Mitte Mai ist es im Kreistag in Mayen bereits um die Zukunft der Geburtshilfe des Mayener Krankenhauses St. Elisabeth gegangen: Das Gremium sprach sich dafür aus, dass diese unbedingt in Mayen erhalten werden müsse. Offenbar stehen aber wohl noch weitere Bereiche zur Disposition. Die Unternehmensberater der Roland Berger GmbH haben in ihrem Sanierungsgutachten für das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM), zu dem auch St. Elisabeth gehört, nach Informationen unserer Zeitung in den Raum gestellt, dass auch Teile der Inneren Medizin in Mayen geschlossen und in Koblenz gebündelt werden könnten. Möglich wären demnach in Mayen eine Schließung der Gastroenterologie und die Viszeralchirurgie.
Viele Inhalte des Gutachtens werden bisher nur hinter verschlossenen Türen diskutiert. Für die Geschäftsführung und die Gesellschafterversammlung des Klinikums sowie die Mitglieder des Kreistages Mayen-Koblenz und des Stadtrats Koblenz – Stadt und Kreis sind die Hauptgesellschafter – dient eben jenes Gutachten als Grundlage, um über die finanzielle Sanierung des Klinikverbundes zu entscheiden.
Finanzielle Schieflage
Das GKM mit seinen fünf Standorten ist seit Längerem in finanzieller Schieflage. Eigentlich sollte der private Gesundheitsdienstleister Sana Kliniken AG Mehrheitseigner werden, doch die Übernahmegespräche scheiterten zu Beginn des Jahres. Seitdem steht die Frage im Raum, wie es mit dem GKM weitergehen kann. Stadt und Kreis planen eine kommunale Lösung. Sie wird indes nicht ohne Einschnitte auskommen, so ist die komplette Schließung der Kliniken Heilig Geist in Boppard und Paulinenstift in Nastätten im Gespräch.
Man muss ergänzen: Alles noch im Konjunktiv, das Sanierungskonzept ist noch nicht beschlossen, mit den Landkreisen Rhein-Lahn und Rhein-Hunsrück wird wegen der dortigen Kliniken über finanzielle Hilfeleistungen verhandelt, um diese Standorte zu sichern. Und: Mayen soll seine Bettenzahl beibehalten, rund 270 sind es, und es könnte an anderer Stelle eine Abteilung hinzubekommen. Im Gutachten ist im Gespräch, die Psychosomatik nach Mayen zu verlagern.
Dennoch: Laut Experten wäre eine Verlagerung der Viszeralchirurgie – der Chirurgie des Bauchraums – und vor allem der Gastroenterologie, die sich mit Erkrankungen in Verdauungs- und Stoffwechselorganen auseinandersetzt, ein nicht unwesentlicher Verlust für den Standort Mayen. Die Gastroenterologie sei ein elementarer Teil der Inneren Medizin, heißt es gegenüber unserer Zeitung von Ärzten aus der Region. Hinzu komme, dass es schwieriger werden könne, Ärzte in Ausbildung, nach Mayen zu holen, wenn Teile der Inneren Medizin fehlten.
Neuer Kreistag entscheidet
Unter den Kreistagsfraktionen herrscht großer Konsens darüber, dass das GKM saniert gehört und das ohne Einschnitte nicht geht. Zugleich soll der Standort Mayen aber erhalten bleiben. Zum Wegfall der Viszeralchirurgie und der Gastroenterologie wollen sich nicht alle Fraktionen dezidiert äußern, weil die Informationen bisher nur nicht öffentlich diskutiert wurden und zudem der neue Kreistag noch nicht zusammengekommen ist.
Für die CDU sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jörg Lempertz, man befinde sich in einem Restrukturierungsprozess, in dem die Rettung des Klinikums und seiner Standorte in Mayen und Koblenz „höchste Priorität“ haben. Auch den Nachbarlandkreisen habe man Möglichkeiten der Rettung angeboten, um das Klinikum als Ganzes zu erhalten. Ein Weiter-So könne es aber auch aufgrund der Finanzierungslage von Bund und Ländern nicht geben, sagt Lempertz. Er weist darauf hin, es gebe „Gegenangebote“, die den Standort an anderer Stelle stärkten, die Bettenzahl solle gleich bleiben.
Die SPD im Kreistag nimmt über den stellvertretenden Fraktionschef Maximilian Mumm Stellung. Dieser betont: „Wenn der Rhein-Zeitung von dritter Seite berichtet wird, dass im Krankenhaus Mayen die Gastroenterologie und die Viszeralchirurgie geschlossen werden soll, so ist zu sagen, dass dies im Konzept der Roland Berger GmbH so vermerkt ist – als mögliche Maßnahme.“
Man dürfe den Kreistagsmitgliedern, die auch Bürger sind, aber durchaus glauben, dass „wir an einer Schwächung dieses Krankenhauses überhaupt nicht interessiert sind.“ Es bringe aber auch nichts, das man sich selbst oder anderen etwas vormache, denn nur ein „klarer und unverstellter Blick“ auf die Wirklichkeit des Lebens bringe nachhaltige und verlässliche Entscheidungen mit sich. Es sei klar, dass ein möglicher Wegfall der beiden Abteilungen Auswirkungen auf andere Abteilungen hätte, was für Patienten weitere Wege bedeuten könne.
Im Sinne der Bürger
Es sei manchmal sinnvoll, Veränderungen zunächst im „kleineren Kreis“ zu besprechen, aber: „Jede einzelne Bürgerin und jeder einzelne Bürger kann sich darauf verlassen, dass wir Entscheidungen so treffen, dass wir uns selbst nicht einen Nachteil verschaffen“, so Mumm. Der Freie-Wähler-Fraktionschef Ralf Schmorleiz sagt: „Wir setzen uns als FWG massiv dafür ein, dass der Standort St. Elisabeth-Krankenhaus nicht nur erhalten, sondern unterm Strich in seinem Leistungsangebot gestärkt werden könnte.“
Der grüne Fraktionsvorsitzende Klaus Meurer betont, noch sei vieles im Fluss, der neue Kreistag und der neue Stadtrat in Koblenz müssten nun weiter entscheiden. FDP-Vorsitzender Ekkehard Raab zeigt sich davon überzeugt: „In Mayen bleibt die Bettenanzahl gleich, die Versorgung gut.“ Kritische Töne gibt es indes vom FWM3-Fraktionsvorsitzenden Hans-Georg Schönberg.
Der Konzernbetriebsrat des finanziell angeschlagenen Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein (GKM) fordert die Politik auf, für einen Erhalt der Kliniken in Nastätten und Boppard einzustehen. Mit Blick auf die Mitarbeiter und die Gesundheitsversorgung vor Ort müssten die Standorte erhalten bleiben.Standortdebatte um das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein: Betriebsrat will die Politik in die Pflicht nehmen
Er fürchtet, dass die Schließung der beiden „zentralen Abteilungen“ einen „Todesstoß“ für den Standort Mayen bedeuten könnten, weist darauf hin, dass zumal mit der Lauterbachreform kleine Standorte ohnehin künftig verstärkt in Gefahr gerieten. Die Stadt Koblenz, deren Oberbürgermeister David Langner derzeit Vorsitzender der Gesellschafterversammlung des GKM ist, will sich auf Nachfrage nicht äußern. Es handele sich bei dem Gutachten um eine Entwurffassung, zu der man keine öffentliche Stellung beziehen könne.