Oberlandesgericht will Schlussstrich ziehen - Ex-Geschäftsführer soll sich zu Angebot äußern
Steg-Affäre in Mayen: Vergleichsangebot liegt auf dem Tisch
Dieses Gebäude am Mayener Viadukt ist mit viel Aufwand renoviert worden – und es ist Auslöser für die Steg-Affäre.
Andreas Walz

Mayen/Koblenz. Das letzte Kapitel in der Steg-Affäre ist noch nicht geschrieben. Vor dem Oberlandesgericht Koblenz jedenfalls kam kein Vergleich zustande, mit dem ein Schlussstrich unter die Beurteilung der ungewöhnlichen Handlungsweise des ehemaligen Geschäftsführers der Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg) hätte gesetzt werden können. Ihm wird vorgeworfen, freihändig Aufträge vergeben und Gelder ausgegeben zu haben.

Dabei sei der Stadt ein Schaden in sechsstelliger Euro-Höhe entstanden. Das Verfahren in der ersten Instanz war wegen eines Formfehlers geplatzt, die Stadt ging in Berufung. Immerhin: Ein Vergleichsvorschlag des Gerichtes liegt seit Donnerstag auf dem Tisch.

Was wird dem ehemaligen Geschäftsführer, einem leitenden städtischen Angestellten, angelastet? In der Zeit der Flüchtlingswelle 2015/16 hat der Mann vom Steg-Beirat den Auftrag erhalten, Grundstück und Gebäude des Schützenhofes am Viadukt zu kaufen. Zum Kaufpreis von 220.000 Euro, weitere 40.000 Euro wurden zur Sanierung des Gebäudes angesetzt. Der Kostenrahmen wurde gesprengt. Unterm Strich standen für eine aufwendigere Sanierung 517.000 Euro zu Buche. „Eine Exzess-Sanierung“, die über das geforderte Maß hinausging, so nannte dies der Senatsvorsitzende und Vorsitzende Richter Tilman von Gumpert.

Liegt beim Ex-Geschäftsführer eine schuldhafte Pflichtverletzung vor? Der Beklagte habe das vom Steg-Beirat vorgegebene Ausgabenlimit nicht eingehalten. „Wenn die Kosten weglaufen, dann muss ich mir einen Beschluss der Gremien holen“, sagte Richter von Gumpert. Der Einwand des Beklagten, dass der Beirat wiederholt von ihm unterrichtet worden sei und dieser nicht widersprochen habe, ziele ins Leere. „Das große Schweigen des Beirates reicht nicht aus für eine Genehmigung dieses Verfahrens“, so von Gumpert. Bestimmte Maßnahme der Sanierung hätten, so argumentiert die Stadt, nicht ausgeführt werden dürfen.

Wie verteidigt sich der Beklagte? Sein Rechtsanwalt Ottmar Martini führte mehrere Argumente ins Feld, die jenen entlasten sollten. Die hohe Messlatte an einen Geschäftsführer sei bei dem Mann nicht anzulegen, weil er nur eine Aufwandsentschädigung von 150 Euro monatlich erhalten habe. Das Gericht konterte. Ein Geschäftsführer, egal ob im großen oder kleinen Unternehmen, unterliege „dem vollen Pflichtenmaßstab“. Martini betonte auch, dass sein Mandant bis zu 50.000 Euro ohne Votum des Beirates habe ausgeben dürfen. Das sage nichts aus über die Missachtung des Ausgabenlimits, das der Beirat vorgegeben habe, sagte Richter von Gumpert. „Sie haben wohl gemeint, es richtig zu tun im Sinne der Stadt“, richtete er sich an den Beklagten. Aber: „Sie haben die Weisung missachtet, und Sie sind nicht mit eigenem, sondern fremdem Geld umgegangen.“

Wie hoch ist der für die Stadt entstandene Schaden? Der Schaden sei durch den gestiegenen Verkehrswert des Grundstückes und die Sanierung des Gebäudes – unter anderem mit einer Kegelbahn – „vollständig kompensiert“ worden, sagt Anwalt Martini. Über die Berechnungsgrundlagen, die zum objektiven Wertzuwachs geführt haben, gingen die Meinungen stark auseinander. Der für die Stadt zurechenbare Vorteil war im Vorfeld mit rund 107.000 Euro eingeflossen – im ersten Verfahren kam die Stadt dem Beklagten entgegen, zog diesen Betrag von der Forderung nach Schadensersatz ab und bewegte sich bei 150.000 Euro.

Wie sieht der Vergleichsvorschlag des Oberlandesgerichtes aus, und was denken die Parteien darüber? In Anrechnung gebracht wurden die Mieterlöse, die „durch die schöne Sanierung“ (vom Gumpert) erzielt worden sind – und weitere potenzielle Einnahmen. Über die Qualität der Sanierung gab es ein kurzes Wortgefecht. Insbesondere wegen des Kellers, in den zu Beginn Flüchtlinge untergebracht waren. „Der Keller war zum Abstellen von Gerümpel geeignet, nicht zur Unterbringung von Menschen. Wo soll da ein Wert sein?“ erinnerte Rechtsanwalt Jens Sebastian Groh an die fehlende Genehmigung für das Untergeschoss. Das Gericht zog von der Klageforderung von rund 150.000 Euro zugunsten des Beklagten 50.000 Euro ab und landete bei 100.000 Euro. „Ein gerechter Vorschlag, zumal wir die Frage nicht engherzig betrachten“, sagte Richter vom Gumpert. Die Stadt ließ durchblicken, dass sie geneigt ist, dem zuzustimmen. „Aber zuvor müssen noch zwei Gremienbeschlüsse eingeholt werden“, erläuterte Oberbürgermeister Dirk Meid. Das könne zeitnah der Fall sein. Die Gegenseite machte eine andere Rechnung auf. Sie bleibe, wie in erster Instanz, bei 75.000 Euro minus der Vergütung der Überstunden. So stünden noch 50.000 Euro zu Buche. Bis zum 20. Juli hat der Beklagte Zeit, in sich zu gehen und über das Angebot, auch in Kontakt mit der Stadt, nachzudenken und zu entscheiden.

Von Thomas Brost

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