„Mir hat Politik immer Spaß gemacht, ich bin jeden Tag gern ins Büro gegangen”, stellt Bosbach zu Beginn klar. Mit pfiffigen Anekdoten steigt er dann auch ein und zeigt dabei, dass er sich selbst auch nicht so ernst nimmt. „Da war die Dame, gut in den Sechzigern, im KaDeWe in Berlin, die mich um ein Autogramm bat. Aber sie erklärte: Es ist nicht für mich, es ist für meine Mutter, sie ist Fan von Ihnen.”
Dann die erste klare Kante in Richtung Demokratieverständnis: „Eine andere Meinung ist eben eine andere Meinung.” Die Fähigkeit, andere Meinungen wirklich zu tolerieren, stelle einen der Grundpfeiler der Demokratie dar. Politik sei keine Mathematik mit festen Parametern, sondern ein ständiges Ringen, wobei niemand die Wahrheit für sich gepachtet haben könne.
Er beobachte, dass es immer schwieriger werde, Menschen zu finden, die sich im Ehrenamt engagieren. Frage ans Publikum: „50 Prozent der Bevölkerung bezeichnen sich als politisch interessiert. Wie viel Prozent sind Mitglieder in einer Partei?” Das Ergebnis von 1,5 Prozent errät niemand. Bosbach hält dennoch die Demokratie für die beste Staatsform.
Bosbach: “CDU erreicht breite Schichten der Bevölkerung„
Im Verhältnis gesehen könne sich die CDU immer noch als Volkspartei sehen, sie erreiche breite Schichten der Bevölkerung. Aber die Lage werde schwieriger. Während er der gerade gegründeten Werte-Union keine Chance gibt, könne er sich bei Sahra Wagenknecht einen Wahlerfolg durchaus vorstellen. „Also könnte es durchaus passieren, dass dann acht Parteien im Bundestag sitzen.” Das sei schlicht und ergreifend ein Risiko für die Stabilität des Systems.
Das Thema AfD geht er energisch an: „Ich bekämpfe die AfD, weil ich konservativ bin.” Im Osten Deutschlands höre er immer wieder, dass diese Partei die richtigen Fragen stelle. „Aber es geht nicht um die Fragen, es geht um die Antworten”, ruft Bosbach aus. Zum Beispiel bedeute der von der AfD geforderte EU-Austritt bei einem Land wie Deutschland mit neun direkten Nachbarländern das Ende der Europäischen Union. Und trotzdem halte er nichts davon, ganze Wählergruppen als Nazis zu bezeichnen. Untersuchungen zur Wählerwanderung hätten zum Beispiel bei der Berliner Nachwahl ergeben, dass die CDU keine Stimme an die AfD verloren habe, aber SPD und Linke.
Kommentare zur Ampelregierung sorgen für Applaus
Heftigen Applaus gibt es, als es gegen die Ampel geht: „Die Ampel weicht den großen Fragen aus, was früher Schuldenberg hieß, heißt jetzt Sondervermögen.” Klare Worte zu den Bauern-Demos: „Die Bauern haben zu 100 Prozent recht. Wir brauchen die Landwirte zur Produktion von Lebensmitteln, nicht in erster Linie als Beschützer unserer Umwelt.”
Dann wieder eine der kleinen Geschichten aus dem Leben mit einem Hieb gegen Grün: „Im Kölner Karneval kam mir eine Gruppe in Indianerkostümen entgegen. Einer davon rief mir zu: Wir sind nie verkleidet zum Karneval gegangen, aber jetzt gerade, denn wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir zu feiern haben.” Das Hauptproblem der Grünen liege auf deren Vorstellung, sich für die besseren Menschen zu halten.
Blick auf die Wirtschaft: “Alle deutschen Firmen sind weg"
Und dann der Blick in die Wirtschaft mit dem Zitat „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat”. Bosbach: „Das war der erste Satz, der über ein Telefon gesprochen wurde. Und das war eine deutsche Erfindung. Aber kennen Sie noch alte Elektro-Namen? Nordmende, Grundig, Braun – alle deutschen Firmen sind weg.” Unternehmen wie Microsoft, Apple, Amazon und Alphabet seien heute die großen Namen. „Unter den 50 größten KI-Unternehmen ist keine einzige deutsche Firma.”
Wie sieht nach Bosbach die Lösung aus? „In der alten Industrie – Maschinenbau, Elektrotechnik, Automobil – sind wir noch Weltklasse. Wir können in der Zukunft insgesamt aber nur mithalten, wenn wir auf eines setzen: Bildung, Bildung, Bildung.”