Im Mayener Stadtrat ist FWM jetzt dritte Kraft - CDU-Sieg mit gemischten Gefühlen
Stimmenzahl verdoppelt: Freie Wähler Mayen feiern großen Zuwachs und setzen erste Spitzen
Gespannt blicken CDU-Leute auf die letzten Ergebnisse, die am Montagabend gegen 19 Uhr im Ratssaal eintrudeln. Foto: Rico Rossival
Rico Rossival. Rossival

Mayen. So ohne Weiteres lassen sich die Freien Wähler Mayen jetzt nicht mehr belächeln oder abtun: Mit einem sensationell guten Ergebnis hat die FWM ihre Stimmenzahl bei der Stadtratswahl gegenüber 2019 mehr als verdoppelt. Die künftige Fraktion ist achtköpfig, das sind fünf Mandate mehr als bisher. „Das Ergebnis ist Wahnsinn“, zeigt sich Fraktionschef Hans Georg Schönberg hellauf begeistert – und setzt gleich die ersten Duftmarken ab, die nicht unbedingt jedem wohlriechend vorkommen werden.

Schönberg will sogleich dem Eindruck vorbeugen, dass die FWM nur Frustwähler zur Urne gelotst hätte. „Wir haben inhaltlich überzeugt“, sagt er mit Blick auf das sehr gute Resultat mit 22,1 Prozent der Stimmen. Und es klingt ein wenig wie eine Kampfansage an die anderen, wenn er im Brustton der Überzeugung erklärt: „Es ist jetzt ein Unterschied, ob drei oder acht Ratsmitglieder Nein sagen.“ Allerdings will er keine Obstruktionspolitik betreiben: „Die FWM will immer der Sache dienlich sein.“ Konkret spricht der FWM-Mann, der seit 2004 im Stadtrat ist, davon, mit allen ein Gespräch suchen zu wollen. Insbesondere mit dem Wahlsieger, der CDU. Deren zwölf Sitze plus acht der FWM würden ausreichen, um im jetzt 36 Sitze starken Stadtrat eine Mehrheit herzustellen.

Inhaltlich hat für ihn der Erhalt des Mayener Krankenhaus oberste Priorität. „Wir müssen alle Interessenvertreter der Stadt, auch Ärzte, an einen runden Tisch bringen, diese Lobbyarbeit muss der OB endlich einleiten“, sagt er. Weitere vordringliche Themen sind für ihn ein verbesserter Hochwasserschutz insbesondere im Bereich Gerberstraße (Brücke), alter Bauhof und Uferweg der Nette bei Weig sowie ein Überarbeiten des Umbaukonzeptes fürs Wasserpförtchen.

Die CDU bleibt stärkste Fraktion im Rat, ohne in Jubelarien auszubrechen. „Das Ergebnis ist in Ordnung, aber durchaus ambivalent zu sehen“, erläutert der Stadtverbandsvorsitzende und Fraktionsvize Martin Reis. Die CDU hat zwei Sitze mehr bekommen, sie liegt jetzt bei zwölf Mandaten, mit 34,1 Prozent hat sie immerhin 3,6 Prozentpunkte mehr als 2019. Insgeheim habe man sich mehr ausgerechnet. Positiv stimmt Reis, dass die CDU „gute neue Leute mit viel Esprit“ in den neuen Stadtrat einbringe. Einige potenzielle Nachrücker würden zudem in die Ausschussarbeit eingebunden. Die CDU blickt gespannt, wie sich die FWM „künftig als große Fraktion verhält“. Sie werde das Gespräch suchen, nicht aber im Hinblick auf eine förmliche Koalition.

Zweitstärkste Kraft im Rat bleiben die Sozialdemokraten, mit neun Sitzen bauten sie ihr Quantum um einen Sitz aus, obwohl sie mit 26,2 Prozent um 0,3 Prozent schlechter liegen als zuletzt. „Wir sind mit einer Schramme davongekommen“, sagt ihr Fraktionschef Helmut Sondermann. Zufrieden sei die SPD zwar nicht, denn man habe sich einen weiteren Sitz gewünscht. Aber im Vergleich zum Ergebnis der Genossen auf Bundes- oder Landesebene sei das Resultat akzeptabel. Die SPD sei offen, mit allen zu sprechen. „Ich hoffe, dass wir mehr an einem Strang ziehen werden“, betont Sondermann, der erste Kontakte bestätigt und besonders CDU und FWM im Blick hat.

Stabil und alles beim Alten – so sieht die Welt bei den Liberalen aus. Die FDP hielt ihre drei Sitze. Dennoch sieht Fraktionschef Ekkehard Raab die Gemengelage im Gremium „massiv verändert“. Der Grund sei die Zunahme der FWM. Raab ist der Meinung, dass zu wenig nach außen dringt, was die FDP, die mit 7,6 Prozent (minus 1,7) einlief, an Politik eingebracht habe. Deswegen hätte er nichts gegen einen Livestream aus dem Stadtrat, zu dem sich der geneigte Bürger dann punktuell einschalten könne.

Nicht zufrieden sind die Grünen, sie haben einen Sitz verloren und müssen sich mit 10,0 Prozent (minus 4,9) hinter der FWM einsortieren lassen. „Wir haben mit kleinem Budget einen intensiven Wahlkampf geführt, deshalb ist das Ergebnis für uns bitter“, sagt Fraktionschefin Natascha Lentes. Sie hofft, dass die „vertrauensvolle lose Zusammenarbeit mit CDU und FDP“ fortgeführt werde. Sie freue sich „im tiefsten Herzen für die FWM“. Denn jetzt müssten zu allen Fragen Koalitionen geschmiedet werden. „Das ist für die demokratische Sache, ja für den Stadtrat insgesamt, gesund.“

“Kann die FWM staatstragend?"

Ein Kommentar von Thomas Brost

Kann die FWM staatstragend? Das ist eine Frage, die sich der Mayener Bürger stellt, wenn er nicht unbedingt der debattierfreudigen Gruppierung, die Wert auf Distanz zu den Parteien legt, nahesteht.

Der Aufstieg des Shootingstars dieser Stadtratswahl verblüfft. Zwar hat die FWM wohl den intensivsten Wahlkampf geführt mit groß angelegter Plakatierung und PR-Tremolo. Vieles blieb inhaltlich im Ungefähren. Eifelklinik, was heißt das? Ist das ein neues Konstrukt oder eine Weiterentwicklung des Gemeinschaftsklinikums unter kommunalem Dach? Die Antwort blieb die FWM bisher schuldig. Andererseits hat wohl keine Gruppierung so vehement für den Erhalt des Mayener Krankenhauses getrommelt. Die anderen, die sich im Gestrüpp der Nichtöffentlichkeit nur allzu gern verheddern, blieben den Nachweis schuldig, mit welch konkreten Mitteln sie das GKM und das Mayener Krankenhaus in sicheres Fahrwasser führen wollen. Da hat es die FWM nach außen hin scheinbar einfacher. Allerdings muss sie den Beweis antreten, dass ihre Politik fundiert und realistisch ist.

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