Die Mitglieder des Stadtwerke-Aufsichtsrats waren in einer außerordentlichen Sitzung über die angespannte finanzielle Lage informiert worden – bereits wenige Stunden bevor der neu gewählte Stadtrat Anfang Juli erstmals zusammentrat. In der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses Anfang der Woche sprach sich das Gremium einstimmig dafür aus, das den Stadtwerken in Aussicht gestellte Darlehen mit einer Bürgschaft in Höhe von 1,6 Millionen Euro abzusichern.
Auf die ursprünglich geplante Vorberatung des Jahresabschlusses 2023 der Stadtwerke sowie der Tochtergesellschaft Stadtwerke Andernach Energie wurde verzichtet. Stattdessen soll der Stadtrat in einer der kommenden Sitzungen die Jahresbilanz feststellen und dem Stadtwerke-Geschäftsführer Jan Deuster sowie dem Aufsichtsrat Entlastung erteilen. Die Zahlen, mit denen sich der Rat dann befassen wird, sehen alles andere als rosig aus: Nachdem die Stadtwerke 2022 bereits ein Minus in Höhe von rund 162.000 Euro erwirtschaftet hatten (wir berichteten), steht für das vergangene Jahr ein Fehlbetrag in Höhe von gut 425.000 Euro in der Bilanz.
Auch für 2024 zeichnet sich Minus ab
Auch für das laufende Jahr zeichnet sich ein deutliches Minus ab, erklärt Stadtwerke-Geschäftsführer Deuster im Gespräch mit der Rhein-Zeitung. Um nach den negativen Entwicklungen der vergangenen Jahre gewährleisten zu können, dass das Unternehmen notwendige Ausgaben inklusive anstehender Tilgungen von Darlehen tätigen kann, müsse man sich nun Geld leihen: „Unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist begrenzt.“ Für ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der Stadt Andernach sei es dann naheliegend, bei der Eigentümerin um die erforderliche Bürgschaft für das Darlehen zu bitten.
„Wir sind mit Situationen außerhalb des normalen Planungshorizonts konfrontiert.“
Stadtwerke-Geschäftsführer Jan Deuster
In den Jahren vor der Pandemie habe der positive Ertrag, den die Stadtwerke mit dem Betrieb des Rheinhafens erwirtschafteten, ausgereicht, um Defizite in anderen Geschäftsbereichen auszugleichen, betont Deuster. So lasse sich beispielsweise das Hallenbad nicht kostendeckend bewirtschaften. Allein durch den Betrieb der Freizeiteinrichtung entsteht bei den Stadtwerken jährlich ein Fehlbetrag im mittleren sechsstelligen Bereich.
Hafen und Energiegeschäft schwächeln
Neben dem Hafen, der nach wie vor unter den seit der Corona-Pandemie gestörten Lieferketten leidet, schwächelt seit dem Ukraine-Krieg auch das Energiegeschäft, mit dem die Stadtwerke zuvor Überschüsse erzielten. Die Energiemarktkrise führe zu einer höheren Preissensibilität der Abnehmer: Manche Kunden wechselten zu günstigeren Anbietern, andere setzten statt auf Gas inzwischen auf andere Brennstoffe. Während die verkauften Mengen zurückgingen, bleibe der finanzielle Aufwand für den Betrieb der Netze aber konstant.
„Wir sind mit Situationen außerhalb des normalen Planungshorizonts konfrontiert“, fasst Deuster zusammen. Man rechne aber damit, Ende des Jahres die Talsohle durchschritten zu haben. Existenzielle Sorgen habe man nicht, stattdessen setze man darauf, dass sich das Containergeschäft in den kommenden Jahren erholen und der Hafen damit wieder schwarze Zahlen schreiben wird: „Wir sind durch den Tiefpunkt durch.“
Aufsichtsbehörde hat das letzte Wort
In der kommenden Stadtratssitzung sollen die Mitglieder endgültig die Bürgschaft für das Stadtwerke-Darlehen auf den Weg bringen. Das letzte Wort in dieser Sache hat allerdings die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die die Übernahme der Bürgschaft genehmigen muss. Sollten der Stadtrat oder die ADD wider Erwarten nicht zustimmen, habe man noch andere Optionen, das Darlehen abzusichern, erklärt Deuster. So könne man beispielsweise die Hafenanlagen zur Absicherung des Liquiditätskredits in den Topf werfen.
Seitens der Andernacher Stadtverwaltung rechnet man derzeit nicht damit, dass die ADD Einwände erheben wird: Schließlich seien die Stadtwerke eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Stadt und erfüllen städtische Aufgaben. Damit bewege man sich im Rahmen der Gemeindeordnung, wonach Kommunen Bürgschaften lediglich zur Erfüllung ihrer Aufgaben eingehen dürfen.