Manufaktur Kingbear in Kollig
Sanfte Seifen für kernige Kerle
Christian Schweden hat Kingbear gegründet und stellt die Naturseifen in Kollig her - mit einem pfiffigen Design.
Birgit Pielen

Seife ist das meist benutzte Mittel zur Körperpflege, enthält aber oft synthetische Duftstoffe und überflüssige Chemie. In der Maifeldgemeinde Kollig stellt Christian Schweden Naturseifen her. Was macht den Unterschied aus?

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Mann pflegt sich gut und gerne – jetzt auch mit Produkten aus der Maifeldgemeinde Kollig. Hier ist seit einigen Monaten das Unternehmen Kingbear beheimatet. Und hier stellt Christian Schweden in Handarbeit feine Seifen für Haut und Haar her. Seine Produkte aus natürlichen Rohstoffen sind mittlerweile in ganz Europa gefragt.

Im Sortiment ist für jeden das Passende dabei, doch die wichtigste Zielgruppe des 46-Jährigen sind Männer: junge Männer, alte Männer, dicke Männer, dünne Männer, mit oder ohne Bart. Ihnen gemeinsam ist, dass sie Wert auf ihr Aussehen legen. Kernige Kerle mit Waschbrettbauch nutzt er lediglich für seine Marketingstrategie. Da müsse man provozieren, sagt Christian Schweden. Und deshalb wirbt er mit Kraftpaketen, die selbstbewusst anpacken – den Schlagbohrer genauso wie die Seife. Sanft und soft ist hier nur das Produkt, nicht der potenzielle Kunde.

Die Rasierseife wird händisch abgefüllt.
Birgit Pielen

Christian Schweden sitzt im Garten seines Hauses am Ortsrand von Kollig, als er im RZ-Gespräch von der Idee zu Kingbear erzählt. „Seit ich denken kann, versuche ich Zusammenhänge und Dinge zu verstehen, selber zu machen und zu verbessern“, sagt er. Das war auch schon in seiner Kindheit so. Die Familie hat in Nordrhein-Westfalen zwei Umsiedlungen erlebt, weil ihr Heimatort gleich zweimal für den Tagebau abgebaggert wurde. „Das war für mich als Kind aber kein Drama“, sagt Schweden. „Ich fand es spannend.“ Neuanfänge haben ihn seitdem nie geängstigt.

Sein Opa Richard war ein Naturbursche, der mit den Enkeln durch den Wald gezogen ist und erklärt hat, was man wofür brauchen kann. Auch das hat Christian Schweden geprägt. Seiner Mutter hat er zugeschaut, wie sie ihre Cremes selbst machte. Und dann bekam er sein erstes Mikroskop nebst Chemiekasten. „Damit fing alles an, auch wenn meine Mutter bei meinen Experimenten Zustände bekommen hat. Aber ich hatte meinen Spaß daran.“

Beruflich geht aber zunächst andere Wege. Er macht eine Ausbildung zum Optiker, dazu seinen Meister, und übernimmt recht schnell eine Kölner Filiale. Es stellt sich als blauäugiger Start in die Selbstständigkeit heraus. „Ich habe die Kosten und Risiken völlig unterschätzt und bin relativ schnell in die Pleite gerutscht. Da habe ich mir gesagt: Das passiert mir nicht noch einmal.“ Er macht seinen Betriebswirt, „damit das Ganze wenigstens etwas Gutes hat“.

„Was muss ich tun, um zufrieden zu sein?“
Diese Frage hat Christian Schweden lange umgetrieben.

Mit dem neuen Durchblick landet er später als Personalentwickler bei einem großen Optikunternehmen. Die Karriere ist zwar gut fürs Ego, aber bei 60 Wochenstunden leidet die Lebensqualität. „Ich habe immer überlegt: Was muss ich tun, um zufrieden zu sein?“ Ihm wird schnell klar, dass es nicht der Blick auf den Kontostand ist. Das kann zwar beruhigend sein, aber nicht sinnstiftend. „Ich hatte noch nicht einmal Zeit, um das Geld auszugeben“, sagt er. Und dann kommt die Corona-Pandemie, die für viele Menschen einschneidend wird – auch für Christian Schweden.

Christian Schweden sagt: „Ich will so ökologisch und nachhaltig wie möglich produzieren.“
Birgit Pielen

„Corona war für mich ein Albtraum, weil ich für ein Team aus 16 Leuten verantwortlich war.“ Und dann kamen recht schnell die Lockdowns hinzu. „Ich habe Frust geschoben, weil ich nicht mehr vor die Tür kam.“ Und nicht nur das: Beim Blick in den Spiegel stellte Christian Schweden fest: „Ich sehe aus wie ein Hund.“ Haare zu lang, Bart zu lang, Friseure geschlossen, Bartseife ausverkauft. „Also habe ich mich ins Internet verkrochen und recherchiert: Was braucht man, um selbst Seife herzustellen?“ Am Ende des Tages steht er vor einem Küchenchaos, zehn Kilo Rasierseife und der Frage: Was macht er damit? Über Facebook findet er im Freundeskreis schnell genügend Tester. Und das Beste: Alle sind begeistert.

In seiner Manufaktur stellt Christian Schweden die Naturseifen in Handarbeit her. Hier hat er eine Seifenschneidemaschine in der Hand.
Birgit Pielen

„Es ist gar nicht so kompliziert, Seife herzustellen“, sagt Christian Schweden. „Man macht etwas mit einfachen Zutaten, die man vor der Haustür bekommt. Ich habe dann angefangen, zu experimentieren.“ Inzwischen stellt er in seiner Manufaktur Seifen mit klingenden Namen wie Black Rabbit, Body Shine, Pink Santa oder Kinky Duck her. Die Allrounder ersetzen Duschgel, Shampoo und Handseife. Für den Bart gibt es Rasierseife, Bartbalsam und Bartöl. Als Grundstoffe dienen unter anderem Kokosöl, das durch seine Laurinsäure antibakteriell und antimikrobiell ist. Dazu kommen unter anderem Schwarzkümmelöl und Rapsöl von der Maifelder Ölmühle Bertgen, pflanzliches Lanolin, Ethanol aus einer nahegelegenen Brauerei, Bienenwachs und verschiedene ätherische Öle. „Ich will so ökologisch und nachhaltig wie möglich produzieren“, sagt Christian Schweden. Synthetische Duftstoffe oder andere künstlich hergestellte Zusätze sind tabu.

Naturseife muss nicht langweilig aussehen, wie diese Beispiele von Christian Schweden zeigen.
Birgit Pielen

Das wissen die Kunden zu schätzen. Der 46-Jährige ist auf vielen Märkten in der Region unterwegs und hat inzwischen einen Onlineshop aufgebaut. Unterstützt wird er bei allem von seinem Mann Christian Krautkrämer (44), der hauptberuflich als Logistiker bei einem Fahrradunternehmen arbeitet. „Mein Mann macht mit viel Ausdauer und Engelsgeduld so ziemlich jeden Mist mit, packt immer mit an und hält mir in besonders stressigen Phasen den Rücken frei“, sagt Christian Schweden. „Manchmal kann ein im richtigen Moment gereichtes Glas Wein einfach so wichtig sein!“

Christian Schweden (rechts) und sein Mann Christian Krautkrämer sind vor einigen Monaten von Ochtendung nach Kollig gezogen.
Birgit Pielen

Vielleicht ist es neben dem Glas Wein auch die Tatsache, dass da jemand bedingungslos an ihn glaubt – und einspringt, wenn aufgrund seiner ME/CFS-Erkrankung durch das Corona-Virus die Kraft nicht reicht oder alles nur in Zeitlupe vonstatten geht. „Einen Fehler zu machen, ist kein Weltuntergang“, sagt Christian Schweden. „Denn immerhin hat man eine Entscheidung getroffen, und man kann daraus lernen.“ Es gehe nicht darum, dass man etwas nicht könne, sagt er. „Es geht darum, was ich noch nicht kann.“ Die Betonung liegt auf dem „noch“. Dann erscheinen Neuanfänge und Niederlagen plötzlich in einem anderen Licht.

Am Sonntag, 22. Juni, ist Tag der offenen Manufaktur bei Kingbear in Kollig, Im Kehr 16. Von 12 bis 18 Uhr erfahren Gäste alles über Naturseifen und können bei der Herstellung zuschauen. Mit dabei sind auch Partner aus Region: die Ölmühle Bertgen aus Mertloch, Waldgold aus Münstermaifeld-Sevenich, die Hoffmanns Essigmanufaktur aus Winningen und das Koblenzer Keramikstudio Klimbim.

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