Tiere dürfen nicht umziehen
Thürer Wiesen: Heizöl-Unfall betrifft auch Wasserbüffel
Die Publikumslieblinge an den Thürer Wiesen: Wasserbüffel. Aus einer geplanten Erweiterung ihres Areals wird erst einmal nichts.
Thomas Frey. picture alliance/dpa

Nach der Heizöl-Katastrophe an den Thürer Wiesen können die Wasserbüffel nicht wie geplant umgesiedelt werden. Denn es steht noch nicht fest, ob die Fläche nicht nachhaltig kontaminiert ist. Doch was wird aus dem Projekt im Naturschutzgebiet?

Eigentlich hätten in dieser Woche einige Wasserbüffel aus der Herde an den Thürer Wiesen umgesiedelt werden sollen – und zwar dorthin, wo nun eine Heizöl-Katastrophe einen großen Teil kontaminiert hat. Vier Jahre lang steckte die Stiftung für Natur und Umwelt im Landkreis Mayen-Koblenz in den Vorbereitungen. Genau jetzt sollte der Bereich eingezäunt werden, außerdem sollten eine Hütte und Heuraufe aufgestellt werden, damit einige Wasserbüffel ihren neuen Lebensraum entdecken könnten. Doch daraus wird erst einmal nichts. Jetzt stellt sich auch der Stiftung die große Frage: Wie kann mit der Fläche weitergemacht werden?

Seit 2016 läuft im Naturschutzgebiet ein Beweidungsprojekt mit Wasserbüffeln in den Thürer Wiesen. Und das ziemlich erfolgreich, wie Tanja Stromberg als Leiterin der Stiftung weiß. Damals startete das Projekt mit vier Tieren, erzählt sie: „Vier Büffel kamen aus Thüringen nach Thür. Was nur bis zur Ankunft niemand wusste: Alle von ihnen waren trächtig.“ Also wuchs die Herde schnell. Heute sind es acht Kühe, ein Bulle und ein paar Kälber, die gemeinsam im Naturschutzgebiet leben. Erst vor wenigen Tagen schaute sich Stromberg gemeinsam mit einem Veterinären um: Dort, wo die Büffel jetzt grasen, scheint es sicher zu sein.

Biologe Jörg Hilgers und Tanja Stromberg (Referatsleiterin Referat „Naturschutz, Wasserwirtschaft“ und Geschäftsstellenleiterin Stiftung für Natur und Umwelt im Landkreis MYK) machen sich Sorgen um das Naturschutzgebiet Thürer Wiesen.
Annika Wilhelm

Für das Naturschutzgebiet leisten sie einen wichtigen Beitrag, sie sind „Naturschützer“, wie der Diplombiologe Jörg Hilgers sagt, der ebenfalls für die Stiftung tätig ist: „Die Büffel haben einen Mehrwert: Dort, wo Weidetiere sind, sind auch Insekten. Die wiederum dienen Vögeln als wichtige Nahrungsquelle.“ Die Büffel stehen laut ihm für den Erfolg des Naturschutzes, denn dadurch, dass die Nahrungskette durch sie angekurbelt wird, schaffen sie damit ein Biotop-Mosaik. Der Biologe sagt: „Die Thürer Wiesen sind das Prestigeprojekt unserer Stiftung.“

Dem stimmt Stromberg zu, bezeichnet es als Herzensprojekt: „Die Büffel sind außerdem Sympathieträger und richtige Publikumslieblinge.“ Immer wieder bleiben Leute an dem eingezäunten Gebiet stehen, um die Huftiere zu beobachten. Aus der Herde werden immer mal wieder Tiere rausgenommen, damit keine Inzuchtgefahr entsteht. Wegen der Genetik wäre es auch wichtig gewesen, einige Wasserbüffel nun aus der Herde zu nehmen und auf das neue Areal zu bringen.

Wie und ob die Büffel überhaupt umziehen können, muss nun erst einmal abgewartet werden. Die langfristigen Schäden werden sich erst zeigen, wenn Boden- und Wasserproben sowie ein Umweltgutachten ausgewertet sind. Aufgrund dieser Erkenntnisse wird dann entschieden, wie es weitergeht. „Im schlimmsten Fall muss der Boden sogar rausgenommen werden, wenn festgestellt wird, dass der Schadstoff tief darin eingedrungen ist“, erklärt Stromberg. Klar ist, dass das Projekt erst einmal auf Eis liegt, sagt auch Hilgers: „Dann wäre hier erst einmal eine riesige Baustelle, aber das Tierwohl geht vor. Der biologische Schaden ist unfassbar schwer zu messen.“

200.000 Euro für Erweiterung gezahlt

Was allerdings jetzt schon fest steht, ist der finanzielle Schaden für die Stiftung. Denn die Fläche, auf der gerade jegliche Rettungsmaßnahmen laufen, damit das Öl nicht weiter in das Naturschutzgebiet eindringt, hat diese erst vor Kurzem gekauft. 200.000 Euro nahm die Stiftung dafür in die Hand – was für eine kleine Stiftung aus Kreisebene viel Geld ist, betonen die beiden Vertreter. Hilgers sagt:  „Wir haben viel dafür gekämpft, dass wir die Erweiterung bekommen. Das, was hier passiert ist, ist jetzt erst einmal ein Schock. Es ist schlimm, dass die Natur und Tierwelt leidet, aber auch, dass unser Projekt jetzt erst einmal stillstehen muss.“

Schilf, das nach Mäharbeiten mit einem Amphibienfahrzeug und dem Einsatz eines Helikopters der Polizeistaffel Winningen an das Ufer getrieben wurde, sammeln Helfer am Thürer Bach ein. Das Gebiet ist kahl.
Annika Wilhelm

Der betroffene Bereich, wo nun Ölsperren auf dem Bach treiben, hatte eine gewisse Wertigkeit, die die Stiftung optimieren wollte, sagt der Biologe. Gerade ist alles kahl, ein Mähboot und Helikopter haben das Schilf heruntergeschnitten und aus dem Thürer Bach entsorgt. Doch das Gebiet wird sich laut Hilgers schnell wieder verändern: „Deswegen muss auch eine Art von Nutzung rein, sonst wächst alles zu. Die Büffel wären die perfekte Lösung.“ Wenn man nichts macht, könnte das Biotop-Mosaik leiden. Damit würde wichtiger Lebensraum für Tiere verschwinden, dabei sind die Thürer Wiesen ja eben gerade wegen seiner Artenvielfalt bekannt.

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