Nur ein Halbsatz ist dem Mayener Stadtrat in der jüngsten Sitzung der desolate, nicht genehmigte Haushalt 2025 wert gewesen. Und jener kam von Helmut Sondermann. Die Bemerkung hatte es bei genauerem Hinhören in sich: „Wir haben heute keine Haushaltsgenehmigung und wissen auch nicht, wie das gehen soll“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende, als es ums Thema Ausbaubeiträge ging.
Hintergrund ist das Schreiben der Aufsichtsbehörde ADD, das den Entwurf des Mayener Haushaltes, der ein Defizit von 8,1 Millionen Euro aufweist, „global beanstandet“. Das ist quasi als ein blauer Brief für die Verwaltung zu werten – und macht die Stadt handlungsunfähig. Auch der Stadtrat erscheint in diesem Schreiben der Aufsichtsbehörde in keinem guten Licht. Bürger müssen sich indes darauf einstellen, dass sie intensiver zur Ader gelassen werden.
Wo drückt im Ergebnishaushalt besonders der Schuh? Immens steigt der geplante Jahresfehlbetrag: von 1,6 Millionen (2024) auf 8,1 Millionen Euro (2025). In der mittelfristigen Finanzplanung von 2026 bis 2028 werde ein Haushaltsausgleich „ebenfalls nicht erreicht“, moniert Vizepräsidentin Christiane Luxem von der ADD. Sie wundert sich, dass die Hebesätze gleich bleiben sollen: bei der Gewerbesteuer – der aktuelle Hebesatz erzeugt gegenüber 2024 ein Minus von 1,7 Millionen Euro – und auch bei der neuen Grundsteuer B. Geplante Mindereinnahmen: 1 Million Euro. Dies hat inzwischen der Stadtrat selbst eingesehen und ein Umlenken angekündigt.
Erheblich gestiegen sind Ausgaben, auf die der Rat und die Verwaltung keinen Einfluss haben: die Personal- und Versorgungskosten (plus 2,5 Millionen Euro), die Kosten für soziale Sicherung (plus 2,8 Millionen Euro) sowie die Kreisumlage (plus 2,25 Millionen Euro).
„Die Stadt ist ihrer Verpflichtung, unter größtmöglicher Kräfteanspannung die Einhaltung des Haushaltsausgleichsgebotes (…) sicherzustellen beziehungsweise (…) wenigstens die Fehlbeträge so gering wie möglich zu halten, nicht nachgekommen.“
ADD-Vizepräsidentin Christiane Luxem
Sind die Einnahmen und Ausgaben für Investitionen in der Waage? Die ADD sagt Nein und belegt dies mit den Zahlen, die die Stadt vorgelegt hat. Unterm Strich ergibt sich ein Minus von 10,2 Millionen Euro. Hinzu kommen Tilgungen von Investitionskrediten von 1,7 Millionen. Somit könne die Stadt ihren vorgeschriebenen Mindest-Rückführungsbetrag nicht erfüllen.
Die Stadt hatte der ADD angekündigt, mehr Liquiditätskredite aufzunehmen, also ihren Dispo zu überziehen. Dies sei nicht rechtens, erwiderte die Aufsicht. Diese Art der Kredite dürften nur zur Überbrückung aufgenommen werden, sofern Deckungsmittel noch erwartet würden. Das Urteil der ADD: „Die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt Mayen ist nicht gegeben.“ Die Stadt verstoße gegen das in der Gemeindeordnung festgelegte Gebot der Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung.
Wo mahnt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Verbesserungen an? Die Stadt tue zu wenig, um ihre Einnahmen zu erhöhen. Und da kommt der Stadtrat mit ins Spiel. „Es ist Aufgabe des Stadtrates, nachhaltige und weitreichende Maßnahmen zu beschließen, um den städtischen Haushalt auszugleichen und auch keine Verschuldung aus Liquiditätskrediten zuzulassen“, schreibt die ADD. Der Stadtrat habe die erste Chance verpasst, die Realsteuern anzuheben. Ein Hebesatz sei, so die ADD, ein adäquates und gesetzlich eröffnetes Mittel, um das Haushaltsdefizit zu verringern.
Lediglich „zur Kenntnis genommen“ habe sie das Haushaltskonsolidierungskonzept des Rates, erwähnt die ADD-Vizechefin Luxem. Dass der Rat den Hebesatz bei der Grundsteuer B zunächst beließ, sah die ADD als „einen Verstoß gegen den Grundsatz des Haushalts der Klarheit“. Die Stadt selbst nahm Stellung und sagte, dass ein Fehlbetrag aufgrund zu geringer Hebesätze in den Folgejahren wieder abgebaut werden könne. Zwischen den Zeilen liest man die Verärgerung der ADD zu diesem Passus heraus: „Bei einem Jahresdefizit in Höhe von rund 1 Million Euro könnte auf die oben genannte Aussage zurückgegriffen und somit von einer Beanstandung abgesehen werden, nicht aber bei einem Defizit von 8,1 Millionen Euro.“ Höhere Hebesätze stuft die ADD als „sowohl gesetzlich als auch verfassungsrechtlich zulässig“ ein.

Was heißt das konkret für die Einkommensgrundlagen der Stadt? Die ADD fordert die Stadt und insbesondere den Stadtrat auf, höhere Steuern bis zum 30. Juni zu beschließen. Ferner moniert die ADD, dass die Stadt den Weg der Entschuldung über das Altschuldenprogramm des Landes (PEK-RP) verlassen habe. Nachdem zunächst das Land Altschulden in Höhe von 18,5 Millionen Euro erlassen habe, habe sich die Stadt verpflichtet, den Bestand an Liquiditätskrediten bis zum Jahr 2053 auf null zu bringen. Dazu hätte sie jedes Jahr mindestens 606.000 Euro zahlen müssen. Tatsächlich jedoch habe sie für das Jahr 2025 den Tilgungsbetrag einseitig auf 0 Euro festgelegt.
Die Stadt könne diesen Ausnahmetatbestand für sich reklamieren. Aber nur dann, wenn sämtliche Möglichkeiten ergriffen worden wären, Einnahmen auszuschöpfen und gleichzeitig Ausgaben zu reduzieren. Dies sei in Mayen nicht der Fall. Insofern beanstandet die ADD auch den geänderten Tilgungsplan.
Die Stadt befinde sich weiterhin in der Zeit der Interimswirtschaft – eine vorläufige Haushaltsführung, die Neuinvestitionen zunächst nicht vorsieht. Im Haupt- und Finanzausschuss hatte Oberbürgermeister Dirk Meid eine Sondersitzung des Stadtrates im Juni angekündigt. Einerseits, um die Hebesätze zu erhöhen, andererseits, um Wege aus dem Stillstand mit dem Stadtrat zu suchen. Ein Mitarbeiter der Stadt, der nicht genannt werden will, äußert sich so: „Wir wissen noch nicht, wie es weitergehen kann.“
Kita-Neubau soll jetzt bei 8 Millionen Euro liegen
Zum Neubau einer Kita am Erdwall hatte die CDU-Fraktion im Mayener Stadtrat mehrmals moniert, dass die Planung, die zunächst bei Kosten von 9,75 Millionen Euro lag, „sehr holprig“ (CDU-Fraktionschef Christoph Rosenbaum) sei. Die Verwaltung hat, sagt OB Dirk Meid (SPD), die Planung „umfangreich überarbeitet“. Um Kosten zu sparen, seien folgende Positionen herausgenommen worden: die zentrale Lüftungsanlage, die Spieltreppe, Teile der Außenanlagen. Zudem sei die Brutto-Grundfläche um 8 Prozent reduziert worden.
Wolfgang Treis (Grüne) legte Wert darauf, dass weiterhin eine Holzbauweise verfolgt wird. Seine Parteifreundin Anne Schnütgen hielt den Plan „für ziemlich vermurkst“. Hans Georg Schönberg (FWM) merkte an, dass man „nicht bei den Schwächsten“ sparen dürfe. Ekkehard Raab (FDP) verlangte, künftig bei Kita-Bauten „vollumfänglich informiert“ zu werden. Einstimmig stimmte der Stadtrat für den Beschlussvorschlag, der die Kosten bei 8 Millionen Euro deckelt. bro