Naturhof Scherhag in Dieblich: Tatsächlich war das Wetter durchwachsen, sagt Holger Scherhag, Inhaber des gleichnamigen Naturhofs. Zum Start kühle Temperaturen, weswegen die Vegetationsperiode erst spät gestartet sei. „So spät wie selten“, sagt Scherhag. Hinzu kamen Feuchtigkeit, wenig Sonne, nachts einstellige Temperaturen: Alles in allem nicht förderlich für das Wachstum des Spargels. Deswegen: „Die Erntemenge war unterdurchschnittlich.“ Zwar waren die Preise dafür tendenziell höher, aber „die 20 Prozent höherer Preis machen nicht 40 bis 50 Prozent Erntereduktion weg“. Die hohen Temperaturen der vergangenen drei Wochen hätten den Spargel zwar „aus der Reserve gelockt“, aber man könne nicht erwarten in drei Wochen den Ertrag von vorangegangenen sechs Wochen rauswachsen zu können.
Hinzu komme, dass mit dem schönen Wetter meist die Grillsaison beginne, die immer gegensätzlich zum Spargelverzehr sei. Aber auch die generelle Nachfrage war nicht so hoch: Dadurch, dass Außen- und Innengastro erst spät öffnen durften, gingen viele Gastronomen nicht in die offensive Spargelbewerbung. Aber auch im Lebensmitteleinzelhandel wurde nur zögerlich gekauft. Alles in allem eine durchwachsene Saison, resümiert Scherhag. Damit sei der Spargel aber nicht alleine. Denn mehr oder weniger alles, was außen wachse, auch unter Folien oder in Gewächshäusern, sei eher unterdurchschnittlich: „Weil die Sonne gefehlt hat.“
Alle Kulturen seien deutlich später gestartet, dies werde sich wohl auch noch zu den Zwetschgen oder auch Kartoffeln durchziehen, die man auch erst später einpflanzen konnte, da der Boden zu kalt und nass war, spekuliert er. Man könne nicht jedes Jahr ein Rekordjahr einfahren. Und niedrige Menge und hoher Preis gleichen sich eben nicht aus. Wenig Spargel bei großer Nachfrage hemme den Betriebsablauf. Dennoch wolle er nicht von einem Minusgeschäft sprechen, aber eben auch nicht von einem Hochertragsjahr. Doch das könne für andere auch anders sein: Getreide zum Beispiel vertrage die Nässe besser, sagt Scherhag. Was dem einen schade, sei für den anderen eben besser.
Familienunternehmen Bauer Heinrich aus Naunheim: Lisa Kraft, Tochter des Betriebsleiters Heinrich Feils, kann bestätigen: Was für die eine Kultur schlecht ist, ist für eine andere gut. So war die Spargelernte und auch der Erdbeerertrag in dieser Saison eher mäßig, dafür stehen Weizen, Raps und Zuckerrüben besser da. Auch die Kartoffeln sehen vielversprechend aus, obwohl sie aufgrund der Bodenbeschaffenheit erst später eingepflanzt werden konnten. Mit dem Spargelstechen haben sie bereits Anfang der Woche aufgehört, sagt Kraft. Qualitativ und geschmacklich seien die Pflanzen aber nicht beeinträchtigt. Nur in der Menge.
Schuld daran sind zum einen die Kälte Anfang dieses Jahres und die Trockenheit im vergangenen Jahr. Nach dem 24. Juni 2020 habe man die Pflanzen austreiben lassen, doch da setzte eine Trockenperiode ein, die den Pflanzen schon einen Schlag versetzte. Der mangelnde Ertrag – und die teils dünneren Stangen – lassen sich aber auf die Kälte 2021 zurückführen, sagt Kraft. Auch wenn die Menge kleiner ausgefallen ist, die Arbeit bleibt dieselbe: „Die Arbeiter gehen trotzdem aufs Feld, heben jede Folie hoch und stechen den Spargel.“
Mit der geringen Menge habe man die Stammkundschaft versorgen können, darunter Privatleute, Gastronomen und vereinzelte Lebensmittelhändler, aber es habe auch einen Supermarkt gegeben, dem man nicht mehr beliefern konnte.
Familie Adams aus Polch: Man arbeite mit der Natur und müsse sich Jahr für Jahr neu einstellen, sagt auch Gregor Adams, Inhaber des Familienbetriebs aus Polch. Der traditionelle Johannistag komme auch aus einer Zeit, in der man mittels Folien und speziellen Züchtungen noch weniger Einfluss gehabt habe. Ausschlaggebend war hier, dass mit der kurz zuvor stattfindenden Sommersonnenwende die Tage nun wieder kürzer würden.
Die Pflanze brauche für bestimmte Stoffwechselvorgänge jedoch eine gewisse Anzahl von Tageslichtstunden, um genug Nährstoffe über das Laub in den Wurzeln einzuspeichern. Wichtig wird das für den Winter und das folgende Jahr. Ab einem gewissen Zeitpunkt müsse man Triebe im Boden belassen, damit die Pflanze austreiben kann und im nächsten Jahr eine Ernte möglich ist, erläutert Adams.
In der gerade abschließenden Saison habe es immer wieder Umgewöhnungsphasen für die Pflanzen gegeben. Wenn es „von heute auf morgen warm“ wurde, habe die Pflanze reagiert und einen Wachstumsschub gestartet. Das Resultat seien mehr krumme Stangen gewesen. Nach wenigen Tagen war die Gewöhnungsphase beendet und die Triebe wuchsen wieder gerade.
Unterm Strich sieht es auch Adams so, dass die Erntemenge unterdurchschnittlich war, komplett habe er die Saison allerdings noch nicht analysiert. Anfang der Woche liefen in Familienbetrieb bereits erste Aufräumarbeiten, die Folien wurden aufgewickelt und Ähnliches. Man beginne jetzt das Ende der Saison, sagt Adams: „Die Lust auf Spargel ist auch nicht mehr so da wie noch vor vier Wochen“, sagt er.