Kunsthandwerker gehörte zu den Spitzenkönnern des europäischen Mittelalters
Spitzenkönner des europäischen Mittelalters: Naumburger Meister schuf Bassenheimer Reiter
Der Bassenheimer Reiter wird dem Naumburger Meister zugeschrieben. Dieser schuf nach seiner Zeit in Mainz seine Hauptwerke im Naumburger Dom. Das Foto zeigt die Szenen im Lettner.
Reinhard Kallenbach

Bassenheim. Wer nach Bassenheim kommt, sollte sich dort unbedingt die katholische Pfarrkirche St. Martin anschauen. Das nach dem Vorbild romanischer Basiliken errichtete und 1900 vollendete Gotteshaus ist Heimat eines mittelalterlichen Kunstwerks von europäischem Rang: Ein Sandsteinrelief, das den heiligen Martin von Tours zeigt, der den Mantel mit einem Bettler teilt.

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Der Bassenheimer Reiter wird dem Naumburger Meister zugeschrieben. Dieser schuf nach seiner Zeit in Mainz seine Hauptwerke im Naumburger Dom. Das Foto zeigt die Szenen im Lettner.
Reinhard Kallenbach

Der Bassenheimer Reiter ist vor allem deswegen berühmt geworden, weil er einem Ausnahmetalent, dem Naumburger Meister, zugeschrieben wird. Dieser soll das Relief um 1240 geschaffen haben. Diese durch den aus Monschau stammenden Kunsthistoriker Hermann Joseph Schnitzler (1905–1976) vorgenommene Zuordnung wird auch heute nicht infrage gestellt. Der vor allem für Kölner Einrichtungen tätige Spezialist für mittelalterliche Kunst war 1934 und 1935 für die Inventarisierung der Kunst des damaligen Landkreises Koblenz zuständig. Und der Bassenheimer Reiter fiel wegen seiner besonders hohen künstlerischen Qualität und der Präzision der Darstellung auf. Es stellte sich natürlich die Frage, wie das etwa ein Quadratmeter messende Relief in die Pfarrkirche kam. Die Spurensuche führt nach Mainz, genauer gesagt in die Ära des Erzbischofs und Kurfürsten Anselm Franz von Ingelheim, der von 1679 bis 1695 regierte. In dieser Zeit wurden auch Veränderungen im Mainzer Dom vorgenommen: 1683 wurde die große Chorschranke des Westchores wegen liturgischen Veränderungen angefochten. Dieser Lettner war mit prächtigen Skulpturen ausgestattet worden, dazu gehörte auch das Relief des heiligen Martin. Zu den Domherren gehörte auch Kasimir Waldbott von Bassenheim, der das Kunstwerk rettete und in der äußeren Chorwand des Vorgängerbaus der jetzigen Pfarrkirche vermauern ließ. Heute befindet es sich im Innenraum über dem linken Seitenalltag.

Reinhard Kallenbach

Bezeichnung Naumburger Meister ein Notname

Wer war der Naumburger Meister? Diese Frage konnten Kunsthistoriker bislang noch nicht beantworten. Sein Name und seine Lebensdaten sind nicht überliefert. Besonders aus regionaler Sicht ist die Bezeichnung Naumburger Meister ein Notname. Denn der Ausnahmebildhauer war in Mainz tätig, bevor er in Richtung Naumburg weiterzog. Seine Ausbildung hatte er wahrscheinlich in Frankreich erhalten. Hier zeugen auch noch eine die beeindruckenden gotischen Kathedralen von einer Blüte des kulturellen Schaffens. Nicht umsonst gilt das Nachbarland als Wiege der Gotik, die vor allem im Sakralbau alles bisher Dagewesene übertraf. In Nordfrankreich hat der Naumburger Meister auch seine Ausbildung erhalten. Kunsthistoriker gehen davon aus, dass er in Noyon, Amiens und Reims und vielleicht auch in Metz Erfahrungen sammelte. Um 1230 kam er dann nach Mainz, wo er unter anderem die noch teilweise erhaltenen Westlettners schuf. Dann zog der Meister weiter nach Naumburg, wo er wohl nach 1245 seine weltbekannten Hauptwerke schuf: die zwölf Stifterfiguren im Westchor und die Szenen vor der Kreuzigung Christi. Man geht davon aus, dass seine Arbeit im Dom um 1257 abgeschlossen war. Weitere Spuren des Meisters führen in den Meißener Dom: Hier soll der unbekannte Künstler Stifter- und Patronatsfiguren geschaffen haben.

Reinhard Kallenbach

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