Anlieger von Debatte verunsichert - Was auf Eigentümer in Andernach zukommt
Unruhe in Andernach: Viele Widersprüche gegen Ausbaubeiträge
Die Arbeiten an der Andernacher Güntherstraße sind inzwischen fast abgeschlossen, die Stadt hat die Bescheide zur Erhebung von Vorausleistungen auf die Ausbaubeiträge verschickt. Dagegen haben 32 Grundstücksbesitzer Widerspruch eingelegt. Foto: Martina Koch
Martina Koch

Andernach. Die Diskussion über die Zukunft der Straßenausbaubeiträge in Rheinland-Pfalz hat auch in Andernach für Unruhe unter den Grundstückseigentümern gesorgt. Das zeigt unter anderem die umfangreiche Vorlage, die die Bauverwaltung der Stadt zu diesem Thema bei der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) vorlegte: 32 Anlieger der gerade im Ausbau befindlichen Güntherstraße haben Widerspruch gegen die Erhebung von Vorausleistungen durch die Stadt erhoben – vermutlich in der Erwartung, dass sich die Rechtslage demnächst ändert und die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden. Die RZ hat Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema zusammengetragen.

1 Wie geht die Stadt mit Widersprüchen gegen die erhobenen Vorausleistungen um? Die Verwaltung sammelt die Widersprüche – soweit diese die gleiche Begründung anführen – und wird in Absprache mit den betreffenden Anliegern ein Musterverfahren unter anwaltlicher Beteiligung durchführen. Sammelwidersprüche erwartet die Stadt dabei nicht nur im Fall der im Ausbau befindlichen Günterstraße, sondern bei allen Straßenausbauprojekten der vergangenen Jahre, bei denen die Schlussabrechnung noch aussteht: Dazu gehören die Beethoven- und Mozartstraße, an denen noch gebaut wird, sowie die Albertstraße, Schubertstraße, Eisenhand und Dr.-Wilhelm-Reuter-Straße, die bereits fertiggestellt sind. In den genannten Gebieten wurden Vorausleistungen auf die Ausbaubeiträge erhoben.

2 Werden für die kommenden Jahre geplante Straßenbauprojekte verschoben? Für eine Verschiebung – zumindest der in diesem Jahr anstehenden – städtischen Straßenbauprojekte stimmte eine Mehrheit der HFA-Mitglieder (wir berichteten). Im Falle der Kirchstraße sprechen auch das anstehende Domjubiläum und der Rheinland-Pfalz-Tag gegen einen baldigen Baubeginn. Viel länger lassen sich die Straßensanierungen allerdings nicht verschieben, erläutert die städtische Baubehörde. Die Sanierungsarbeiten in der Kirchstraße, Hahnengässchen, Auf der Wick sowie der Ausbau des Kirchhofswegs werden vom Land im Zuge des Städtebauförderprogramms „Historische Stadtbereiche“ bezuschusst. Einzelmaßnahmen werden allerdings lediglich bis 2021 gefördert. Wird der Straßenausbau in der Altstadt nicht bis 2021 genehmigt, riskiert die Stadt einen Verlust von Zuschüssen in Höhe von 750.000 Euro.

Auch die Ausbauvorhaben in anderen Bereichen lassen sich nicht beliebig hinauszögern, wie der technische Leiter des Bauamts, Rainer Schmitz, im HFA erläuterte: Die im Untergrund verlaufenden Versorgungsleitungen haben ihre Höchstlebensdauer vielerorts erreicht und müssen dringend erneuert werden. So lässt sich etwa die ausstehende Sanierung der Taubentränke nicht über Jahre hinweg verschieben.

3 Kommt der wiederkehrende Beitrag für Andernach? Nach Willen der SPD-Stadtratsfraktion sollen die Einmalbeiträge in Andernach durch wiederkehrende Straßenbaubeiträge ersetzt werden. Damit will man verhindern, dass Hausbesitzer durch hohe Einmalzahlungen in finanzielle Not geraten. Die Gemeindestraßen eines bestimmten Gebiets werden beim wiederkehrenden Beitrag zusammengefasst und die Ausbaubeiträge in regelmäßig zu entrichtenden Zahlungen auf die Anlieger umgelegt.

Die Schaffung dieser Abrechnungsgebiete stellt die Verwaltung allerdings vor große Herausforderungen, erläutert das städtische Bauamt. Schließlich ist es rechtlich nicht möglich, alle Andernacher Straßen in einen Topf zu werfen. Stattdessen müssen Gebiete definiert werden, die zusammenhängend bebaut sind und deren Straßen von den dort lebenden Grundstückseigentümern häufiger genutzt werden, als von anderen Autofahrern. Dabei dürfen Straßenzüge mit großen Unterschieden im Sanierungsbedarf nicht zusammengefasst werden – was bei einem alten Ortskern und einem angrenzenden Neubaugebiet der Fall wäre. Aufgrund des hohen Personalaufwands, der für die rechtssichere Einteilung der Abrechnungsgebiete vonnöten wäre, haben sich die Mitglieder des HFA dafür ausgesprochen, ein externes Fachbüro damit zu beauftragen. Über die Einführung der wiederkehrenden Beiträge wird entschieden, wenn die Experten ihr Gutachten – auch den Bürgern – vorgestellt haben.

4 Was passiert im Falle einer Umstellung mit den einmaligen Straßenausbaubeiträgen, die Anlieger bereits geleistet haben? Davor fürchten sich viele Andernacher, die in den vergangenen Jahren hohe Zahlungen für die Sanierung der Straße vor ihrer Haustür geleistet haben: Der wiederkehrende Beitrag kommt, und auf einmal werden sie für den anstehenden Ausbau einer Straße in ihrem Viertel mit zur Kasse gegeben – obwohl sie die Kosten für den Ausbau der eigenen Straße noch allein zu tragen hatten. Um eine solche Ungleichbehandlung zu vermeiden, haben Kommunen die Möglichkeit, Grundstückseigentümer, die Erschließungs- oder Einmalbeiträge gezahlt haben, für bis zu 20 Jahre von den wiederkehrenden Beiträgen zu verschonen.

5 Wie geht es im Falle einer Abschaffung der Straßenausbaubeiträge weiter? Über einen Gesetzesentwurf der CDU-Fraktion zur Abschaffung der Ausbaubeiträge wird der rheinland-pfälzische Landtag voraussichtlich diese Woche beraten. Darin wird vorgeschlagen, dass die Mittel, die durch eine angestrebte Abschaffung der Ausbaubeiträge wegfallen würden, durch Landesmittel finanziert werden. Laut dem Gesetzentwurf würde eine Stadt wie Andernach dann nach dem Beschluss, eine Gemeindestraße auszubauen, beim Land einen Antrag auf entsprechende Zuschüsse stellen. Finanziert würden diese durch die Steuern, die das Land einnimmt – und damit wiederum von den Bürgern.

Von unserer Redakteurin Martina Koch

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