Der Ursprung für die Uneinigkeit liegt schon einige Jahre zurück. Anfang der 2000er-Jahre bestand für die Ortsgemeinde Gappenach die Möglichkeit, ein neues Baugebiet „In der obersten Kunn“ im nordwestlichen Bereich der Gemeinde auszuweisen, erläutert Arnold Probstfeld, der ehemalige Bürgermeister Gappenachs auf Nachfrage unserer Zeitung. Jedoch sei schon damals von der Verbandsgemeindeverwaltung signalisiert worden, dass gewichtige Gründe dagegen sprechen. Zwar hätte für dieses Gebiet damals ein Bebauungsplan aufgestellt und dieses zu einem späteren Zeitpunkt verlegt werden können, doch wurde letztlich darauf verzichtet, erläutert Probstfeld.
In den Jahren 2013 und 2014 wurden im Bereich „In der obersten Kunn“ zwei Grundstücke von Privat an Privat verkauft. Die Ratsmitglieder Manfred Klee, Dieter Puth und Susanna Trapp sind jedoch der Auffassung, dass für die Ortsgemeinde ein Vorkaufsrecht bestanden habe. Ob die Gemeinde davon Gebrauch machen möchte, hätte der Gemeinderat entscheiden müssen. Doch zu einer Ratsentscheidung dazu kam es seinerzeit nicht, weil Ortsbürgermeister Probstfeld das Gremium über die Grundstücksverkäufe nicht in Kenntnis gesetzt hatte. Dies teilten sie in einer Erklärung der Kreisverwaltung mit, nachdem der Rat im Februar dieses Jahres mit drei Neinstimmen bei einer Enthaltung gegen die Feststellung des Jahresabschlusses 2014 sowie die Entlastung der Bürgermeister und Beigeordneten gestimmt hatte.
In ihrer Antwort darauf argumentiert die Kreisverwaltung, dass es keine rechtlichen Gründe für ein Vorkaufsrecht für die Gemeinde gebe und somit kein Verstoß gegen die Gemeindeordnung ersichtlich sei. Somit bestehe auch kein Grund, die Jahresrechnung 2014 nicht festzustellen und keine Entlastung zu erteilen.
Dennoch erteilten die Gappenacher Ratsmitglieder in der Mai-Sitzung dieses Jahres bei zwei Ja- und vier Neinstimmen erneut keine Entlastung. In ihrer Stellungnahme halten sie weiterhin an der Argumentation ihres ersten Schreibens fest und ergänzen, dass auch ohne Bebauungsplan ein Vorkaufsrecht bestanden habe. Durch die rechtswidrigen Verkäufe der Grundstücke und dadurch, dass die Gemeinde das Vorkaufsrecht nicht nutzen konnte, sei ihr ein Schaden entstanden. Somit sei der Jahresabschluss 2014 infrage zu stellen, schreiben Puth, Klee und Trapp in ihrer Begründung.
Auch dieser Argumentation widerspricht die Kreisverwaltung in ihrer zweiten Stellungnahme. „Die rechtliche Überprüfung der vorgetragenen Aspekte durch die Kommunalaufsicht ergab keine rechtliche oder tatsächliche Beanstandung, sodass der Beschluss, keine Entlastung zu erteilen, rechtswidrig war“, schreibt die Kreisverwaltung. „Gründe für die Verweigerung der Entlastung können nur Tatsachen sein, die die Haushalts-, Kassen- und Rechnungsführung betreffen. Solche Gründe liegen aus Sicht der Kommunalaufsicht nicht vor.“
Doch welche Konsequenzen ergeben sich aus diesem Sachverhalt? In der heutigen Sitzung haben die Ratsmitglieder ein drittes Mal die Gelegenheit, den Bürgermeistern die Entlastung zu erteilen. Erteilen die Ratsmitglieder wieder keine Entlastung, „wird die Kreisverwaltung bei unveränderter Sach- und Rechtslage den Beschluss nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung beanstanden“, so die Kreisverwaltung in ihrem Schreiben. Zudem würde eine Aufhebung der bisherigen Beschlüsse möglich werden, wogegen der Gemeinderat wiederum als Organ Klage erheben kann, antwortet die Kreisverwaltung auf Nachfrage unserer Zeitung. Auch die zu entlastenden Personen haben bereits jetzt ein Klagerecht gegen den Gemeinderat als Organ.
Ortsbürgermeister Udo Heinemann möchte sich zu den Hintergründen nicht äußern. Er ist jedoch der Überzeugung, dass in Bezug auf die Jahresrechnung keine Fehler vorliegen. Die Ratsmitglieder Klee, Puth und Trapp wollten, die auch die Erklärungen für die Nichtentlastung formuliert haben, wollen sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zum Sachverhalt äußern.