Eigentlich sollten im Naturschutzgebiet an den Thürer Wiesen nun Vögel zwitschern und Enten schnattern. Doch stattdessen ist da nur das stetige Brummen von technischen Geräten und großen Fahrzeugen. Am Freitag ereignete sich auf der nahe liegenden B262 ein Unfall mit einem Tanklastwagen. Die Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet sind verheerend.
1 So lief der Unfall ab: Auf den ersten Blick ist es gar nicht direkt nachvollziehbar, wie das Heizöl von der B262 bis in den Thürer Bach fließen konnte. Der Lkw geriet auf der Bundesstraße ins Schleudern und kippte um. Dabei wurde er so beschädigt, dass das Öl gleich an mehreren Stellen auslief. Jörg Lempertz, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Mendig, sagt: „Besonders unglücklich ist, dass der Tanklaster auf einen Gullideckel fiel. Dadurch kam es erst dazu, dass das Öl ungebremst in und durch einen Regenwasserkanal floss, bis zu einem Regenrückhaltebecken in den Thürer Wiesen.“

Direkt nach dem Unfall veranlasste Lempertz, dass im Regenrückhaltebecken sofort der Schieber heruntergefahren wurde: „Dadurch konnte der größte Gau vom Naturschutzgebiet abgewandt werden“, sagt Lempertz. Direkt hinter dem Becken wurde von Einsatzkräften eine Blase errichtet. Doch trotz des schnellen Einsatzes der Feuerwehr ist eine noch nicht verifizierte Menge Öl in den Thürer Bach gelangt. „Ich bin sehr dankbar für das beherzte Eingreifen der Feuerwehr, ohne die wären die Auswirkungen noch katastrophaler. Insgesamt hoffen wir, dass wir zur alten Kraft des Naturschutzgebietes zurückkehren können“, sagt der VG-Chef.

2Diese Maßnahmen laufen derzeit: Ähnlich wie Lempertz sieht es auch Pascal Badziong, Erster Kreisbeigeordneter: „Wir tun alles dafür, dass das Naturschutzgebiet gerettet wird.“ Am Montagmorgen habe es gleich ein großes Abstimmungsgespräch mit zahlreichen Beteiligten gegeben, um Maßnahmen auszuarbeiten. Diese wurden nach und nach angegangen. So wurden, wie Einsatzleiter Martin Weber erklärt, insgesamt sukzessiv 13 Ölsperren errichtet: „Diese werden ausgetauscht, sobald sie voll sind.“ THW und weitere Einsatzkräfte sind ununterbrochen im Einsatz, ebenso Skimmer – das sind Geräte zum Entfernen von Öl und anderen aufschwimmenden Verunreinigungen auf Wasseroberflächen.

Auch das Regenrückhaltebecken war eine rettende Einheit: Die größte Menge des Öls konnte hier zurückgehalten werden, aber es kann nicht ausgeschlossen werden, dass maßgebliche Mengen ins Naturschutzgebiet geflossen sind. Mehrmals am Tag wird der Schadstoff abgepumpt, allerdings stellt die Schilflandschaft einige Herausforderungen, weil sich auch hier Öl festgesetzt hat, wie Weber betont. Das Schilf soll nun heruntergeschnitten werden.
3So steht es um die Wasserversorgung: Stefan Friedsam, Werkleiter des Wasserversorgungszweckverbandes Maifeld-Eifel (WVZ) erklärt, dass die Brunnen im Wasserschutzgebiet Kruft – etwa drei Kilometer von der betroffenen Stelle entfernt –, außer Betrieb genommen wurden. Er erklärt: „Stand jetzt ist nicht auszuschließen, dass das Grundwasser betroffen ist, aber die Wasserversorgung ist gewährleistet.“
Die Trinkwasserversorgung ist also sichergestellt. Nun muss das Grundwasser beprobt werden, ein Monitoring ist eingerichtet. „Im schlimmsten Fall müssen wir die Brunnen erst einmal abgeschaltet lassen“, sagt Friedsam.
4 Wie es um die Tiere im Naturschutzgebiet steht: Ehrenamtliche, unter anderem von der Wildvogel-Pflegestation Kirchwald, sind derzeit im Einsatz, um den Tieren zu helfen. Eine Helferin rettet am Mittwochmittag ein Teichhuhn, das von Öl getränkt völlig geschwächt ist. Ihre Kolleginnen waten mit Keschern durch das Gebiet, um weitere Vögel vom Öl zu befreien. Einige hat ein noch traurigeres Schicksal getroffen: Sie konnten nur noch tot aufgefunden werden.
Der Biologe Jörg Hilgers betont, dass die richtigen Auswirkungen auf die Tierwelt erst mit der Zeit erkennbar sein werden: Sind die Libellen-Arten noch da, die sonst hier herumschwirren? Wie steht es um die 120 bis 140 Vogelarten, die im Laufe des Jahres auf den Thürer Wiesen unterwegs sind? Die Amphibien werden im April erwartet, „das müssen wir beobachten“, betont er. Hinzu kommt: In drei Wochen sollte auf der Fläche eigentlich ein weiteres Beweidungsprojekt mit Wasserbüffeln starten, wie auch Tanja Stromberg von der Stiftung Natur und Umwelt Mayen-Koblenz erzählt: „Da müssen wir jetzt erst einmal abwarten.“

Momentan ist noch nicht absehbar, wie lange die Maßnahmen noch laufen müssen. Fest steht: Es ist weiteres Material für die Ölsperren bestellt, und auch ein Umweltgutachten steht an, ebenso müssen Boden- und Wasserproben untersucht werden. Manche Auswirkungen sind jetzt schon erkennbar, andere werden erst im Laufe der Zeit sichtbar sein.