden oder Unkraut, sie alle machen es den Bauern im Kreis Mayen-Koblenz schwer. Bei der Maifelder Landwirtschaftswoche 2025 sammeln sich daher mehr als 100 Rübenbauern im Forum in Polch, um die Fachvorträge der Experten auch zu den genannten Themen zu verfolgen.
Der letzte Tag der Veranstaltungswoche: Vor dem Gemeindehaus Polch steht eine Menge Traktoren. Der Rheinische Rübenbauer-Verband, die Zuckerfabrik Pfeifer und Langen sowie die ZLG-Maifeld (Zuckerrübenladegemeinschaft) hatten in Zusammenarbeit mit dem Verein für landwirtschaftliche Fachbildung Mayen-Koblenz eingeladen. Im großen Saal verteilen sich die Rübenbauern auf zwölf großen Bankreihen. Auf dem Podest halten Experten Reden über das letzte Rübenjahr, Entwicklungen auf dem Zuckermarkt oder beispielsweise über den SBR-Krankheitskomplex. Letzteres ist, einfacher gesagt: Ein Bakterium, das die Rübe befällt. Einer der Anwesenden kommentiert den Vortrag mit dem Satz: „Das ist blöd, das Thema, aber zusammen kriegen wir das schon gewuppt“.
Ernte 2024: Hauruckaktion im März
Aus Sicht von Henning Carstensen, dem Vorsitzenden des Vereins für Landwirtschaftliche Fachbildung Mayen-Koblenz, ist die Veranstaltung seit Jahren interessant. „Hier können wir unsere Sorgen und Nöte klären. Wie war das vergangene Jahr? Wie war die Witterung? Wie hat die Abfuhr geklappt?“. Für die Bauern aus dem Kreis Mayen-Koblenz spielen auf der Veranstaltung mehrere Themen eine wichtige Rolle. Es wird das vergangene Erntejahr aufgearbeitet. Viele Bauern sind besorgt um einen neuen Feind der Rübe und den schwankenden Rübenpreis auf dem Weltmarkt.
Für Hennig Carstensen, Landwirtschaftsmeister auf dem Betrieb Horst aus Düngenheim, lief das vergangene Jahr insgesamt gut: „Wir hatten ein ganz kleines Aussaatfenster, wo die Witterung optimal war. In einer Hauruckaktion haben wir die Hälfte der Rüben an einem Tag Ende März gesät“. Auch Rübenbauer Christian Becker aus Kruft ist zufrieden mit dem Ertrag auf seinem Hof. Zwar sei das Jahr geprägt von Witterung, Nässe und einem vermehrten Aufkommen von Pilzen gewesen, die Ernte sei dennoch zufriedenstellend gewesen. Toni Maur, Mitorganisator und Beiratsvertreter vom Rheinischen Rüben-Bauernverband, beklagte sich über die Witterungsverhältnisse: „Wir hatten zu wenig Sonne und zu viel Regen. Am Ende hatten wir zwar viele Erträge, aber wegen der fehlenden Sonne zu wenig Zucker in den Rüben“.
Ein neuer Feind für die Rübe?
Sorgen bereitet den Bauern aus der Region ein neuer Feind der Rüben. Schnecken, Unkraut und Blattläuse haben noch nie zu den Freunden der Landwirte gehört. Neu im Verbreitungsgebiet ist wohl aber die Schilf-Glasflügelzikade. Das Insekt selbst ist kein Schädling, es überträgt aber für die Rübe gefährliche Krankheitserreger. Die Anbauberaterin Marie Wendt führte in ihrem Vortrag aus, dass die Zikade von Frankreich nach Deutschland gekommen sei. Sie fühle sich wegen der Klimaerwärmung wohl mittlerweile auch in unseren Breiten wohl.
Zwar meinte der VFL-Vorsitzende Henning Carstensen, die Zikade sei auf seinem Hof nicht festgestellt worden, er habe aber mit einem Landwirt gesprochen, der sonst jedes Jahr 110 Tonnen pro Hektar erntet: „Er hatte dieses Jahr die Zikade und die Stolbur drinnen. Da hat er nur 40 Tonnen geerntet“. 40 Tonen klingt viel, um mit der Rübe Geld zu verdienen, müssen die Landwirte nach Carstensen aber mindestens 70 Tonnen pro Hektar ernten. Auch Beiratsvertreter Toni Maur zeigt sich beunruhigt: „Die Zikaden machen uns schon Sorgen. Gerade im Hinblick darauf, dass die Wirkstoffe einiger Pflanzenschutzmittel nächstes Jahr wegfallen, und keine neuen dazukommen“.
Der Rübenpreis sinkt
Ein weiteres zentrales Thema der Veranstaltung war die Entwicklung der Zuckerpreise der Rüben. 2023 waren diese auf einem Höchststand, seitdem fallen die Preise aber stetig. Rübenbauer Christian Becker aus Kruft meint: „Die Zuckerpreise sind extrem gefallen und kommen von einem sehr hohen Niveau. Da bleibt die Frage, wie wirtschaftlich der Rübenanbau in der Region in Zukunft noch sein kann?“. Noch deutlicher formuliert es Mitorganisator Toni Maur. Laut ihm hänge der Rübenpreis mit der Wirtschaftlichkeit des Anbaus zusammen. „Wenn der Rübenpreis auf unter 35 Euro pro Tonne fällt, ist die Rübe aus dem Betrieb raus, weil da die Kosten zu hoch sind“.
Insgesamt war der letzte Tag der Maifeld-Veranstaltung aus Sicht von Toni Maur ein Erfolg: „Ich bin erfreut über den Besuch. Ich finde nur etwas schade, dass zu wenig Diskussionsbeiträge kommen. Wenn wir die kompetenten Leute hier haben, müssen wir da auch ins Gespräch gehen“.
Die Rübenmaus
Der Rübenreinigungslader – ein sehr bürokratischer Name: Die 700-PS-Maschine nimmt die Rüben auf, reinigt sie und verlädt sie auf den LKW. Von den meisten Bauern wird sie aber nur „Rüben-Maus“ genannt. Ein ganz schön niedlicher Begriff für einen 13-Tonner. Den Spitznamen hat sie wohl von ihrem drehenden Teller, der vorne zwischen den Walzen herausschaut und dem Kopf einer Maus ähnelt.