Rekordverdächtige 49 Minuten hat sie gedauert, die jüngste Sitzung des Kreistages Mayen-Koblenz im öffentlichen Teil. Gleichzeitig ist dies die Premiere für den neuen Landrat Marko Boos gewesen. Die Chronologie des verheerenden Tanklaster-Unfalls mit seinen Effekten für das Naturschutzgebiet Thürer Wiesen zeichnete indes der Erste Kreisbeigeordnete Pascal Badziong nach. Eine wichtige Nachricht vorweg: Die Bundesstraße 262 muss für weitere vier Wochen gesperrt bleiben.
1 Was ist genau am Unglückstag geschehen? An jenem 21. Februar kam ein Tanklaster, der 30.000 Liter Heizöl laden konnte, auf der B262 von der Fahrbahn ab, überschlug sich und landete rücklings in einem Straßengraben. Was dann passierte, hätte, so ein Beobachter, „sich kein Katastrophenfilmer besser ausdenken können“: Gleich an der Unfallstelle befand sich ein Einlauf, über den circa 13.000 Liter Heizöl abflossen, weitere 12.000 Liter konnten rechtzeitig aus dem Laster abgepumpt werden. „Die Einsatzkräfte haben sehr schnell reagiert“, lobte Badziong. Sie hätten verhindert, dass der Brennstoff ins bestehende Naturschutzgebiet über ein Regenrückhaltebecken eindringen konnte – allerdings nicht, dass die vorgesehene Erweiterungsfläche kontaminiert worden ist.
Ein anderer Teil des Heizöls versickerte neben der Fahrbahn und unter dem Erdreich. „Wir sind dankbar, dass 90 Prozent des Gefahrstoffes sofort abgeschottet wurde“, betonte Bürgermeister Jörg Lempertz (CDU) im Kreistag. Es sei von vielen Helfern alles Menschenmögliche getan worden, um Schäden abzuwenden und zu beseitigen. Besonderer Dank gebühre der unteren Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung. Dies unterstrich auch Badziong: „Seit dem 24. Februar sind die Mitarbeiter bei Wind und Wetter täglich vor Ort.“

2 Wie wird vorgegangen, um weitere Gefahren abzuwenden? Mehrere Schauplätze müssen intensiv beackert werden. An der Erweiterungsfläche sind gut 80 Kubikmeter Boden und mehr als 100 Kubikmeter Schilf – letzteres mit einem Mähboot – abgetragen worden. Selbst ein Polizeihelikopter war im Einsatz: Er blies das mit Wasser vermengte Heizöl dank Rotorkraft aus den Randbereichen des Schilfes. Viele tote Vögel sind aufgefunden, einige Vögel sind mithilfe der Vogelauffangstation Kirchwald sowie von Helfern des Nabu und des BUND gerettet worden. Seit Freitag ist eine Wasseraktivkohlefilteranlage im Betrieb. Sie soll laut Badziong die letzten Rückstände beseitigen. Sein Fazit fällt so aus: „Fauna und Flora sind erheblich geschädigt.“ Am Rückhaltebecken steht jetzt die Sanierung an, möglicherweise werden 50 Prozent des Beckens mit Asphalt ausgekleidet. An und um die B262 wurden kontaminierte Flächen ausgekoffert. Rohrleitungen sind gespült und mit Kameras befahren worden.
Auf der seit dem 10. März gesperrten Verbindungsspange zur Autobahn wird bis zum 30. April kein Verkehr fließen, wie der Landesbetrieb Mobilität (LBM) mitteilt. Das liege daran, dass die Fahrbahndecke selbst vom Öl unterspült wurde. Der Asphalt müsse abgefräst und auf 140 Metern Länge neu aufgebracht werden. Zurzeit werde auch das Kanalsystem, das teils marode war, abgedichtet. Dies alles werde, so Badziong, „eng mit Proben begleitet“. Sicherheitshalber habe der Wasserversorgungszweckverband Maifeld-Eifel (WVZ) die Wassergewinnung in Kruft eingestellt. „Die Versorgung der Bürger mit Wasser war und ist aber über eine Ersatzwasserversorgung gegeben“, betont Badziong. Aus dem Thürer und dem Krufter Bach ziehen Wissenschaftler regelmäßig Proben. Unter den sechs Messstellen hat es zwei gegeben, bei denen eine leichte Erhöhung der Messgrenze festgestellt wurde.

3 Wer zahlt die immensen Kosten, und welche Schlüsse werden mit Blick auf die Zukunft gezogen? Die Versicherung des Verursachers zeige sich, wie Badziong erklärt, „kooperativ, die Kostenregulierung ist angelaufen“. Nach diesem „katastrophalen Unfall“ (Badziong) habe man feststellen müssen, dass die Materialausstattung besser werden müsse. Zudem sei der Ruf nach Streckenverboten in der Nähe von Naturschutzgebieten laut geworden. Viel wichtiger sei ihm, dass die Situation an der B262 „auf den Prüfstand muss“.
Bei der 1979 gebauten Straße hätten sich im Laufe der Jahre Entwicklungen ergeben. So seien die Zahl und der Ort der Einläufe „teilweise nicht mehr bekannt“. Seit Jahren monieren im Übrigen Kommunen an Bundesstraßen und Autobahnen, dass der Bund Regen- und Oberflächenwasser nicht vernünftig sammelt, sondern oftmals über Böschungen versickern lässt. So münde an der A61 eine unfiltrierte Entwässerung in den Krufter Bach. „Wir werden nicht lockerlassen und gemeinsam mit anderen die Stimme laut erheben, damit ein vernünftiges Entwässerungssystem installiert wird“, versichert Badziong.
Nach Information von Dagmar Menges aus der Kreisverwaltung müssen an der B262 etwa 200 Meter Kanalrohre komplett ausgetauscht werden. Die Entwässerungspläne stimmten nicht mit dem überein, was nach dem Unfall vorgefunden worden sei.