Der Andernacher Planungsausschuss hat sich in seiner jüngsten Sitzung dagegen ausgesprochen, dass das historische Gebäude in der Mauerstraße 26 in die Denkmalliste des Landes aufgenommen wird. Zur Begründung verwies die Verwaltung in ihrer Vorlage auch auf die Einwohnerversammlung Anfang März, wo das Thema lediglich am Rande angeschnitten wurde: „Ein öffentliches Interesse in der Stadt besteht weder an der geplanten Unterschutzstellung noch an dem Erhalt des Objektes.“
Dass es nicht allen Andernachern gleichgültig ist, was aus dem 1616 errichteten Wohn- und Geschäftshaus wird, zeigt die Zuschrift eines Lesers, die die Redaktion kürzlich erreichte. „Dieses Haus ist schützenswert!“, hat Nikolaus Herres seinen Leserbrief überschrieben. Er verbrachte seine Kindheit in dem Gebäude, seine Mutter Marlene war die Tochter des Bäckermeisters und Konditors Josef Fuchs, der das Wohn- und Geschäftshaus in der Mauerstraße 26 Anfang 1924 erwarb und darin eine Bäckerei mit einem kleinen Café eröffnete.
„Ein öffentliches Interesse in der Stadt besteht weder an der geplanten Unterschutzstellung noch an dem Erhalt des Objektes.“
Die Stadtverwaltung Andernach ist gegen eine Aufnahme des historischen Gebäudes in die Denkmalliste des Landes.
Oberhalb der Backstube lebten in den Nachkriegsjahren drei Generationen auf engem Raum zusammen. Zu Nikolaus Herres’ Großeltern und Eltern gesellten sich nach und nach fünf Söhne, auch eine Tante sowie sein Onkel Hubert Fuchs, der das Gebäude und die Bäckerei später übernahm, und dessen Ehefrau lebten gemeinsam unter einem Dach, bis die Familie Herres mit ihren fünf Kindern 1968 in die Südstadt umzog.
Nikolaus Herres führten Studium und Beruf zunächst weg aus Andernach. Aus der Ferne verfolgte er die Entwicklungen rund um das Anwesen in der Mauerstraße weiter. Der Betrieb des Cafés gestaltete sich zunehmend schwierig, nachdem die Linienschiffe der Köln-Düsseldorfer nicht mehr am Andernacher Rheinufer Station machten und damit die Laufkundschaft ausblieb, erzählt Herres. Deshalb bauten die Eigentümer das Haus in den 70er-Jahren zu einem Hotel um. Im Hotel „Garni Fuchs“ fanden damals in erster Linie Radtouristen eine Übernachtungsmöglichkeit.

Nach dem Tod des Betreibers im Jahr 2014 stand das Gebäude zum Verkauf, Nikolaus Herres wohnte und arbeitete damals noch in der Schweiz. Vor vier Jahren zog er gemeinsam mit Ehefrau Hedwig, die sich einst als Studentin in einer Seminararbeit eingehend mit der wechselhaften Geschichte des Anwesens in der Mauerstraße 26 beschäftigt hatte, zurück in seine Heimatstadt.
Das Gebäude spielt eine wichtige Rolle in seiner Familiengeschichte, ist aber darüber hinaus auch von großem historischen Wert für die Stadt Andernach, ist Herres überzeugt: Es ist eines der wenigen Häuser, das weder den großen Stadtbränden von 1632 und 1689 noch den Bomben im Zweiten Weltkrieg zum Opfer fiel. 1729 kam es in den Besitz der Familie Mering, die bis Mitte des 18. Jahrhunderts für den Kölner Kurfürsten den Rheinzoll einnahm und mehrfach den Bürgermeister stellte. 1857 erwarb die evangelische Kirchengemeinde das Gebäude und richtete dort ihr Pfarrhaus sowie eine evangelische Schule ein.
„Das Haus hat mehr als 400 Jahre wechselvoller Geschichte überstanden, es ist zweifelsohne schützenswert.“
Nikolaus Herres
Zu schaffen machten den Besitzern über die Jahrhunderte hinweg vor allem die regelmäßigen Hochwasser des Rheins, die Keller und Erdgeschoss überfluteten. Bereits wenige Jahre nach der Eröffnung des Cafés entschied sich sein Großvater Josef Fuchs daher dafür, die Wände des Ladenlokals zu kacheln, um die Reinigung nach einem Hochwasser zu erleichtern, weiß Herres. Das Innere des Gebäudes besticht durch das herrschaftliche Treppenhaus mit dem aufwendig geschnitzten Löwenkopf am Treppengeländer und die reich verzierten sogenannten Kölner Decken, die in mehreren Räumen erhalten sind.
Auf den Zustand der alten Bausubstanz hätten die Voreigentümer stets geachtet. Die im jüngsten Planungsausschuss ins Spiel gebrachten Sanierungskosten in Höhe von 2 Millionen Euro hält Herres daher für überzogen: „Ein solcher Betrag würde vielleicht anfallen, wenn man das Gebäude zu einem Luxusdomizil umbauen will.“

Stadt lehnt Denkmalschutz für Mauerstraße 26 ab
Mit seinem architektonischen Erbe tue sich Andernach seit jeher eher schwer. Nikolaus Herres führt dafür einige prominente Beispiele auf: Als Mitte des 19. Jahrhunderts größere Teile der Andernacher Stadtmauer niedergelegt wurden, war auch ein Abriss des Runden Turms im Gespräch, was jedoch verhindert werden konnte. Das Rheintor wiederum sollte nach Willen der Stadtverwaltung Ende des 19. Jahrhunderts weichen, als das Straßenniveau der heutigen Konrad-Adenauer-Allee angehoben wurde. Stehen blieb es nur auf Weisung des Denkmalschutzes.
Auch das markante Eckhaus an der Kreuzung von Kirchstraße und Hochstraße, das erst vor wenigen Jahren dank privaten Engagements saniert und erhalten werden konnte, zählt Herres in diese Reihe. Er hofft nun, dass auch das Anwesen in der Mauerstraße 26 wiederbelebt werden kann: „Das Haus hat mehr als 400 Jahre wechselvoller Geschichte überstanden, es ist zweifelsohne schützenswert. Die Stadt sollte nichts unversucht lassen, um einen Käufer zu finden, der seine Qualität schätzt.“