Wer sind die politischen Sieger und Verlierer im Wahlkreis 197 (Ahrweiler)? Wir haben mit den Direktkandidaten gesprochen. Für sie hat viel auf dem Spiel gestanden, denn immerhin geht es um eine politische Karriere im Bundestag.
CDU-Direktkandidatin Mechthild Heil hat es geschafft – wieder einmal. Sie ist seit 2009 im Bundestag und hat jetzt zum dritten Mal ihr Direktmandat erfolgreich verteidigt: mit 39,3 Prozent der Erststimmen. „ Ich bin dankbar, dass ich gewählt wurde und dass die Menschen Vertrauen in mich haben. Es ist eine große Verantwortung, diesem Vertrauen gerecht zu werden“, sagte sie gegenüber unserer Zeitung. Sie habe im Wahlkampf mit vielen Menschen gesprochen, die zermürbt vom Ampelchaos gesagt hätten: „So geht es nicht weiter.“ Insofern sei der Erfolg der CDU erwartbar gewesen. Was Mechthild Heil allerdings Sorgen bereitet, ist die hohe Zustimmung zur AfD – auch in ihrem Wahlkreis. „Es gibt Gebiete im Wahlkreis, in denen die AfD unglaublich stark ist und zum Teil vor der CDU und vor der SPD liegt“, sagt sie nach einer ersten Analyse. „Das sind im Grunde genommen die Gebiete, in denen die Freien Wähler stark sind. Ich würde die These wagen: Dort haben die Freien Wähler jetzt AfD gewählt. Das müsste man dann für die nächste Landtagswahl im Blick behalten und wäre eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“

SPD-Direktkandidat Ferdi Akaltin ist enttäuscht. Er hat es nicht geschafft, der CDU das Direktmandat abzujagen, und kommt auf 19,3 Prozent der Erststimmen. Aber noch viel schlimmer ist für ihn das historisch schlechte Abschneiden der SPD. „Das ist unfassbar bitter“, sagt er. „Alle Versuche, die Stimmung zu drehen, sind im Grunde genommen gescheitert.“ Wahlen in Deutschland werden seiner Erfahrung nach in der politischen Mitte gewonnen. „Die politische Mitte hat jedoch ganz stark verloren“, stellt er fest. „30 Prozent der Wähler haben ganz rechts oder ganz links gewählt.“ Seiner Einschätzung nach sind der „Zusammenhalt unserer Gesellschaft und unsere Art zu leben heute so bedroht wie nie zuvor seit Ende des Zweiten Weltkrieges“.
Angesichts des Wahlergebnisses ist Grünen-Direktkandiatin Verena Örenbas nicht ganz zufrieden. „Auch wenn unsere Verluste vergleichsweise gering sind, ist das natürlich kein Ergebnis, mit dem man zufrieden sein könnte“, sagt sie. Als sehr positiv hat sie allerdings den Wahlkampf selbst wahrgenommen. „Wir waren ein ganz großartiges Team und haben sehr viele gute Gespräche geführt. Daraus nehme ich viel Positives mit.“ Allerdings gibt es innerhalb des Wahlkreises auch größere Unterschiede in der Zustimmung zu den Grünen. „Dort, wo wir auf kommunalpolitischer Ebene nicht vertreten sind, hatten wir es jetzt auch bei der Bundestagswahl schwerer, mit grünen Themen durchzudringen.“

FDP-Direktkandidat Ulrich Hermani hoffte am Wahlabend noch auf den Einzug der Liberalen in den Bundestag. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagte er unserer Redaktion am Telefon. Sie erfüllte sich dennoch nicht. Seine Partei sei für eine „Wirtschaftswende“ eingetreten. Hermani hätte es gern gesehen, wenn die FDP diese in einer „Deutschlandkoalition“ mit CDU und SPD hätte umsetzen können. Nun setzt er auf eine Große Koalition aus CDU und SPD. Eine Regierungsbeteiligung der Grünen bedeute Stillstand. Die Liberalen dürfe man nun nicht „zu Grabe tragen“. Ihr Blick richte sich nun auf die Landtagswahlen. „Wir haben gute Botschaften, wir müssen es nur schaffen, sie in die Bevölkerung zu tragen“, findet Hermani. Konkret meint er zum Beispiel die Aktienrente, die das Rentensystem stabilisieren soll. Hermani holte übrigens 3,3 Prozent der Erststimmen. Vor vier Jahren kam der FDP-Kandidat noch auf 8,3 Prozent.
Direktkandidat David Eilert von den Freien Wählern ist von seinem Ergebnis (3,5 Prozent der Erststimmen) enttäuscht. „Ich hatte mir mehr erhofft“, sagt Eilert im Gespräch mit unserer Redaktion. Im Wahlkampf sei ihm jedoch immer wieder gespiegelt worden, dass viele sich zwar mit den Zielen der Freien Wähler identifizieren, aber denken, die Partei sei noch nicht bereit für den Bundestag. „Hinzu kam: Der Wahlkampf hat sich sehr auf das Verhältnis CDU/AfD fokussiert“, analysiert Eilert. Das Abschneiden der AfD mache ihm Angst. „Wir Freien Wähler wollten ja eine bürgerliche Alternative bieten“, sagt er. Das habe nicht geklappt. Nach der Wahl ist für ihn dennoch vor der Wahl: Ziel der Freien Wähler sei es, 2026 wieder in den rheinland-pfälzischen Landtag einzuziehen. „Wenn es gefordert ist, stehe ich da natürlich auch als Kandidat zur Verfügung.“

AfD-Direktkandidat Martin Kallweitt sagt: „Wir sind positiv überrascht von dem Abschneiden der AfD bei der Bundestagswahl.“ Man sei im Wahlkreis 197 zweistärkste Partei geworden. „Die Menschen hatten den Mut, uns ihr Vertrauen zu schenken. Wir sind eine Erfolgspartei und jetzt auch eine Volkspartei geworden“, kommentiert er die Wahlergebnisse. 17,9 Prozent der Erststimmen wertet er als gutes Ergebnis für sich. Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen glaubt er, dass Friedrich Merz seine „Versprechungen in einer GroKo mit der SPD nicht wird umsetzen können“. Für die Arbeit an der Basis kündigt er an, auf kommunaler Ebene Mehrheiten suchen zu wollen für AfD-Positionen. Es sei bedauerlich, dass AfD-Anträge bisher im Kreistag MYK abgelehnt worden seien. Aber das Ergebnis der Bundestagswahl zeige, dass man im ländlichen Raum angekommen sei.
Linke-Direktkandidat Lucas Schön ist mit den Ergebnissen seiner Partei im Wahlkreis 197 recht zufrieden. „Wir haben unser Ergebnis mehr als verdoppelt, und das ist doch ein toller Erfolg“, meint er. Besonders gut haben die Linken bei den Erst- und Zweitstimmen entlang der Rheinschiene abgeschnitten. Etwas schlechter sieht es dafür im südlichen Wahlkreis und in der Eifel aus. Lucas Schön macht dafür die höhere Zahl an Wählern mit Migrationshintergrund und das vergleichsweise urbanere Umfeld im Rheintal für das bessere Abschneiden seiner Partei verantwortlich. Zudem glaubt er, dass er „aus alter linker Verbundenheit“ auch einige Erststimmen von Wählern bekommen hat, die sich bei der Zweitstimme für das BSW entschieden haben.