Das Andernacher Jugendzentrum, kurz „JUZ“ genannt, ist heute sehr viel mehr als ein Treffpunkt für die Jugendlichen vor Ort. Es ist weit über die Grenzen des Rheinstädtchens hinaus bekannt, vor allem in bestimmten Szenekreisen – bei Menschen, die gerne Rock und Heavy Metal hören. Regelmäßig spielten und spielen mitunter große Bands im JUZ, das heute an der Stadionstraße liegt. Doch wie kam es dazu? Woher diese Entwicklung? Dazu ein Blick in die Geschichte einer ganz besonderen Einrichtung, die dieser Tage 50 Jahre alt wird.
Anfänge reichen in die 70er-Jahre zurück
Die Anfänge des Andernacher JUZ reichen zurück in die 1970er-Jahre. Es ist eine Zeit des gesellschaftlichen Aufbruchs, auch in Sachen Jugendarbeit. 1974 wurde die Andernacher Villa Koch in der Straße Hindenburgwall zum ersten Standort des Jugendzentrums, geboren aus dem Wunsch junger Menschen nach einem Ort, an dem sie sich entfalten können. „Die Jugend brauchte einen Ort, der nicht vorgibt, wie sie zu sein hat, sondern sie einfach sein lässt“, beschreibt Thomas Schmidt, Pädagoge des Andernacher Kulturamts und heute für das JUZ mitverantwortlich, die Idee von damals. Die Villa Koch wurde Symbol für diese Offenheit, mit einer Wohnzimmer-Bühne, einer Unisex-Toilette als „Statement“ und einem klaren Anspruch: Jeder ist willkommen.

In den 80ern wurde dann musikalische Geschichte geschrieben. Unter andere mit dem Auftritt der Bonner Band „Trans Am“, die 1987 auf der Bühne des JUZ ihre Tournee einleitete, begann die Tradition der Live-Konzerte. Die Platte zur Tour trug den Titel „Born to Boogie“ – ein Motto, das sinnbildlich für den weiteren Weg des Hauses stehen könnte. Aus den Proberäumen heraus entstand der Wunsch nach echten Bühnen, nach Konzerten, nach Sound. Internationale Künstler, Acts aus vielen Teilen der Welt, traten von nun an auf, lange bevor weltweite Tourneen zum Alltag wurden. Die jungen Andernacher standen dahinter, ebenso natürlich das JUZ-Team.
Größer gedacht – gemeinsam gestaltet
In diesen Jahren begann sich das Profil des JUZ zu schärfen, es entwickelte jene Besonderheit, jenen Dualismus, der es bis heute prägt und bekannt macht. Das Andernacher Jugendzentrum war bald nicht mehr allein ein Ort für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Es wurde auch zum international bekannten Metalklub. Die Bühne in Andernach wurde für viele Musiker zum Sprungbrett.

Mit der wachsenden Nachfrage nach Auftrittsmöglichkeiten und der steigenden Zahl an Jugendlichen wurde der Platz in der Villa knapp. Ende der 1990er-Jahre beteiligten sich mehr als 1600 junge Menschen an einer großen Umfrage: Wie soll das Jugendzentrum der Zukunft aussehen? Wie soll man auch künftig klassische Jugendarbeit und die Stärke als Musikklub miteinander verbinden? Die Wünsche flossen in den Neubau an der Stadionstraße mit ein, der im Jahr 2000 eröffnete.

In der Übergangszeit war das JUZ-Team in den Räumen des ehemaligen Offenen Kanals an der Koblenzer Straße untergebracht. Unterdessen entstand nebst modernen Räumen für die Jugendarbeit ein großzügiges Außengelände an der Stadionstraße, heute wichtiger Bestandteil für Sport, Spiel und Begegnung. Es bietet Raum zum Toben, Sitzen, Bolzen und Werfen, für Fußball, Basketball oder einfach Bewegung im Freien. „In einer Welt, die sich ständig verändert, ist es unsere Aufgabe, einen sicheren Raum zu bieten, in dem junge Menschen sich entfalten und ihre Talente entdecken können“, sagt Alexander Käb vom Jugendamt. Mitgedacht ist im neuen Konzept von Anfang an auch die technische Infrastruktur und eine ganz besondere Bühne: Sie lässt sich nach außen hin öffnen, wodurch Konzerte in den Innenräumen genauso wie auf dem JUZ-Hof möglich sind.
Musik, Kultur, Gemeinschaft – das JUZ als zentrale Anlaufstelle
Das JUZ bringt ergo seit den 80er-Jahren bis heute regelmäßig – als „JUZ Live Club“ – hochkarätige Bands nach Andernach. Arch Enemy, Powerwolf, Iced Earth, Dimple Minds, In Extremo, Toxoplasma, Doro, und so fort – viele Legenden der Rock-, Punk- und Metalszene kamen und kehrten auch wieder zurück. Manche waren übrigens auf Organisation des JUZ-Teams vor Ort, spielten aber etwa in der Turnhalle oder dem Christopherus-Saal so Blind Guardian, Saga und Gotthard.
Festivals wie das „Summers End Open Air“, die „Andernacher Metal Days“ oder das legendäre „Swordbrothers Festival“ sind eng mit dem JUZ verbunden. Anno 2024 hat das bekannte Rock-Hard-Magazin das Andernacher JUZ sogar zu den zehn wichtigsten deutschen Metalklubs gewählt.

Das JUZ ist heute Bühne, Rückzugsort, Kreativwerkstatt und Heimat für rund 200 regelmäßig betreute Kinder und Jugendliche – und bei Konzerten Anlaufstelle für ein weitaus größeres Publikum. Trotz der Bedeutung der JUZ-Bühne ist die pädagogische Arbeit weiterhin das Herzstück der Einrichtung. Die Tür steht für Jugendliche stets offen, es gibt eine Nachmittagsbetreuung, verlässliche Ansprechpartner, Projekte – das JUZ ist fest in die kommunale Sozialstruktur eingebunden. Zusammen mit dem Kreisjugendamt, das Teil eines Netzwerks mit mehr als 300 Mitarbeitenden ist, gestaltet das Zentrum passgenaue Angebote. Auch die Arbeit von 13 städtischen Kitas ist eng mit dem JUZ verbunden.

Ein weiterer Baustein der Andernacher Jugendarbeit sind die Jugendräume in den Stadtteilen, die Anfang der 2000er-Jahre im Rahmen des städtischen Jugendplans eingerichtet wurden. Sie bestehen bis heute und bieten Jugendlichen wohnortnahe Treffpunkte mit Mitbestimmungsmöglichkeiten – ein Ansatz, der Integration, Eigenverantwortung und soziale Kompetenz fördert.

Bürgermeister Claus Peitz bringt es auf den Punkt: „Das Jugendzentrum spielt eine wichtige Rolle dabei, dass Kinder und Jugendliche in Andernach in einem sicheren und unterstützenden Umfeld aufwachsen können. Die enge Verzahnung mit dem Jugendamt ist dabei ein Schlüssel zum Erfolg.“ Durch den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den beiden Bereichen – klassische Jugendarbeit und Auftrittsmöglichkeiten – werde sichergestellt, dass die „Bedürfnisse unserer jungen Menschen bestmöglich gehört“ werden. „Wir fördern nicht nur Talente, wir geben jungen Menschen das Gefühl, dass ihre Stimme zählt“, ergänzt Thomas Schmidt. Proberäume, Workshops und Auftrittsmöglichkeiten stünden dabei auch Nachwuchsbands zur Verfügung.
50 Jahre – und kein bisschen leise
Zum Jubiläum plant das JUZ eine besondere Feier, organisiert von den Jugendlichen selbst. Termin und Programm stehen noch aus, aber die Vorbereitungen laufen. Zugleich wird es für Rock- und Metalfans mehrere Konzerte im JUZ-Live-Club geben. Jugendarbeit und bekannte Bands – auch das Jubiläum des Andernacher Jugendzentrums kommt nicht ohne diese beiden wichtigen Säulen aus, die die Seele des JUZ bis heute prägen.
Öffnungszeiten und Termine zum Jubiläum
Das Jugendzentrum Andernach (JUZ) ist für Jugendliche zwischen 12 Jahren und 27 Jahren von dienstags bis freitags von 15 bis 19 Uhr im Rahmen der „Offenen Tür“ geöffnet. Im Mai finden gleich zwei Konzert-Highlights im JUZ statt, die den runden Geburtstag der Einrichtung feiern. Am 2. Mai feiert das JUZ „Cheers to 50 years“, Einlass ist ab 18 Uhr. Einen Tag später, am 3. Mai, stehen die Bands Dark Tranquillity und Moonspell und, im Vorprogramm, Hiraes auf der Bühne. Am 31. Mai geht es dann mit einem Open-Air mit Subway to Sally und mit The Feelgood McLouds im Schlossgarten weiter. Weitere Termine für Veranstaltungen und Konzerte gibt es unter www.juz-andernach.de.