Hier der pompöse, scheinbar unsinkbare Ozeandampfer, dessen Jungfernfahrt auf dem Boden des Atlantiks endete. Dort jener US-amerikanische Spielfilm aus dem Jahr 1997, der vor allem für seinen Titelsong „My Heart Will Go On“ sowie die romantische Reling-Szene zwischen Rose DeWitt Bukater (gespielt von Kate Winslet) und Jack Dawson (Leonardo DiCaprio) berühmt geworden ist. Bei der Komödie „Titanic – Schöne Menschen spielen große Gefühle“, die am Samstag auf der Kleinen Bühne im Alten Arresthaus Premiere bei den Mayener Burgfestspielen feierte, wird der Kinoklassiker, der zu den erfolgreichsten Filmen aller Zeiten zählt, auf witzige und höchst unterhaltsame Weise aufs Korn genommen.
Kleines Setting gegen Riesenproduktion
Allein zwei Schauspielerinnen und eine gewöhnliche Bar als Kulisse brauchte es, um den Blockbuster, der nicht nur 200 Millionen US-Dollar gekostet, sondern auch 86 Millionen Liter Wasser verbraucht hat, zu persiflieren. Hauptverantwortlich für die kurzweilig-amüsante Vorstellung waren Antonia Sophie Schirmeister und Silke Buchholz. Als Elli und Alberta – zwei bald melancholische, bald heitere, dabei stets sich gegenseitig neckende Barfrauen – erzählten sie die Handlung des Filmklassikers nach und besetzten dabei – gleichsam als Stück im Stück – alle Rollen selbst.

Die zweifellos eingebildete, aber doch irgendwie liebenswerte Elli und die leberwurstliebende Alberta sangen, tanzten und mimten alle wesentlichen Charaktere wie Rose DeWitt Bukater, Jack Dawson, Cal Hockley, Molly Brown oder Kapitän Edward John Smith. In intim-gemütlicher Atmosphäre demonstrierten die beiden Schauspielerinnen vor rund 100 Zuschauern, wozu Theater fähig ist. Unter der Regie von Caroline Stolz, seit der letztjährigen Spielzeit stellvertretende Intendantin der Mayener Burgfestspiele, zogen sie das Publikum in ihren Bann und nahmen es förmlich mit auf die Titanic und ins Jahr 1912.
Wer darf welche Rolle spielen?
Der Bartresen auf der Bühne wurde je nach nachgestellter Szene spontan mal zur Reling, mal zur Kommandobrücke und ein anderes Mal zum Kesselraum der Titanic umfunktioniert. Gerade die schnellen Ortswechsel bei gleichbleibender Kulisse und die ständige Ungewissheit, ob man sich in der Gegenwart von Elli und Alberta oder schon wieder in der Nacherzählung des Films befindet, sind charakteristisch für die besondere Dramaturgie der Komödie „Titanic“. Auf die Spitze wurde die Komik immer dann getrieben, wenn Elli und Alberta sich darüber stritten, wer welche Rolle übernehmen dürfe. Insbesondere nach der im Film von Kate Winslet verkörperten Rose sehnten sich beide.
Selbst der Moment der Kollision mit einem Eisberg, der bekanntermaßen das jähe Ende für den gigantischen Passagierdampfer bedeuten sollte, mutete auf der Kleinen Bühne des Alten Arresthauses zum Lachen an, da – mangels alternativer Requisiten – jener Eiskoloss durch einen winzigen Eiswürfel dargestellt wurde, der eigentlich zum Kühlen des Champagners gedacht war.

Überhaupt wurde so ziemlich alles hinter der Bar Befindliche genutzt, um die Filmszenen möglichst getreu nachzustellen. Da musste auch schon mal ein rundes Tablett als Steuerrad oder eine mit Putzmittel befüllte Sprühflasche als Parfümflakon herhalten.
Not macht eben erfinderisch. Und deshalb überwog auch am Ende des Stückes, als der Untergang der Titanic und die verzweifelte Suche der Passagiere nach Rettungsbooten das Geschehen bestimmt, weniger die Wehmut als vielmehr die Heiterkeit angesichts der Kreativität, mit der Elli und Alberta eine Millionenproduktion der US-Filmindustrie mit einfachsten Mitteln kopierten. Und dabei für nicht weniger gute Unterhaltung sorgten. Bis zum 13. August wird das Lustspiel mit nur zwei Schauspielerinnen noch bei den Burgfestspielen zu sehen sein. Großes Kino ist garantiert.










