Die letzten Kriegstage 1945
Wie Rüber knapp der Katastrophe entging
Der Bau der Marienkapelle in Rüber geht zurück auf ein Gelübde im Zweiten Weltkrieg.
Rico Rossival

Die Geschützrohre der US-Truppen waren schon auf Rüber gerichtet: Im März 1945 entging das Dorf auf dem Maifeld nur knapp einer Katastrophe. Die Marienkapelle ist eine Erinnerung an die dramatischen Kriegstage.

Als die Alliierten im Juni 1944 in der Normandie (Frankreich) landeten, die deutsche Front zusammenbrach und die Bombardements der Städte zunahmen – hier waren vor allem Mayen, Andernach und Koblenz betroffen –, bangte auch die Bevölkerung von Rüber um ihre Heimat. Die Menschen blickten tagsüber auf die von den Höhen sichtbar aufsteigenden Rauchsäulen und nachts auf den hellen Feuerschein der brennenden Städte. So beschreiben die Heimatforscher Gerhard Draws und Leo Klöckner die dramatische Lage vor mehr als 80 Jahren.

Das Bistum Trier war sich dieser Gefahrenlage bewusst, und so ordnete der Bischof von Trier einen ganztägigen Bettag an. Alexander Menningen von den Schönstätter Patres, der die vakante Pfarrstelle der Pfarrei Lonnig/Rüber/Minkelfeld in Vertretung für den im KZ Dachau inhaftierten Pfarrer Johannes Keßler übernommen hatte, leitete das Gebet. Gleichzeitig legte die Kirchengemeinde Rüber ein Gelübde ab: „Wenn du (Muttergottes) unsere Heimat unter deinem Schutz nimmst und sie gnädig bewahrst und wenn du den Hirten und geistlichen Vater der Gemeinde (Pfarrer Johannes Keßler) wieder glücklich heimkehren lässt in unsere Mitte, dann wollen wir dir ein Haus bereiten, ein Heim, dass du immerwährend hierbleiben kannst, dass du hier in deiner Heimat, in deinem Land, in deiner Gemeinde, die dir zu eigen geworden ist, schalten und walten kannst als die Schutzherrin, als die Mutter, die in schweren Zeiten uns, ihren Kindern, zur Seite gewesen ist.“

Heute erinnert kaum noch etwas an die dramatischen Szenen, die sich im März 1945 auf den Höhen vor Rüber abspielten.
Rico Rossival

Auch Pfarrer Keßler legte im KZ Dachau ein Gelübde ab. Er versprach, ein Denkmal für die Gefallenen des Krieges errichten zu lassen, falls er wieder heimkehren dürfe. Er überstand die Haftzeit, wenn auch schwer gezeichnet.

Als sich Anfang März 1945 US-Panzerverbände auf den Kerbener Höhen zeigten, spielten sich dramatische Szenen im Dorf ab. Während die Amerikaner in Stellung gingen, rüsteten sich SS-Soldaten von der Mosel kommend trotz der aussichtslosen Lage zur Verteidigung des Dorfes. Den Amerikanern blieben diese Aktivitäten nicht verborgen. Sie richteten ihre Geschützrohre feuerbereit auf das Dorf. Im vollen Bewusstsein, das eigene Leben aufs Spiel zu setzen, nahm Pater Menningen eine weiße Fahne in die Hand, ging den US-Truppen entgegen und bat um Verschonung. Damalige Zeitzeugen sagten, er habe das letzte Stück auf Knien zurückgelegt. Und tatsächlich: Die SS-Soldaten verließen das Dorf, die US-Truppen sahen von einem Angriff ab.

Gedenktafel an Muttergotteskapelle?

Nach dem Ende des Weltkriegs erinnerte sich man wieder an das Gelübde, und nach der Währungsreform nahm das Vorhaben konkrete Formen an. Am 15. Juli 1951 war die Einweihung der fast gänzlich durch Spenden finanzierten Kapelle. Gerhard Draws und Leo Klöckner sind überzeugt. „Es wäre sicherlich überlegenswert, den mutigen und selbstlosen Einsatz von Alexander Menningen zum Beispiel in Form einer Gedenktafel an der Muttergotteskapelle zu würdigen.“

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