Lag es an der herausragenden Fingerfertigkeit des Diplom-Psychologen und Zauberkünstler im Hauptberuf? Thelen hatte sich, wie er erklärte, jedenfalls keine übersinnlichen Kräfte dienstbar gemacht. Es schien aber auf jeden Fall so, als wäre Illusion Wirklichkeit.
Konnte man seinen eigenen Augen trauen? Von einer Zuschauerin lieh Thelen sich beispielsweise einen schmalen Ring aus. Auf Wunsch Thelens befestigte der Mann der Zuschauerin den Ring an einem langen Band mit einem doppelten Knoten, ganz fest am Handgelenk des Zauberkünstlers. Thelen wandte sich ganz kurz vom Publikum ab und widmete sich dann einem etwas abseits auf einem Tisch stehenden Gegenstand, der von einem Tuch abgedeckt war. Als er dies wegzog, sah man ein kleines Bäumchen.
Wie von Zauberhand blühte der kleine künstliche Baum plötzlich auf. Aus seinen Blättern „wuchsen“ frische Orangen, die Thelen pflückte. Eine öffnete er behutsam. Sie enthielt ein Ei. Als er das Ei aufmachte, kam eine Walnuss zum Vorschein. Diese knackte der Zauberkünstler ganz vorsichtig. Und siehe da, zwischen den Nussschalenstückchen kam der Ring zum Vorschein.
Wie Thelen diese Illusion erzeugte, verriet er leider nicht. Jedoch berichtete er von der Attraktion, als der englische Zauberkünstler Issac Fawkes bereits 1720, ein derartiges Bäumchen mit echten Früchten als Apfelbaum-Illusion präsentiert hatte. Es war die Zeit, als sich die Menschen neue Techniken und Errungenschaften wie Elektrizität oder Magnetismus zunutze machten. Fawkes gilt als Pionier der modernen Unterhaltungskunst. „Er profitierte vom extrem hohen Status der Ingenieurskunst und der Mechanik“, informierte Thelen. „Im Gegensatz zu den Straßenzauberern jener Zeit trug der Unterhaltungskünstler, der sich ganz klar von schwarzer Magie und geheimnisvollen Kräften distanzierte, elegante zeitgenössische Garderobe.“
Auch das sogenannte Becherspiel, bei dem es sich vermutlich um das wohl älteste Zauberkunststück der Welt handelte, führte Thelen mit drei Bechern und drei kleinen Kugeln den Zuschauern vor, ebenso wie das jahrhundertealte „Eierbeutel-Kunststück“, bei dem ein Ei in einem Beutel erscheint und aus ihm heraus wieder verschwindet. Genau hinschauen musste das Publikum bei einem Trick aus dem Jahre 1617. Hierbei handelt es sich auf den ersten Blick um eine Sammlung von Heiligenbildchen, bei der ein Zuschauer ein Heiligenbild auswählt, und der Zauberer dieses durch „Gedankenlesen“ herausbekommt.
Viele der von Thelen erklärten oder auch präsentierten Zauberkunststücke bewegen sich an der Grenze zwischen unterhaltsamem Spiel und physikalischem Experiment. Auch auf Taschenspieler ging Thelen ein. Sie wurden um 1690 von Elias Piluland beschrieben: „Der Zweck oder das Absehen des Taschen-Spielers ist entweder löblich oder auch verwerfflich. Verwerfflich ist es, wann man sich dessen gebrauchet eines schändlichen Gewinstes halber andere dadurch zu betriegen. Löblich aber und ergötzlich als solches, wann es gebrauchet wird bey frölicher, doch ehrbarer Gesellschaft, umb durch artige List kurzweilige Lust damit zu erwecken.“
Das Spiel mit der Illusion beschränkte sich nicht nur auf die Zauberei. Beeinflusst wurden auch Theater, Malerei und Automatenbau. Neben exemplarischen Beispielen barocker Zauberkunst wurde der zweistündige historische Vortrag durch Bilder, Anekdoten und Filmausschnitte eindrucksvoll ergänzt. Auch im kommenden Jahr wird es eine Fortsetzung von „Dichtung und Wahrheit“ auf Schloss Bürresheim geben.