Einen echten Schatz hat die Stadt Andernach gehoben. Zufällig wurden vor einiger Zeit Aktenordner mit 20.000 Foto-Negativen entdeckt. Gesichtet und neu vergrößert werden diese Stadtansichten aus den 30er- bis 50er-Jahren nun unter dem Titel „Andernacher Ansichten – Selten Gesehenes“ in der Bagatelle ausgestellt, damit feierte man nun auch eine Premiere für das neu gestaltete Erweiterungsgebäude des Stadtmuseums.
Faszinierende Rheinuferansichten, das Leben in den Straßen, aber auch durch Bomben zerstörte Häuser sind zu sehen. Die Veränderungen über die Zeit seien hier in bester Weise dargestellt, sagte Oberbürgermeister Christian Greiner anlässlich der Ausstellungseröffnung. Zeigten die Fotos von Anfang der 30er-Jahre eher eine hoffnungsfrohe Stimmungslage, seien die Fotos aus den 40er-Jahren geprägt von zerstörten Gebäuden und Parolen wie „Wir siegen doch”.
Erster Schritt für Aufwertung des Stadtmuseums
Auch heute sei eine eher besorgte Stimmungslage zu beobachten. „Pandemien, Kriege, Feindseligkeiten drücken auf unsere Stimmung.” Auch stelle sich wieder mehr die Frage nach dem Nutzen des technischen Fortschritts. „Wir sehen aber hier, dass in diesem Zusammenhang die Fotografie eine wichtige und gute Funktion hat.” Wie so oft mache auch beim Thema Technik die Dosis das Gift.
Die Stadt trete in der Bagatelle als Mieter auf. Er sehe dieses Projekt als ersten maßvollen Schritt zur Aufwertung des Stadtmuseums. In kurzer Zeit sei hier von Museumsleiter Kai Seebert und seinem tollen Team eine beeindruckende Ausstellung geschaffen worden. „Wir haben erst Anfang des Monats den Schlüssel bekommen”, erinnerte Greiner. Das Sanierungsgebiet westliche Altstadt sei nun abgeschlossen, der Blick gehe in Richtung Hochstraße und Rheinstraße. „Da wollen wir wieder für den alten Glanz sorgen”, versprach Greiner.

Liedermacher Manfred Pohlmann hatte zur Begleitung der Eröffnung passendes Liedgut mitgebracht. Seine Aufgabe habe gelautet, die 30er- bis 50er-Jahre musikalisch abzudecken. So startete er mit seiner Interpretation des immergrünen Hits „Mackie Messer” aus der Dreigroschenoper, aber natürlich mundartlich aufgepeppt: „Dä Mäcki”.
Die Bagatelle stelle durchaus keine Bagatelle dar, so Achim Hütten, Kreisbeigeordneter des Landkreises Mayen-Koblenz, in seinem Grußwort. Viel eher werde hier ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft realisiert. Der gewaltige Zuspruch zu dieser Eröffnung zeige, dass ganz Andernach das Engagement der Stadt in Sachen Kultur begrüße.
Selten gesehene Perspektiven auf Andernach
Eine Zeit lang habe die Unsicherheit, wie es mit der Bagatelle weitergehe, für recht traurige Gedanken gesorgt, stellte Bürgermeister Claus Peitz fest. „Aber Museumsleiter Dr. Seebert und sein Team haben das Potenzial dieser Fotos erkannt und in kurzer Zeit eine ganz besondere Ausstellung geschaffen.” Peitz wies in diesem Zusammenhang auf die gerade erschienene Ausgabe der Andernacher Beiträge hin „Andernach in aller Munde: Beiträge zur Ernährungs- und Siedlungsgeschichte in der Andernacher Region“.
Museumsleiter Kai Seebert stellte fest, dass die Ausstellung selten gesehene Perspektiven auf Andernach biete, einmalige Dokumente der Zeitgeschichte. Die rund 20.000 Negative seien in Aktenordnern aufbewahrt gewesen. Nach der Entdeckung anlässlich von Abrissarbeiten habe man sie unverzüglich eingescannt. Jetzt stehe die sorgfältige und fachgerechte Archivierung an.

Für die Ausstellung habe man 60 Motive in drei Bereiche geteilt: Vorkriegszeit, Entwicklung der Südstadt und Nachkriegszeit, die nun in den drei Räumen des Erdgeschosses der Bagatelle bis Mitte Januar zu sehen seien. Gleich nach Ausstellungseröffnung wurde das Eintauchen in die städtische Kultur fortgesetzt. Im Historischen Rathaus fand der Auftakt zur Vortragsreihe des Stadtmuseums unter dem Motto „Andernach in aller Munde“ statt. In einem kurzweiligen Vortrag beleuchteten Lutz Grunwald und Stefan Wenzel vom Mayener Leibniz-Zentrum für Archäologie spannende Aspekte zur Geschichte Andernachs als wichtigem Handels- und Hafenort.