Rechtspopulisten im Kreis MYK
Soll die AfD in den Integrationsbeirat?
Wie mit extremen Parteien umzugehen ist, wird auch im Kreis MYK intensiv diskutiert. Das Foto zeigt Delegierte mit Stimmzetteln bei einem Landesparteitag der rheinland-pfälzischen AfD.
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Die AfD ist seit der Wahl im Juni in vielen Kommunalparlamenten stärker denn je. Wie soll man mit den Rechtspopulisten umgehen? Ignorieren, ausgrenzen, einbinden? Die Grünen im Kreis MYK haben dazu eine interessante Debatte angestoßen.

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Soll man verhindern, dass die AfD einen Sitz im Beirat für Migration und Integration im Kreis Mayen-Koblenz bekommt? Geht es nach den Grünen, ist die Antwort eindeutig: Ja. Natascha Lentes, Pressesprecherin der Partei im Kreis MYK, begründet es so: „Eine Partei mit solch fremdenfeindlicher, faschistischer und nationalsozialistischer Ausrichtung darf keinen Platz in einem Gremium erhalten, das sich für die Interessen von Migrantinnen und Migranten einsetzt. Die AfD positioniert sich klar gegen Migration und fällt auch im Kreis MYK durch die Verbreitung verfälschter Statistiken über Ausländerkriminalität und die Forderung nach ,Remigration’ auf.“

Die AfD hat den Begriff Remigration massiv im Kommunalwahlkampf verwendet. Seit den „Correctiv“-Recherchen über ein geheimes Netzwerktreffen der Neuen Rechten in Potsdam ist klar, was damit gemeint ist: Es geht um die massenweise Abschiebung von Migranten, die sich nach Ansicht der AfD in der Bundesrepublik nicht „assimiliert“ haben, selbst wenn sie einen deutschen Pass haben.

Was sagen CDU und SPD dazu?

Im Kommunalwahlkampf 2024 sprach die AfD auch im Kreis Mayen-Koblenz von „asylfordernden Messermännern“, plakatierte Slogans wie „Remigration ist unumgänglich“, „Wir brauchen Abschiebung, keine Konferenzen“ und „Hürden zum Entzug der Staatsbürgerschaft senken“.

Im Kreis MYK ist jetzt der Beirat für Migration und Integration neu gewählt worden. Ihm gehören an: Mohamad Al Emam, Ayse Kilicaslan, Raduan Fatine, Helena Böhler und Taylan Doksöz (alle SPD), Ernst Einig, Nawaf Ali, Michael Krämer und Nalan Colak (alle CDU) sowie Marie-Odile Ronez (Bündnis 90/Die Grünen). Zusätzlich zu den zehn gewählten Beiratsmitgliedern kann der Kreistag bis zu fünf weitere Mitglieder entsenden.

Nach den aktuellen Mehrheitsverhältnissen stehen der CDU zwei Sitze zu, SPD, FWG MYK und AfD sollen jeweils einen Sitz erhalten. Damit der AfD-Sitz verhindert wird, haben die Grünen Anfang dieser Woche im Kreisausschuss vorgeschlagen, die Sitze im Beirat so zu reduzieren, dass der rechnerische Anspruch der AfD auf einen Sitz aufgehoben wird. Doch der Vorschlag wurde mehrheitlich abgelehnt. Final abstimmen muss nun der Kreistag am Montag, 18. November.

Natascha Lentes (Grüne) ist überzeugt: "Solange die AfD so offen Feindseligkeit gegenüber Migranten verbreitet, dürfen wir ihr keinen Platz in einem Gremium geben, das für Integration und Zusammenarbeit steht."
Edith Billigmann

Georg Moesta, Fraktionssprecher der CDU im Kreistag MYK, bezeichnet den Vorschlag der Grünen auf Anfrage unserer Zeitung als diskussionswürdig und betont, die Arbeit des Integrationsbeirates dürfe nicht „durch extreme Positionen beeinträchtigt werden“. Moesta sagt weiter: „Wir haben die AfD als sehr einseitig gepolt kennenlernen müssen. Das schlimme Wort der ,Remigration` spricht Bände und zeigt, dass man an Integration nicht interessiert ist.“ Dennoch kommt die CDU zu einer anderen Schlussfolgerung als die Grünen, was die Zusammensetzung des Beirates angeht. Moesta sagt: „Man wird von 14 Mitgliedern, die auf Vorschlag demokratischer Parteien gewählt beziehungsweise entsandt sind, erwarten können, Störmanövern oder extremen Auffassungen eines AfD-Mitglieds in der Weise zu begegnen, dass sich an der Ausrichtung und Aufgabenerfüllung des Migrationsbeirats nichts ändert.“ Deshalb lehnt die CDU eine Reduzierung der Mitgliederzahl von 15 auf 12 ab.

Georg Moesta (CDU) sagt: "Das schlimme Wort der ,Remigration` spricht Bände."
Gunther Schmidt (Fotostudio Mome

Auch die SPD lehnt den Vorstoß der Grünen ab, begründet ihre Haltung in der Sache allerdings anders. Sozialdemokrat Maximilian Mumm erklärt es so: „Es ist undemokratisch, einen Ausschuss so klein zu machen, dass bestimmte Leute nicht mehr reinkommen.“ In seinem früheren Beruf als Polizist habe er gelernt, dass es keine Vorverurteilungen geben dürfe. Aber genau das passiere, wenn man einem demokratisch gewählten AfD-Mitglied einen Ausschusssitz verweigere. „Ich kann die AfD nur stellen, wenn ich mit ihr auseinandersetze“, sagt Mumm. „Falls der AfDler im Integrationsbeirat ausländerfeindlich agiert, fliegt er raus. Das kann der Kreistag entscheiden. Wir haben also durchaus Maßnahmen, die wir dann ergreifen können.“ Mumm sagt: „Demokratie ist anstrengend, ja, aber man muss sie vernünftig leben. Das heißt auch, dass man in die Debatte gehen muss.“

Maximilian Mumm (SPD): „Demokratie ist anstrengend.“
Kevin Rühle

Die Grünen halten dagegen und sagen: „Wir sind entsetzt darüber, dass die Mehrheit im Kreisausschuss nicht bereit ist, klare Kante gegen eine Partei zu zeigen, die Fremdenfeindlichkeit und Hetze schürt.“ Sie appellieren: „Wir fordern die Mehrheit im Kreistag auf, ihre Position zu überdenken und sich im Sinne eines weltoffenen und solidarischen Beirates für Migration und Integration zu entscheiden, wenn es am 18. November im Kreistag zur finalen Abstimmung kommt.“ Natascha Lentes ist sicher: „Auch wenn eine solche Entscheidung unbequem ist und Gegenwind verursachen wird: Das ist für uns eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf.“

Es gehe nicht darum, die demokratisch gewählte AfD aus allen Gremien auszuschließen, betont die Grünen-Politikerin weiter, sondern es gehe ausschließlich um den Beirat für Migration und Integration. „Er soll ein sicherer Raum für Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrungen sein, wo sie sich vernetzen und Perspektiven für qualifizierte Migration entwickeln können. Ein Vertreter der AfD könnte genau das Gegenteil von Sicherheit und Offenheit verkörpern.“

Ralf Schmorleiz von der FWG Mayen-Koblenz sagt: „Ob uns die Sitzverteilung im Ergebnis politisch gefällt oder nicht, ist völlig unerheblich.“
Ralf Schmorleiz

Bis jetzt gibt es keine Signale, dass der Appell der Grünen im Kreistag Gehör finden wird. Auch die FWG Mayen-Koblenz winkt ab. Fraktionschef Ralf Schmorleiz sagt gegenüber unserer Zeitung: „Ob uns die Sitzverteilung im Ergebnis politisch gefällt oder nicht, ist völlig unerheblich.“ Zudem sei die weit überwiegende Mehrheit des Beirates in der Lage, sachgerecht mit den Themen Integration und Migration umzugehen.

Die AfD hat sich auf Anfrage unserer Zeitung nicht geäußert.

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